1. (Un-)Konferenz | Neue Konzepte für Neue Arbeit - Interview mir Andreas Zeich Teil 2

1. (Un-)Konferenz | Neue Konzepte für Neue Arbeit - Interview mir Andreas Zeich Teil 2

Weder dies noch das. Warum diese Veranstaltung anders ist.

#leanmagazin
am 26. 04. 2018 in LeanMagazin von LKB


Am 15.06. findet in Berlin die 1. (Un-)Konferenz | Neue Konzepte für Neue Arbeit statt. Veranstalter ist priomy, die Plattform für selbstbestimmte Arbeit, die am 08.03. anlässlich der LATC18 online gegangen ist.
Die Veranstaltung wendet sich an alle, die sich für New Work, mehr Partizipation, Selbstorganisation und Agilität interessieren.

Vor ein paar Tagen gab es bereits ein Interview mit Dr. Andreas Zeuch über die Inhalte der Veranstaltung und warum das priomy-Team der Politik und Kunst denselben Raum gibt, wie der Wirtschaft. Heute geht es um das Veranstaltungsdesign. Denn auch da gehen die Gründer eigene Wege …

RALF: Andreas, weißt Du, was ich mich schon eine ganze Weile frage?

Andreas: Klar: Du fragst dich, wie Dein Bart noch schneller wächst als meiner!

RALF: (Lacht) Fast! Also: Was soll diese komische Schreibweise mit dem eingeklammerten (Un-) vor der Konferenz? Es gibt Konferenzen, klar. Und schon eine Weile auch sogenannte Unkonferenzen, bei denen es total verpönt ist, Keynotes anzubieten. Da kommt dann die Barcamppolizei und verhaftet die Veranstalter. Aber was soll eine „(Un)Konferenz“ sein?

Andreas: Das hast du gut auf den Punkt gebracht mit der Barcamppolizei. Das nervt uns schon lange. Also, was soll die Schreibweise? Die Antwort ist simpel: Wir mischen die Großformate der Unkonferenz und typischen Konferenz. Bei uns gibt es das Beste aus beiden Welten. Ich habe die missionarischen Vertreter der reinen Lehre bis heute nicht verstanden. Was ist das Problem einer guten Keynote? Ich finde gute Redner*innen durchaus lohnenswert, die können mich inspirieren, ich kann etwas lernen. Zudem haben die orthodoxen Barcamps (= Unkonferenz) noch ein anderes Problem: Dort wird das Rad ziemlich oft neu erfunden. Irgendjemand hat mein letztes Buch gelesen und fängt an, sich zB mit Unternehmensdemokratie zu beschäftigen und bietet dazu eine Session an, zB eine Diskussionsrunde. Das ist toll, ehrlich, darüber freue ich mich. Aber für mich ist das nicht relevant. Es erstaunt mich nicht, wenn demokratisch geführte Unternehmen jahrzehntelang erfolgreich wirtschaften. Das ist mein täglich Brot. Deshalb möchten wir auch Leute auf einer Veranstaltung haben, die schon ne Menge Erfahrung aufgebaut haben und lebendige Expertise leben. Aber eben nicht nur Experten, die frontal beschallen. Irgendwann wollen wir interaktiv werden, oder eine eigene Session anbieten. Oder zu einer Session von jemanden gehen, von dem oder der wir noch nie was gehört habe und uns dort überraschen lassen. Eben das erleben, was das Gute an Barcamps ist.

RALF: Die Schreibweise soll also klarmachen, dass es ein Mischformat ist.

Andreas: Genau.

RALF: Ok, es gibt Keynotes und Sessions. Und was noch? Und wie funktioniert das mit den Sessions? Wer organisiert die? Kann da jeder eine Session anbieten? Das wäre vermutlich schon ab 50 Teilnehmern ein Problem. Fragen über Fragen …

Andreas: Deshalb reden wir ja! Fangen wir mit den Sessions an. Ja, jeder, der ein Ticket gekauft hat bzw noch kauft, erwirbt das Recht, eine Session vorzuschlagen. Aber auch das machen wir anders als üblich. Denn da kommen die Teilgeber – der alternative Begriff für die Teilnehmer eines Barcamps – am Anfang der Veranstaltung nach vorne und präsentieren ihre Session, also den Titel und eine Kurzbeschreibung. Eigentlich soll das in maximal kurzer Zeit passieren, schließlich kann es sein, dass 40 oder 50 Leute was vorschlagen. Wenn da jeder nur 5 Minuten redet, währen bei 50 Personen bereits 4 Stunden rum. Also sollen die Leute das noch kürzer hinbekommen. Allerdings ist das nicht ganz einfach und die Erfahrung zeigt wenig überraschend: Viele oder die meisten Leute brauchen länger. Dann sitzt man am Anfang erstmal ein, zwei Stunden rum und stimmt für die eine oder andere Session bis es los geht. Für mich hat das nicht den geringsten Nährwert. Komplette Verschwendung meiner Lebenszeit.

RALF: Du könntest eine Zigarette rauchen gehen, mit einer Nachbarin flirten oder Mails checken!

