Warum die mittlere Führungsebene oft als Blockierer bei Veränderungsvorhaben wahrgenommen wird
In den meisten Unternehmen spielt die mittlere Führungsebene eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung von Veränderungen und Verbesserungen. Dennoch wird sie häufig als Hindernis und nicht als Unterstützer solcher Vorhaben wahrgenommen. Warum ist das so?
Gestern führte ich ein interessantes Gespräch mit Alexander Ruderisch und Götz Müller. Wir diskutierten darüber, warum Veränderungs- und Verbesserungsvorhaben in Unternehmen oft nicht ins Rollen kommen und meist nicht nachhaltig sind. Schnell waren wir uns einig, dass eine Hauptursache hierfür die mittlere Führungsebene ist. Dabei geht es nicht darum, die Schuld bei dieser Gruppe zu suchen, sondern vielmehr darum, ihre besondere Stellung im Unternehmen näher zu beleuchten. Die mittlere Führungskraft soll führen und wird geführt, soll loyal sein, Strategien und Entscheidungen mittragen und Ziele gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden erreichen. In der Konsequenz erleben sie Druck von oben und von unten.
Mit diesem Artikel möchte ich eine Debatte initiieren und mich mit Euch darüber austauschen, wie Eure Position dazu ist. Zur Einstimmung führe ich einige Punkte auf, und weiter unten habe ich zehn Thesen und Antithesen formuliert, über die wir debattieren könnten. Ich würde mich freuen, wenn sich viele daran beteiligen.
Zur Einstimmung:
- Kommunikationslücke: Mittlere Führungskräfte agieren oft als Schnittstelle zwischen der oberen Führungsebene und den operativen Mitarbeitenden. Unklare oder unzureichende Kommunikation führt zu Missverständnissen und Widerstand.
- Ressourcendruck: Diese Führungskräfte sind stark in den operativen Betrieb eingebunden und haben oft nicht die notwendigen Ressourcen, um Veränderungsprojekte zusätzlich zu ihren regulären Aufgaben voranzutreiben.
- Unsicherheit und Angst vor Veränderung: Veränderungen können Unsicherheit und Angst hervorrufen, besonders wenn die mittlere Führungsebene befürchtet, dass ihre Position oder Rolle bedroht wird.
- Verlust von Kontrolle: Veränderungen bedeuten oft, dass bestehende Strukturen und Prozesse infrage gestellt werden. Mittlere Führungskräfte könnten befürchten, ihre Kontrolle und Autorität zu verlieren.
- Fehlende Einbindung und Mitbestimmung: Wenn sie nicht von Anfang an in den Veränderungsprozess eingebunden werden, fühlen sie sich übergangen und weniger motiviert, die Veränderungen zu unterstützen.
- Incentivierungs- und Bewertungsprobleme: Anreizsysteme und Leistungsbewertungen sind oft auf kurzfristige Ziele ausgerichtet und belohnen nicht unbedingt den Erfolg von Veränderungsprojekten.
- Komplexität der Umsetzung: Mittlere Führungskräfte sind direkt für die Umsetzung von Veränderungen verantwortlich und kennen die praktischen Herausforderungen aus erster Hand, was zu Skepsis und Widerstand führen kann.
Thesen und Antithesen
- These 1: Die mittlere Führungsebene blockiert Veränderungen aus Angst vor Kontrollverlust.
Antithese 1: Die mittlere Führungsebene blockiert keine Veränderungen, sondern fordert lediglich klare Anweisungen und Unterstützung für eine erfolgreiche Umsetzung. - These 2: Die Kommunikation zwischen der oberen Führungsebene und der mittleren Führungsebene ist oft unzureichend, was zu Widerstand führt.
Antithese 2: Die Kommunikation ist nicht das Hauptproblem; vielmehr fehlt es an der Einbindung der mittleren Führungsebene in den Entscheidungsprozess. - These 3: Die mittlere Führungsebene sieht Veränderungsprojekte oft als zusätzliche Belastung und priorisiert daher den laufenden Betrieb.
Antithese 3: Die mittlere Führungsebene erkennt den Nutzen von Veränderungen, benötigt aber mehr Ressourcen und Unterstützung, um diese effektiv umzusetzen. - These 4: Mittlere Führungskräfte haben Angst, dass Veränderungen ihre Position gefährden könnten.
