Layered Process Audits: Mehr als nur Kontrolle – Ein Denkanstoß zur nachhaltigen Verbesserung
In vielen Unternehmen werden Audits als notwendiges Übel angesehen. Gerade in der Welt des Lean Managements wird häufig das 5S-Audit herangezogen, um Prozesse zu überprüfen und Ordnung zu schaffen. Doch so wertvoll das 5S-Prinzip auch ist, die Art und Weise, wie Audits durchgeführt werden, entscheidet maßgeblich darüber, ob sie nachhaltige Wirkung entfalten oder eher als stumpfe Kontrolle wahrgenommen werden. Insbesondere Layered Process Audits (LPA) haben in diesem Zusammenhang ein Potenzial, das weit über die rein oberflächliche Betrachtung hinausgeht – nicht nur in Bezug auf Prozesse, sondern auch in ihrer Wirkung auf Mitarbeiter und Führungskräfte.
5S-Audits – nützlich, aber begrenzt
Das 5S-Audit konzentriert sich auf die Umsetzung der fünf S-Prinzipien: Sortieren, Systematisieren, Sauberkeit, Standardisieren und Selbstdisziplin. Es ist zweifellos ein bewährtes Werkzeug, um Arbeitsumgebungen zu optimieren und Effizienzpotenziale zu heben. Allerdings wird dieses Audit in vielen Unternehmen oft nur in regelmäßigen Abständen durchgeführt – quartalsweise oder sogar nur jährlich. Dabei kann es leicht zu einer Art „Momentaufnahme“ verkommen. An dem Tag des Audits wird alles auf Hochglanz poliert, Schreibtische aufgeräumt, und in den Werkstätten wird jede Schraube an ihren Platz gerückt. Das Audit wird bestanden, die Auditoren sind zufrieden, und danach kehrt oft der Alltag wieder ein.
Dieses Vorgehen kann demotivierende Auswirkungen auf die Mitarbeiter haben. Sie spüren, dass die Anstrengungen im Rahmen des Audits nur temporär sind und häufig wenig mit ihrer eigentlichen Arbeitsrealität zu tun haben. 5S wird zu einem reinen Kontrollinstrument degradiert, statt einen dauerhaften kulturellen Wandel zu unterstützen. Führungskräfte wiederum sehen in diesen Audits häufig eine formelle Pflicht, ohne echten Mehrwert für die langfristige Prozessverbesserung zu erkennen. Diese isolierte Betrachtung kann dazu führen, dass das Audit nur als Haken auf einer Checkliste wahrgenommen wird, der regelmäßig abgearbeitet werden muss.
Layered Process Audits – ein systematischer Ansatz für nachhaltige Verbesserung
Im Gegensatz zu den eher starren 5S-Audits bieten Layered Process Audits (LPA) einen dynamischeren und vor allem nachhaltigeren Ansatz. Der Begriff „layered“ deutet bereits darauf hin, dass es sich hierbei um ein gestuftes Verfahren handelt, das verschiedene Ebenen der Organisation einbezieht. Dabei geht es nicht nur um die Überprüfung von Oberflächenphänomenen wie Ordnung und Sauberkeit, sondern um eine systematische und wiederholte Analyse von Prozessen auf verschiedenen Führungsebenen.
Gleichzeitig werden Abweichungen von einem definierten Standard sofort adressiert, entweder in dem die Abweichung sofort behoben wird – bspw. wird die Sache, die nicht an ihrem Platz ist, sofort dorthin gebracht – oder eine Maßnahme mit Verantwortlichkeit bei der Führungskraft wird definiert – die Sache hat gar keinen Platz und er kann auch nicht sofort definiert werden, d.h. der Standard existiert noch gar nicht.
Regelmäßigkeit schafft Nachhaltigkeit
Ein entscheidender Unterschied zu den 5S-Audits liegt in der Häufigkeit und Systematik der Durchführung. LPA werden regelmäßig und häufig – teilweise wöchentlich oder auf unterster Ebene sogar täglich – durchgeführt. Dabei wechseln sich Führungskräfte unterschiedlicher Hierarchieebenen ab, um Prozesse zu überprüfen und gleichzeitig ein besseres Verständnis der operativen Realität zu gewinnen. Diese konstante Präsenz sorgt dafür, dass Audits nicht als ein einmaliges Ereignis, sondern als kontinuierlicher Prozess wahrgenommen werden. Für die Mitarbeiter bedeutet dies, dass Verbesserungsmaßnahmen nicht nur kurzzeitig greifen, sondern langfristig implementiert und überprüft werden.
