Die Forderung nach längeren Arbeitszeiten wird lauter – das ist mit Verlaub völliger Unsinn!

Die Forderung nach längeren Arbeitszeiten wird lauter – das ist mit Verlaub völliger Unsinn!

Es vergeht kein Tag, an dem nicht irgendein Verbandssprecher aus der Industrie, ein Top-Manager, manche Politiker oder zahlreiche andere (angeblich schlaue) Leute förmlich danach schreien, dass die Anzahl der Arbeitsstunden erhöht werden müsse. Einer von ihnen ist Martin Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, der sich neulich in seinem Post bei LinkedIn in das Geschrei nach mehr Arbeitszeit eingereiht hat.

02. Juni 2024 um 09:00 Uhr von Ralf Volkmer


Michael Hüther bezog sich in seinem Post auf ein SPIEGEL-Streitgespräch mit Teresa Bücker. Und wie immer wird reflexartig darüber fabuliert, dass in der Schweiz, den USA, Japan und anderen Ländern mehr gearbeitet wird. Herr Hüther, ich glaube, wir müssen uns einmal unterhalten! Könnte es sein, dass Sie ein falsches Verständnis von Produktivität haben? Es ist nämlich ein Irrglaube, dass Produktivität durch mehr Arbeitsstunden steigt. In Wirklichkeit ist es sehr wahrscheinlich, dass Ihnen und allen anderen, die mehr Arbeitszeit fordern, das Verständnis und Wissen für Prozessoptimierung fehlt.

Nicht nur ich, sondern viele andere wie Andreas Syska oder Götz Müller – um nur zwei meiner Kollegen zu nennen – wissen genau, dass mindestens 20% aller Abläufe in Unternehmen ineffizient sind. Glauben Sie das nicht? Okay, ich möchte Ihnen das an ein paar Beispielen verdeutlichen Herr Hüther:

  • Wenn ein Unternehmen eine Bestellung auslöst, sagen wir mal für weniger als 100 Euro, warum müssen daran mehrere Abteilungen beteiligt sein und warum muss der Lieferant dann zig Seiten von der Bestellung bearbeiten, bis der Vorgang wirklich ins Rollen kommt?

  • Können Sie sich vorstellen, dass in deutschen Unternehmen millionenfach Stunden mit absolut unnötigen Meetings verbracht werden, die den Leuten einfach nur die Zeit raubt?

  • Wissen Sie, was Stammdaten sind, Herr Hüther? In den allermeisten Unternehmen sind diese arg veraltet, was letztlich dazu führt, dass alles, was irgendwo und irgendwann einmal geplant wurde, für die Katz ist und es infolge dessen zu Unterbrechungen in den Abläufen kommt.

  • Haben Sie schon einmal von Lagerbeständen gehört? Ganz sicher wissen Sie, dass eine Vielzahl von Unternehmen diese Lagerbestände nicht im Griff haben. Oft wird das, was nicht gebraucht wird, in Hülle und Fülle bevorratet, und das, was wirklich benötigt wird, ist nicht aufzufinden.

  • Wissen Sie, was mit Overall Equipment Effectiveness (OEE) gemeint ist? Könnte es sein, dass durch mangelnde Organisation die OEE einfach nur unterirdisch ist?

Herr Hüther, effektive Prozessorganisation und nachhaltige Produktivitätssteigerungen sind das Ergebnis sorgfältiger Planung und kontinuierlicher Verbesserung, nicht einfach durch längere Arbeitszeiten.

Wenn Sie möchten, können wir gerne einmal telefonieren. Ich würde Sie auch anrufen. Oder, wenn es Ihre Arbeitszeit zulässt, arrangiere ich ein Treffen zwischen Ihnen, mir und meinen Kollegen Götz Müller und Andreas Syska.

Ich freue mich auf Ihre Antwort und sende Ihnen produktive Grüße

Ralf Volkmer



Kommentare

Christian Fieg
Christian Fieg, am 04. Juni 2024 um 21:36 Uhr
Genau so ist das! Und wenn der OEE genau und in Echtzeit erfasst werden soll, sprechen Sie mit mir. Ich erkläre Ihnen sehr gerne wie Sie das in kürze und ohne großen Aufwand an einer Maschine schaffen.
Andreas Syska
Andreas Syska, am 01. Juni 2024 um 14:44 Uhr
Das Institut der Deutschen Wirtschaft, dessen Direktor Herr Hüther ist erklärt in diesem Zusammenhang, dass es kein Potential für Produktivitätssteigerungen mehr gibt, weil die Steigerung der Produktivität seit Jahren rückläufig ist. Das ist die volkswirtschaftlich-theoretisch-empirische Sicht der Dinge. Wer aber Betriebe aufsucht und Augen zum Sehen hat weiß, daß dies nicht stimmt.
Ralf Volkmer
Ralf Volkmer, am 01. Juni 2024 um 14:56 Uhr
Ich hätte noch eine Idee. #Homeoffice wird auf 30 Minuten pro Woche begrenzt.

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