Antithese 4: Mittlere Führungskräfte sind bereit für Veränderungen, solange ihre Rolle und ihr Beitrag wertgeschätzt und klar definiert werden. - These 5: Fehlende Anreize und Belohnungen für Veränderungserfolge führen zu einem geringen Engagement der mittleren Führungsebene.
Antithese 5: Anreize und Belohnungen allein sind nicht ausreichend; entscheidend sind auch kulturelle Faktoren und die Vorbildfunktion der oberen Führungsebene. - These 6: Die mittlere Führungsebene ist oft zu stark in operative Aufgaben eingebunden, um sich aktiv mit Veränderungsprojekten zu beschäftigen.
Antithese 6: Die operative Einbindung der mittleren Führungskräfte macht sie zu wertvollen Akteuren in Veränderungsprojekten, da sie praktische Herausforderungen und Lösungen aus erster Hand kennen. - These 7: Veränderungsprojekte scheitern oft an der mangelnden Kompetenz der mittleren Führungsebene im Change Management.
Antithese 7: Mittlere Führungskräfte verfügen über die notwendigen Kompetenzen, aber es mangelt an klaren, kontinuierlichen Schulungs- und Weiterbildungsprogrammen. - These 8: Die obere Führungsebene versteht die Herausforderungen der mittleren Führungsebene nicht ausreichend und plant daher Veränderungen realitätsfern.
Antithese 8: Die obere Führungsebene plant Veränderungen gut, aber die mittlere Führungsebene kommuniziert ihre Herausforderungen und Bedürfnisse nicht ausreichend. - These 9: Widerstand der mittleren Führungsebene ist hauptsächlich auf fehlendes Vertrauen in die Führungskräfte zurückzuführen.
Antithese 9: Widerstand entsteht nicht durch Misstrauen, sondern durch eine fehlende gemeinsame Vision und unklare Zielsetzungen. - These 10: Die mittlere Führungsebene hat nicht genügend Autonomie, um Veränderungen effektiv umzusetzen.
Antithese 10: Die mittlere Führungsebene hat genügend Autonomie, aber es fehlt an klaren Richtlinien und Unterstützung von der oberen Führungsebene.
Ich bin gespannt auf Eure Kommentare und Meinung zu diesem Thema und den jeweiligen Thesen und Antithesen.
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Da sind sie also, die 4 apokalyptische Reiter der Globalisierung und Digitalisierung der Welt: VUKA ein Akronym aus 4 Begriffen:
Kommentare
Ich trage folgende 3 Punkte aus meinen Erfahrungen mit bei (wobei es hier Menschen gibt, die Erfahrungen aus wesentlich mehr verschiedenen Unternehmen haben, als ich):
* Viele Unternehmen sind unfokussiert und unpriorisiert - sie machen zu vieles parallel (WIP). Diese Überlastung setzt sich auf alle Ebenen darunter fort. Dadurch haben auch Middle Manager viel zu viele parallele Themen (Mangelnde Ressourcen, viele Konflikte und "Brände" etc.).
Die einzelnen Themen sind dadurch oft auch nicht gut vorbereitet (zu wenig Zeit) und bilden kein "druckvolles" Gesamtkonzept. All das löst verständlichen Widerstand aus
* Verstärkt wird die Zurückhaltung oder ineffiziente Steuerung durch häufige Nicht-Kenntnis wirksamer Ansätze und Methoden - bspw. Lean (nicht nur als "selektiv verwendete Tools") ... auf allen Ebenen
* Das schließt oft ein, dass nach "Silos" gemanaged und gedacht wird - so sind größere Verbesserungen oft gar nicht möglich - oder werden sehr erschwert, weil die notwendige Zusammenarbeit über Bereiche hinweg nicht gut funktioniert. - Der Widerstand ist dann eher ein "Widerstand zur Seite" (ggü. den anderen Bereichen) als nach oben.
... Mit längerem Nachdenken würden sicherlich noch weitere Aspekte klar. Ich bin gespannt darauf, ob diese 3 Punkte zutreffend und relevant erscheinen oder nicht.
Viele Grüße, Thorsten Speil
These 11: Die Metapher für das mittlere Management ist das leckere Sandwich
Antithese 11: Die Metapher für das mittlere Management ist das menschliche Gesäß.
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