Transformationskonzepte – eine Einordnung und Grundlage zur Bewertung
Die Verbesserung der Geschäftsprozessorganisation in Unternehmen ist eine Herausforderung, die oft inmitten von Symptomen beginnt, die sich über Jahre hinweg unbemerkt entwickelt haben. Diese Symptome sind selten isolierte Erscheinungen. Sie zeigen sich u.a. in Form von ineffizienten Abläufen, stockenden Informationsflüssen oder einer schwindenden Motivation der Mitarbeiter. Doch das eigentliche Problem liegt nicht an der Oberfläche. Es ist oft mehrere Ebenen tiefer verborgen – bspw. in den Strukturen, den zugrundeliegenden Annahmen und manchmal auch in einer fehlenden Abstimmung auf eine gemeinsame Ausrichtung.
Die Symptome alleine zu adressieren, mag zunächst verlockend erscheinen – wie eine Schmerztablette schnell gegen Kopfweh hilft. Es gibt schnelle Lösungen, die versprechen, Probleme durch technische Hilfsmittel oder punktuelle Prozessanpassungen zu beseitigen. Aber diese Ansätze kratzen oft nur an der Oberfläche, ohne die wahren Ursachen anzugehen. Deshalb ist es so wichtig, alle Beteiligten in die Analyse und die anschließende Verbesserung einzubeziehen – von den Entscheidungsträgern bis hin zu den Mitarbeitenden in der operativen Wertschöpfung. Denn sie sind es, die tagtäglich in den Prozessen arbeiten, und ihre Perspektiven sind unverzichtbar für ein echtes Verständnis der Probleme.
Eine ehrliche Analyse der Kernursachen erfordert Zeit und den Willen, genau hinzuschauen. Häufig sind es versteckte Wechselwirkungen zwischen Prozessen, Ressourcen und Verhaltensweisen, die ineffiziente Muster verursachen. Doch genau diese Wechselwirkungen bieten den Schlüssel zur nachhaltigen Verbesserung. Es geht darum, das Zusammenspiel der Elemente zu verstehen, bevor Maßnahmen entwickelt werden. Jeder vorschnelle Lösungsansatz birgt die Gefahr, dass er an der eigentlichen Problematik vorbeigeht oder neue Herausforderungen schafft.
Die Entwicklung von Gegenmaßnahmen muss daher mit Bedacht erfolgen. Es geht nicht darum, eine allgemeingültige Lösung zu finden, sondern darum, Maßnahmen zu entwickeln, die auf die spezifischen Gegebenheiten und Bedürfnisse des Unternehmens abgestimmt sind. Das erfordert ein hohes Maß an Flexibilität und die Bereitschaft, Methoden und Werkzeuge nicht starr, sondern adaptiv einzusetzen. Dabei ist entscheidend, dass diese Maßnahmen sich an einem Zielzustand orientieren, der nicht isoliert für einen Bereich, sondern für das gesamte Unternehmen Mehrwert schafft. Dieser Zielzustand sollte in eine übergeordnete Vision eingebettet sein, die den langfristigen Erfolg des Unternehmens definiert.
Die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen kann nur durch kontinuierliche Überprüfung sichergestellt werden. Das bedeutet, dass Ergebnisse nicht nur gemessen, sondern auch reflektiert werden müssen. Was funktioniert gut, und was braucht Anpassung? Solche Fragen sind ein zentraler Bestandteil jedes wirksamen Ansatzes zur Prozessverbesserung. Sie fördern nicht nur das Lernen innerhalb der Organisation, sondern sorgen auch dafür, dass die Maßnahmen nicht zum Selbstzweck werden, sondern stets auf das Gesamtziel einzahlen.
Flexibilität ist dabei nicht nur eine methodische, sondern auch eine mentale Voraussetzung. Es erfordert die Bereitschaft, alte Überzeugungen loszulassen, neue Wege zu erkunden und die Verbesserung als fortwährenden Prozess zu betrachten. Das schließt ein, dass nicht jede Methode oder jedes Werkzeug in jeder Situation gleich hilfreich ist. Vielmehr sollten Methoden entsprechend der Symptome, Probleme und Ursachen gewählt werden, die in der jeweiligen Situation vorherrschen. Die Fähigkeit, diese Verbindungen zu erkennen und darauf zu reagieren, macht dann den Unterschied zwischen einer oberflächlichen und einer nachhaltigen Verbesserung.