Andreas: Das kann ich jederzeit tun ohne mir ein Ticket für ein Barcamp gekauft zu haben. Zurück zu unserem Versuch einer Lösung: Wir bieten unseren Teilnehmenden die Möglichkeit, über eine Online Lösung die Sessions schon VOR der Veranstaltung vorzuschlagen. Das können sie bis zum einschließlich 14. Mai. Vom 15. – 31. Mai findet dann die Bewertungsphase in diesem Onlinetool statt. Ab dem 01. Juni wissen dann alle schon vorher, welche Sessions drankommen werden. Und wer eine Session anbietet, die etwas aufwändiger ist, als sich zusammenzusetzen und über irgendwas zu diskutieren, weiß, dass er drankommen wird und kann sich sinnvoll vorbereiten. Bei traditionellen Barcamps kann es nämlich durchaus sein, dass ich alleine oder mit nur einer kargen Handvoll Teilnehmenden rumsitze. Klar, es kann natürlich sein, dass da dann ausgerechnet exakt die Menschen dabei sind, die die allerwichtigsten überhaupt sind für diese Session. Aber das ist nicht unbedingt die Regel.

RALF: Also das Beste aus beiden Welten … und die Sessions werden im Vorfeld angeboten und ausgesucht. Aber ihr habt dann wenigstens noch eine ordentliche Podiumsdiskussion, oder?

Andreas: Ich dachte Du kennst mich schon ein bisschen! Natürlich nicht. Wir haben eine Podiumsdiskussion ohne Podium in einer Fishbowl.

RALF: Wie bitte?

Andreas: Die Keynote-Speaker thronen nicht erlaucht über den Teilnehmenden, sondern sitzen symbolisch auf der gleichen Ebene in der Mitte der Halbkreise in denen die Teilnehmenden sitzen. Und vor allem haben wir noch einen Stuhl frei – auf den können sich alle setzen, die wann auch immer den Impuls haben, sich an der Diskussion zu beteiligen.

RALF: Die Podiumsdiskussion wird also auch interaktiv – im Gegensatz zum normalen Vorgehen, wo die Experten auf der Bühne sitzen und untereinander diskutieren – gestaltet?

Andreas: Genau. Schließlich wollen wir einen Dialog entfachen mit unseren Keynote-Speakern. Aber es geht noch weiter –

RALF: Echt? Ihr seid ja Teufelskerle (lacht).

Andreas: … Und Kerlinnen (lacht). Wir haben auch noch ähnlich wie Ihr Aussteller, sprich Unternehmen, die sich in Rahmen der Veranstaltung präsentieren und mit den Teilnehmenden ins Gespräch kommen wollen. Soweit so normal. Bei uns ist das aber nicht die Ausstellungsfläche, sondern der „Dialograum“. Der wird nicht nur ein bisschen anders gestaltet sein als die 08/15 Messeästhetik. Wir werden vor allem künstlerische Angebote für die Aussteller machen, um in Bezug auf die Themen der Keynotes, Workshops und Sessions mit Teilnehmenden und anderen Ausstellern ins Gespräch zu kommen.

RALF: Langsam wird mir schwindelig. Aber es gibt wenigstens eine anständige deutsche Mittagspause, so von 12:30 bis 13:30, oder?

Andreas: Selbstverständlich. Und zwar eine schöne fette Schweinshaxe, die allen noch 3 Stunden im Magen hängt. Mensch, Ralle, ich muss dich schon wieder enttäuschen: Wir stehen nicht so auf feste Strukturen. Essen gibts von vormittags bis nachmittags, da kann jeder hin, wann immer er oder sie will. Wir haben ja nicht alle zur selben Zeit Hunger, oder?

RALF: Ich geb gleich auf. Jetzt bleibt nur noch die Location … Da habt ihr hoffentlich was richtig Repräsentatives gebucht, die Veranstaltung ist ja in Berlin. Diese Xing-Dingsdabumsda-NewWork-Veranstaltung neulich war doch in der Elbphilharmonie – da werdet Ihr Euch doch nicht lumpen lassen! Da geht doch noch mehr, oder?

Andreas: Selbstverständlich begeben wir uns da in ein direktes Rennen. Wir haben keine Kosten und Mühen gescheut – und das Kanzleramt bekommen! Wir fassen es selbst noch nicht. Frau Merkel arbeitet an dem Tag vom Homeoffice aus. Sie wollte gleich ein Zeichen setzen, dass New Work auch bei ihr angekommen ist. Was soll ich sagen? Nein, nix Repräsentatives, sondern etwas Passendes. Wir treffen uns in der Halle der CRCLR GmbH in Berlin Neukölln. Der Firmenname steht für circular und meint die Zirkulärwirtschaft, in der die eingesetzten Materialien am Ende des Produktlebens wiederverwertet werden, so dass ein Kreislauf entsteht. Die Halle selbst ist längst noch nicht fertig renoviert, sie ist im Werden, so wie Neue Arbeit auch. Neue Arbeit ungeschminkt, sozusagen.

RALF: Ihr begrüßt also die Leute auf einer Baustelle. Ist das Dach wenigstens regendicht?

Andreas: Bisher noch nicht, aber wir haben ja noch ein paar Wochen (lacht).

RALF: Na dann – Andreas, vielen Dank für diesen Einblick. Wir wünschen Euch gutes Gelingen!



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