Zehn Fragen zu Training Within Industry (TWI)

Zehn Fragen zu Training Within Industry (TWI)

Warum sollte man sich mit TWI beschäftigen, was bringt's und welchen Nutzen kann man daraus ziehen? Wie funktioniert TWI, welche Voraussetzungen sind notwendig und welche Randbedingungen sollte man beachten? Wer sind die Beteiligten an TWI, wer sollte einbezogen werden, welche Wechselwirkungen gibt es und wie sieht der Einstieg aus?

06. Juni 2023 um 13:33 Uhr von Götz Müller


Zehn Fragen zu Training Within Industry (TWI)

  1. Was sind Auslöser, um sich mit TWI zu beschäftigen?
  2. Was bringt TWI?
  3. Welchen Nutzen kann man daraus ziehen?
  4. Wie funktioniert TWI?
  5. Welche Voraussetzungen benötigt TWI?
  6. Welche Randbedingungen sind noch zu beachten?
  7. Wer sind die Beteiligten? Wer muss alles einbezogen werden?
  8. Welche Wechselwirkung mit anderen Lean Methoden und Werkzeugen gibt es?
  9. Wie sieht der Einstieg in TWI aus?
  10. Wo kann man sich über TWI informieren?

Teilautomatisiertes Transkript

1. Frage: Was sind Auslöser, sich mit TWI zu beschäftigen?

Das sind ganz oft nicht zufriedenstellende Arbeitsergebnisse, Qualitätsmängel, fehlende Arbeitsstandards, unter Umständen auch ein schlechtes Betriebsklima und grundsätzlich die Herausforderung, überhaupt Verbesserungen zu erreichen.

TWI ist auch ganz oft der Einstieg ins Thema Lean Management. Im Grunde, wenn man in die frühen 40er und dann in die 50er zurückschaut, 1950er Jahre, dann war das dort die Wurzel dessen, was man dann später im Westen Lean Management genannt hat, bei Toyota. Wo eben die Amerikaner ihr System, ihr Training Within Industry aus den frühen Vierzigern dann in den 50er Jahren nach Japan unter anderem exportiert haben.

Es geht grundsätzlich darum, Einarbeitungssituationen zu bewältigen, das ist der Kern bei dem Thema. Job Instruction, Arbeitsunterweisungen, ungelernte fachfremde Personen, das war letzten Endes auch der Ursprung, wo kam es her, um dort Menschen in Industriearbeit zu bringen, die vorher damit keine Erfahrung hatten. Das waren Langzeitarbeitslose noch aus der großen Depression raus. Es waren landwirtschaftliche Arbeitskräfte und es waren eben Frauen, die damals in den frühen 40er Jahren nichts mit Industrieproduktion am Hut hat.

2. Frage: Was bringt Training Industry?

Es geht vor allen Dingen um die Entwicklung von Führungskräften der untersten Ebene. Führungskräfte, das ist diese Ebene, die normalerweise, wenn man es jetzt mal auf Deutschland bezieht, keine Meisterausbildung hat. Das sind oft eben nur in Anführungszeichen erfahrene Führungskräfte, die seit vielen Jahren die Tätigkeit machen, die aber eben keine, von der Ausbildung her, keine Erfahrung, keine Ausbildungsinhalte genießen durften, was das Thema unterweisen angeht. Das ist wichtigste Teil, die Job Instructions, die eben über Job Instruction Trainings, also durch Unterweisungstrainings vermittelt werden.

Dann geht es grundsätzlich auch darum, ganz zentrale Bedürfnisse von Führungskräften zu erfüllen. Das ist einmal genau diese Fähigkeit zur Unterweisung. Es ist die Fähigkeit zur Führung, auch das ist ein Element in der Meisterausbildung, Führungserfahrungen zu sammeln, überhaupt einmal, was darüber zu lernen, was Führung bedeutet und dann eben auch der Aspekt Verbesserung, wie stoß' ich Verbesserungen an, wie führe ich Verbesserungen durch.