Letztlich steht und fällt ein solcher Ansatz mit der Bereitschaft, nicht nur die Prozesse, sondern auch die Zusammenarbeit und Kommunikation innerhalb des Unternehmens neu zu denken. Führungskräfte auf allen Ebenen haben dabei eine zentrale Rolle: Sie müssen den Raum schaffen, in dem sich alle Beteiligten einbringen können, und gleichzeitig die Orientierung geben, die nötig ist, um aus Einzelmaßnahmen einen größeren Zusammenhang zu formen. Doch sie sind nicht allein. Jeder, der in den Prozessen tätig ist, trägt dazu bei, dass Verbesserungen nicht nur geplant, sondern dann auch gelebt werden.
Ein Ansatz zur Verbesserung der Geschäftsprozessorganisation, wie ich ihn hier beschrieben habe, dient nicht nur der Reflexion und Orientierung, sondern kann auch als Grundlage für die Auswahl eines passenden Transformationskonzepts genutzt werden. Entscheidend ist dabei, dass das gewählte Konzept die spezifischen Gegebenheiten und Herausforderungen der jeweiligen Organisation berücksichtigt, statt auf vorgefertigte Lösungen zu setzen. Nur wenn die Einzigartigkeit der Ausgangssituation anerkannt und mit einer klaren, flexiblen Struktur verbunden wird, entsteht ein Rahmen, der nachhaltige Veränderungen ermöglicht. Solch ein Transformationsansatz schafft die Balance zwischen methodischem Vorgehen und der notwendigen Anpassungsfähigkeit, die für den Erfolg jeder Organisation unverzichtbar ist.
Damit geht für Entscheider in den und speziell an der Spitze der Organisationen in meinen Augen auch die Pflicht einher, sich mit den genannten Aspekten wirklich zu beschäftigen und sich aktiv einzubringen, statt nur methodische Lösungen zu bevorzugen, ohne einen echten Bezug zur individuellen Situation ihres Verantwortungsbereichs zu schaffen.
Wie können Sie in Ihrer Organisation Symptome erkennen, die auf tiefere Probleme hinweisen? Welche Rolle spielt Ihre Vision in der Gestaltung von Zielzuständen? Und was sind die ersten kleinen Schritte, die Sie gehen könnten, um diesen Zustand zu erreichen?
PS: Und weil ich es ja nicht lassen kann „mal wieder TWI ins Spiel zu bringen“, will ich noch auf die klare Selbstbeschränkung hinweisen, die dabei sowohl im Program Development zum Ausdruck kommt (wo es darum geht, EIN „Produktions“-Problem durch Training – und nichts anderes – zu bewältigen), ebenso wie in den Job Trainings nur drei der fünf allgemeinen und sehr menschzentrierten Grundbedürfnisse jeder Führungskraft adressieren (Fähigkeit zur Unterweisung, Schaffung guter Arbeitsbeziehungen, Verbesserung von Arbeitsmethoden), während die beiden tätigkeits- und organisationsspezifischen Grundbedürfnisse (Wissen über die Arbeitsinhalte und anzuwendende Regeln und Vereinbarungen) der fachlichen Ausbildung bzw. der Organisation überlassen bleiben – also ganz bewusst nicht die Eier-legende-Wollmilchsau der Transformation anzubieten und zu versprechen. Ich wage mal auch die These, dass genau diese Beschränkung mit der einhergehenden inhaltlichen Flexibilität eine Erfolgsgrundlage der Anwendung und beispiellosen Verbreitung in den 1940er-Jahren war ebenso wie die Integrationsmöglichkeit in das Toyota-Produktionssystem ab den 1950er-Jahren. Aus genau dieser Beschränkung folgte dann auch die Notwendigkeit aber auch die Freiheit andere Probleme mit anderen Mitteln zu analysieren und zu lösen.
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