Durch diese Regelmäßigkeit und die stufenweise Einbeziehung verschiedener Führungsebenen wird das Audit zu einem Werkzeug der stetigen Verbesserung. Es entsteht eine Lernkultur, in der alle Beteiligten aktiv zur Prozessoptimierung beitragen können. Anders als bei den 5S-Audits, die oft nur von speziellen Auditoren durchgeführt werden, sind LPA ein integraler Bestandteil des Führungsalltags.
Einbindung der Führungskräfte: Vom Kontrollieren zum Fördern
Ein weiterer entscheidender Aspekt von LPA ist die aktive Einbindung der Führungskräfte in den Auditprozess. Im Rahmen eines Layered Process Audits führen nicht nur Supervisoren Audits durch, sondern auch höher gestellte Führungskräfte wie Abteilungsleiter oder sogar das obere Management. Diese regelmäßige Teilnahme schafft nicht nur ein tieferes Verständnis der tatsächlichen Prozessabläufe, sondern signalisiert den Mitarbeitern auch, dass Prozessverbesserungen ein zentrales Anliegen der gesamten Organisation sind.
Für Führungskräfte bietet dies die Gelegenheit, ihre Rolle als Unterstützer und Förderer von Verbesserungen wahrzunehmen. Sie sind nicht nur die Kontrolleure, die von außen auf die Prozesse schauen, sondern aktive Mitgestalter. Diese Veränderung im Selbstverständnis fördert eine engere Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern und trägt zu einem höheren gegenseitigen Vertrauen bei. Mitarbeiter sehen, dass ihre Anstrengungen gewürdigt werden und dass Probleme direkt an die richtigen Stellen weitergeleitet werden können – und das regelmäßig, nicht nur einmal im Jahr.
Positive Wirkung auf die Mitarbeiter: Engagement statt Kontrolle
Auch für die Mitarbeiter hat das Layered Process Audit erhebliche Vorteile. Durch die regelmäßigen Audits und die aktive Einbindung der Führungskräfte wird eine Kultur des kontinuierlichen Lernens und der Verbesserung gefördert. Mitarbeiter wissen, dass ihre Arbeit regelmäßig bewertet wird – aber nicht im Sinne einer bloßen Kontrolle, sondern mit dem Ziel, gemeinsam bessere Lösungen zu finden.
Dieser kontinuierliche Austausch über den Stand der Prozesse trägt dazu bei, dass sich Mitarbeiter stärker mit den Verbesserungsmaßnahmen identifizieren. Sie erleben, dass ihre Ideen und Vorschläge Gehör finden und im Rahmen des Audits systematisch weiterverfolgt werden. Dies führt zu einem höheren Engagement und einer stärkeren Eigenverantwortung. Anstatt auf den nächsten Audit-Termin hinzuarbeiten, der vielleicht erst in Monaten stattfindet, fühlen sich die Mitarbeiter täglich für die Einhaltung und Verbesserung der Prozesse verantwortlich.
Fazit: Layered Process Audits als Treiber einer echten Lean-Kultur
Während 5S-Audits in ihrer Einmaligkeit oft das Gefahr bergen, Prozesse nur oberflächlich zu überprüfen, fördern Layered Process Audits eine tiefgehende, kontinuierliche Verbesserung. Sie beziehen alle Hierarchieebenen ein und schaffen eine Lernkultur, die Mitarbeiter und Führungskräfte gleichermaßen in die Verantwortung nimmt. Durch die regelmäßige Durchführung und die aktive Einbindung der Führungskräfte wird die Kluft zwischen operativer Realität und strategischem Management überbrückt.
Letztlich geht es bei LPA um weit mehr als nur um die Kontrolle von Standards – sie sind ein wesentlicher Treiber einer echten Lean-Kultur, die sich durch Nachhaltigkeit, Eigenverantwortung und kontinuierliche Verbesserung auszeichnet.
Weiterführende Informationen
Die Layered Process Audits als eigenständiges "Produkt" sind hier verfügbar.
Mehr über das Zusammenspiel zwischen LPA, 5S und anderen Lean-Elementen findet sich in diesen Angeboten auf der LeanBase.
- LeanTransferLearning: 5S in der Praxis
- LeanTransferLearning: Rüstzeitoptimierung (SMED)
- LeanOnlineAcademy: Zehn Fragen zu Layered Process Audits
Die Integration ins Training Within Industry ist mit dem Job Evaluation Training möglich und in diesen vier Artikel beschrieben.
- Job Evaluation Training – Teil 1
- Job Evaluation Training – Teil 2
- Job Evaluation Training – Teil 3
- Job Evaluation Training – Teil 4
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