Niemand hat Interesse an der Zukunft!
Eine kleine Gruppe von Kolleginnen und Kollegen hatte sich Ende 2023 getroffen, um über die Zukunft zu sprechen. Mit dabei waren Karen Eilers, Alexander Ruderisch, Jan Fischbach, Stefan Röcker, Götz Müller und Ralf Volkmer. Am Ende des Treffens stand fest, dass wir gemeinsam eine Veranstaltung ins Leben rufen, um die Zukunft in den Clustern Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und Umwelt in einem besonderen Veranstaltungsformat zu beleuchten.
Was daraufhin in den folgenden zehn Monaten folgte, war pure Ernüchterung, denn anscheinend hat niemand Interesse an der Zukunft!
Voller Euphorie begannen die Kolleg:innen sich Gedanken darüber zu machen, welche Inhalte auf dieser Veranstaltung, die unter dem Titel „Position2050 – Blicke in die Zukunft“ dargeboten werden sollten. Außerdem wollten die Kolleg:innen ein Veranstaltungskonzept realisieren, bei dem die Teilnehmenden aktiv eingebunden werden sollten – ein Debattenformat. Als Vorlage diente die ZDF-Sendung „13 Fragen – Streitkultur auf dem Spielfeld“. Um mit den Teilnehmenden debattieren zu können, wurden Utopien und Dystopien formuliert, aus denen Fragen abgeleitet werden konnten. Angekündigt wurde die Position2050 unter anderem mit folgenden Szenarien:
- 2050 ist das Bargeld abgeschafft, Produkte werden ausschließlich zu „True Costs“ gehandelt.
- Das duale Bildungssystem ist Geschichte, und Unternehmen bilden ihren Nachwuchs selbst aus, da die Halbwertszeit von Berufsbildern immer schneller schrumpft.
- Produktion findet zu 100 % lokal statt, da globale Lieferketten aufgrund bürokratischer Vorgaben und politischer Instabilität obsolet sind, und Forschung, Entwicklung sowie Wartung nur noch im Industrial Metaverse stattfinden.
- 2050 werden Verträge von Bots mit Bots ausgehandelt.
Die daraus abgeleiteten Fragen lauteten:
- Wirtschaft: Robuste Unternehmen oder Handelskriege?
- Politik: Demokratische Dispute oder populistische Hetze? (Etwas, das gerade in den letzten Monaten immer mehr in Deutschland zu beobachten ist.)
- Gesellschaft: Freiheit, Wohlstand, Gesundheit? Oder Zwei-Klassen-Gesellschaft und Überwachung?
- Umwelt: Schattige Städte und Kreislaufwirtschaft oder verödende Regionen?
Der Grundstein war also gelegt, und im Verlauf der folgenden Wochen konnten Dorothée Törekei, Prof. Dr. Andreas Syska, Dr. phil. Hans-Joachim Gergs, Tobias Herbig, Prof. Dr. Ulrike Gahy und Prof. Dr. Peter Kuhlang als Vortragende für die eineinhalbtägige Veranstaltung gewonnen werden.
Mitte Februar 2024, also nur drei Monate nach dem Treffen der Kolleg:innen ging die Veranstaltungsseite auf der LeanBase online, und das Vortragsprogramm stand im Wesentlichen fest. Auf unserer Jahresveranstaltung, dem LATC2024, haben wir die Position2050 erstmals einem größeren Kreis vorgestellt. Die Rückmeldungen dazu waren: „Eine wichtige Veranstaltung!“, „Wer sich diese Fragen nicht stellt, hat keinen Weitblick“ oder „Ein sehr spannendes Format!“
Bis etwa Mitte Juni hatten sich dann tatsächlich etwas mehr als 30 Teilnehmende zur Position2050, die für den 6. und 7. November geplant war, zum Ticketpreis (abzüglich Frühbucherrabatt) von 515,00 Euro inklusive Verpflegung angemeldet. Doch ab Anfang August(!) haben von den mittlerweile 47 Teilnehmenden insgesamt 39 ihre Teilnahme storniert. Die Begründungen lauteten fast immer gleich: „Alle Weiterbildungsmaßnahmen sind bei uns gestrichen“ oder „Für externe Veranstaltungen dürfen wir in diesem Jahr kein Geld mehr ausgeben.“ Für uns und die Kolleg:innen war also klar: Es wird keine Position2050 geben – die Veranstaltung muss aus wirtschaftlicher Sicht abgesagt werden.
Niemand hat Interesse an der Zukunft!
Ist das wirklich so? Wir sind uns ehrlich gesagt nicht sicher. Klar ist, die Stimmung in Deutschland ist quasi auf dem Tiefpunkt. Aber bedeutet das, dass Organisationen sich deshalb nicht mehr mit der Zukunft beschäftigen müssen? Wir hoffen nicht!
Wir und die Kolleg:innen wollen nicht aufgeben und unternehmen einen neuen Versuch, die Position2050 – Blicke in die Zukunft durchzuführen. Auch weil wir uns sicher sind, dass Organisationen sich mit der Zukunft und den oben genannten Fragen auseinandersetzen müssen. Dazu reduzieren wir den Ticketpreis von ursprünglich (ohne Frühbucherrabatt) 725,00 Euro auf 285,00 Euro für die eineinhalbtägige Veranstaltung inklusive Verpflegung. Der Preis kann nun also kein Grund mehr sein, den Mitarbeitenden eine Teilnahme zu ermöglichen. Wenn das immer noch nicht in das Weiterbildungsbudget passt, hat man wohl kein Interesse an der Zukunft.
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