Das sind die 3 Säulen des TWI. Das Ganze wird in der Form gemacht Training on the Job. das heißt, es ist nicht irgendwo tagelanges Training, Seminare, weit weg vom Arbeitsplatz, sondern immer nur zweistündige Trainings, innerhalb einer Woche, zwei Stunden am Tag, über fünf Tage hinweg oder auch ganz konkret das, was in den zwei Stunden gelernt wurde, an den Arbeitsplatz genommen wird und dort auch sofort ausprobiert wird.

Das heißt, die begleitende Umsetzbarkeit im Tagesgeschäft ist ein ganz wichtiges Element.

3. Frage: Welchen Nutzen kann man aus TWI, Training Within Industry ziehen?

Ein ganz zentrales Element ist diese Fähigkeit zur Unterweisung, die Vermittlung dieser Unterweisungsfähigkeit, um damit gute Arbeitsstandards zu schaffen, um damit überhaupt Arbeitsstandards zu schaffen. Das ist letzten Endes immer der Ausgangspunkt jeder Verbesserung. Wenn ich von diesem Ausgangspunkt, von diesem stabilen Ausgangspunkt aus was verbessern will, muss ich sicher sein, dass ich diesen habe, weil sonst jede Veränderung auch Zufall sein könnte.

Dann geht es auch als zweites wichtiges Element, es geht um gute Arbeitsbeziehungen, die zu schaffen. Wie schaffe ich das Vertrauen aufzubauen, den Mitarbeitern gerecht zu werden, sie als Individuen wahrzunehmen?

Das ist hier ein zentraler Punkt und dann als die dritte Säule eng verwandt mit beiden anderen eben dafür zu sorgen, wie ich verbessere um letzten Endes auf dem Weg dann den Einstieg in den kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu schaffen.

4. Frage: Wie funktioniert TWI?

TWI orientiert sich zentral an Grundprinzipien.

Erstes Grundprinzip verwandt oder bezieht sich auf das Thema Unterweisung: Wenn der Mitarbeiter nicht gelernt hat, hat der Ausbilder nicht gelehrt. Das gilt im Grunde für alle Ausbildungssituationen. Man kann das durchaus auch auf eine Schule beziehen. Man kann das auf dem Studium beziehen, man kann das eben auch auf die kleinen täglichen Arbeitsunterweisungen, im direkten betrieblichen Kontext, beziehen.

Ein zweites Prinzip: Führungskräfte schaffen Resultate nur durch Menschen. So gut, so universell, so überall präsent kann ich als Führungskraft gar nicht sein, dass ich ohne meine Mitarbeiter Resultate schaffen könnte.

Letzten Endes ist das ja auch mit eine Daseinsberechtigung der Mitarbeiter, weil sonst können das die Führungskraft ja alleine machen.

Und der dritte, das dritte wichtige Prinzip, Philosophiegedanke: Menschen sind Individuen und verdienen es auch als solche behandelt zu werden. Das ist dann der Punkt, auf den sich die Job Relations abstützen. Dass ich also den Mitarbeitern gerecht werde, wenn es in irgendeiner Form Probleme gibt, das wirklich hinterfragen, woran kann das liegen und was kann ich dagegen tun?

Funktional basieren alle drei Säulen, die Job Instructions, die Job Methods und die Job Relations basieren auf einer Vier-Schritte-Methode.

Es sind in allen drei Fällen Methodenkarten, die da zum Einsatz kommen, bei / in den Trainings geht es um Übung. Es geht um die Durchsprache realer Situationen von Teilnehmern.

Zusammen mit einem sehr hohen Maß an Interaktion, es ist also kein Klassenraum Training, wo einer was erzählt und 10, 12 oder noch mehr Leute hören nur zu, sondern sehr schnell kommen die Teilnehmer ins Handeln, arbeiten zusammen, andere schauen sich an, was die zwei dort machen und kommentieren dann hinterher, um auf dem Weg alle gemeinsam weiter zu lernen und es werden dann eben Themen auch ins Arbeitsumfeld gebracht und wiederum auf den nächsten, für die nächsten Sitzungen aus dem Arbeitsumfeld ins Training reingebracht.

Das ganze eben an fünf Tagen innerhalb einer Woche, jeweils zwei Stunden. Das heißt auch da sehr kompakt. Tangiert, aber eben auch stört das Tagesgeschäft auf dem Weg nicht.

5. Frage: Welche Voraussetzungen benötigt TWI, Training Within Industry?

Es geht am Anfang darum, auch überhaupt mal die betrieblichen, im Unternehmen die Bedürfnisse festzustellen, die Schwerpunkte der Menschen insgesamt. Übergreifend eben auch woran hängt, wo gibt es Herausforderungen? Dann ist es ganz entscheidend, ausreichende Managementunterstützung zu haben. TWI ist kein Thema, was sich Bottom von unten nach oben einführen lässt, sondern es braucht eine Unterstützung von oben nach unten. Es geht zwar um die unterste Ebene der Führungskräfte, es ist aber überhaupt kein Mangel und es ist kein Schaden, wenn das sich auch Führungskräfte auf höheren Ebenen anschauen, wenn sie sich daran beteiligen, wenn sie auch die Trainings durchlaufen

Die Trainingsinhalte selber sind sehr ausgereift und bewährt. Sie sind gleichzeitig sehr universell und im Grunde auch praktisch zeitlos. Das erkennt man auch daran, dass einerseits das TWI, Training Within Industry über 70 Jahre alt ist, aus den frühen 1940er Jahren. Dass es aber zum Beispiel seit Anfang 2000 2001, beginnend in den USA ein sehr starkes Revival erlebt und mittlerweile auch wieder in Deutschland präsent. Ist präsent im Bewusstsein, obwohl es im Grunde die ganze Zeit über, zum Beispiel was die Vier-Schritte-Methode angeht, auch in der gewerblichen Ausbildung präsent war.

6. Frage: Welche Rahmenbedingungen sind noch zu beachten?

Ganz entscheidend ist, dass man sich an die Grundprinzipien hält. Dass man die Vier-Schritte-Methode einhält, dass man natürlich eben auch das Trainingsformat mit 5x2 Stunden einhält.

Das ist eine Sache, das wirklich millionenfach, was die Teilnehmerzahlen in den 40er-Jahren alleine angeht, bewährt ist. Da sollte man nicht anfangen zu glauben, selbst wenn das ist 70 Jahre her ist, 80 Jahre fast, sollten man glauben, daran was zu verbessern. Das wurde schon damals sehr stark ausgereift.

Wenn auch nicht zu unterschätzendes Element, ist eine ausgewogene Mischung an Teilnehmern zu haben. Wenn das alles Menschen sind, die sich mit ein und derselben Sache schon auskennen, dann wird es unter Umständen schwierig. Das erkennt man im Vergleich auch in der klassischen Meisterausbildung, wenn eben in einer Stuckateursgesellen zusammensitzen, um Stuckateurmeister zu werden, da kann dann der eine Geselle dem anderen Gesellenkollegen im Grunde irgendeinen Unsinn erzählen, weil er weiß, wie man eine Wand verputzt, wird er es trotzdem richtig machen und er wird dann nie auf die Herausforderungen stoßen, die ihn dann später begegnen werden, wenn er halt einen Auszubildenden im ersten Lehrjahr mal zeigen soll, wie verputzt man 'ne Wand.

Was auch ein wichtiger Punkt ist nach den 5x2 Stunden ist aber nicht rum, sondern man sollte sich gemeinsam nach einem Monat, nach drei Monaten, nach sechs Monaten in dieser Gruppe von idealerweise 10 Personen sollten sie sich nochmal treffen, um Erfahrungen auszutauschen. Um sich auszutauschen, darüber was hat gut funktioniert, aber eben auch auszutauschen über Dinge, die noch nicht so funktioniert haben, um Rückmeldungen der anderen einzuholen und gemeinsam sich auch da weiterzuentwickeln und gemeinsam aus den Erfahrungen der anderen zu lernen.

7. Frage: Wer sind die Beteiligten, wer muss alles einbezogen werden?

Idealerweise fang' ich mit dem Thema TWI ,Training Within Industry mit einem der Module, speziell bietet sich hier das Job Instruction Training, an, fang' ich 'nem Pilotbereich an. Natürlich dann dort eben die beteiligten Führungskräfte der unteren Ebene, aber eben auch deren Führungskräfte. Das kann dann eventuell eine Meisterebene sein, die gemeinsam hier auch, selbst wenn die zweite Ebene der Führungskräfte das schon kann, dass die wirklich gemeinsam hier was tun, dass sie gemeinsam an den Trainings teilnehmen, damit die Ebene drüber auch weiß, wie geht es der Ebene drunter damit und umgekehrt die Ebene unten, die unterste Ebene eben auch die Wertigkeit erkennt.

Das darf dann durchaus so weit gehen, dass es bis in die oberste Führungsebene rein geht, zumindest was am Anfang die Vorstellung angeht, ist das immer wertvoll und hier diese Relevanz zu bekräftigen.

Natürlich ist auch nicht verkehrt, in größeren Unternehmen, hier Weiterbildung, Personalentwicklung, hinzuzuziehen.

8. Frage: Welche Wechselwirkungen mit anderen Lean-Werkzeugen, mit anderen Lean-Methoden gibt es?

TWI und die Einzelelemente Training Within Industry, Job instructions, Job Relations, Job Methods sind Ergänzungsmöglichkeiten für alle anderen Lean-Methoden und -Werkzeuge. Es ist auch ein guter Weg des Shopfloor Management an der Stelle auszubauen, zu pflegen, um tätigkeitsorientierte Arbeitsaufschüsselungen gemeinsam zu machen und dann eben auch zu unterweisen.

Ein guter Weg, wenn ich erkenne, ich hab' Standardthemen, ich hab' Themen mit Arbeitsstandards, also dass ich mich da verbessern will und muss, das über die Layered Process Audits im Detail mir anzuschauen und dann wiederum aus den Ergebnissen der Layered Process Audits ganz gezielte Arbeitsunterweisungen, ganz gezielte Arbeitsaufschlüsselungen zu nutzen, beziehungsweise auch umgekehrt, um die Arbeitsaufschlüsselung als Basis für die Checklisten im in den Layered Process Audits zu nutzen.

9. Frage: Wie sieht der Einstieg in Training Within Industry aus?

Am Anfang sollte man sich grundsätzlich über eine Bedarfsanalyse klarmachen, wo bestehen denn Probleme, ja, wo möchte ich mich weiterentwickeln als Unternehmen, um dann aus dem einen individuellen Plan abzuleiten. An der Stelle lässt einen TWI nicht alleine, sondern auch schon dafür ein spezielles Modul entwickelt, das sogenannte Program Development, wie ich auch in einem Zeitraum von fünf Tagen, nicht am Stück, sondern verteilt über zwei Wochen einen Plan entwickele, um die einzelnen Elemente in Unternehmen einzuführen.

Typischerweise fängt der Einstieg an mit dem Job Instruction Training und dann, je nachdem, wo der Schwerpunkt liegt im Unternehmen, ergänzt sich das über das Job Relations Training oder eben das Job Methods Training.

10. Frage: Wo kann man sich über Training und Industrie informieren?

Da gibt es Literatur darüber. Im Kern ist das meiste englischsprachige Literatur. Das geht bis zurück auf die Unterlagen aus den 1940er-Jahren.

Mittlerweile gibt es dieses kleine Buch hier von mir erschienen im Hanser Verlag, TWI. Es gibt auch auf der LeanBase eine Video-Serie in zwölf Modulen, wo ich was über TWI im Detail erzähle. Die Links dazu finden sich auf der letzten Folie.

Zusammenfassend, Training within Industry mit seinen drei Säulen Job Instruction, Job Relations und Job Methods ist einerseits die Wurzel des Lean Managements und andererseits eben beziehungsweise gerade deshalb auch ein wunderbarer Einstieg, um in das Thema Lean Management reinzukommen, um Mitarbeiter und Führungskräfte da einzubeziehen, um ganz praktisch Wissen zu vermitteln, Erfahrungen zu vermitteln und das dann auf Dauer im Unternehmen zu halten und umzusetzen.



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