Warum „Es einfach machen“ mehr Ressourcen verschlingen kann

Warum „Es einfach machen“ mehr Ressourcen verschlingen kann

Als mich Ralf Volkmer dazu einlud, für LeanBase einen Artikel oder sogar eine Kolumne zu schreiben, habe ich das Themenanliegen auf Twitter weiter gegeben, um allgemeines Interesse abzufragen.

#leanmagazin
27. April 2020 um 04:30 Uhr in LeanMagazin von Gitta Peyn


Herausgekommen ist dabei ein ganzer Katalog spannender Unbestimmter, die sich alle unter der von Dr. Karin Kelle-Herfurth vorgeschlagenen sortieren lassen, denn sie fragt nach Kommunikationsorganisation:

Mich würde Deine Sicht auf (neue) Sprache, Haltung zu Begriff und Bedeutung von Führung interessieren. „Führungskraft“ wird nach wie vor formal definiert, Personen und Positionen zugeschrieben, obwohl sie auf verteilten Schultern, im unsichtbaren Raum und unbewusst stattfindet.

Die Funktion von Unternehmen besteht darin, Kommunikation zielfunktional zu reorganisieren.

Dafür ist es nicht nur im technischen und fachlichen Bereich kontinuierlich auf Fortbildung seiner Mitarbeiter angewiesen, sondern auch und besonders im kommunikativen.

Kommunikationskompetenz ist Ressourcenverwaltungskompetenz.

Kommunikation kann, wenn dysfunktional reorganisiert, Unmengen an einsparensfähiger Zeit und Energie verschlingen, ohne dass sich Organisation und beteiligter Mensch dieser Tatsache bewusst werden müssen.

Das hat unter anderem damit zu tun, dass die meisten Kommunikationstechniken auf veralteten und dysfunktionalen Kommunikationsmodellen aufsetzen. Diese können weder mit den Dynamiken in den kommunikativen Riesenwellen mithalten, die heute nicht nur über den Planeten, sondern eben auch über und durch Mensch und Organisation rollen und uns wegzuspülen drohen – noch können sie zu realisieren helfen, dass sie für begrenzte Räume und Gruppendynamiken konstruiert wurden. Sie stammen aus einem anderen Jahrhundert, in dem man die Tür noch schließen und in dem die Forderung Es einfach machen! scheinbar noch Sinn ergab. Sie machen blind.

Und so greife ich mit Freude die Frage von Holger Gelhausen für diesen Beitrag auf:

Wie gelingt eine Vermittlung auf die berühmte Serviette (back of Mapping), damit eine Orientierung im Umgang mit Komplexität gelingt?

Meine spontane Antwort: Gar nicht!

Komplexe Systeme zeichnen sich nun einmal durch Komplexität aus. Damit kommen augenblicklich die Herausforderungen komplex zu denken und Komplexität berücksichtigend zu kommunizieren.

Der berühmte Gedanke Vermittle es so, dass Sechsjährige es verstehen können übersieht in der Regel, dass Sechsjährige hoch komplex rechnen und lernen. Sie können noch systemisch und folgerichtig denken. Ihre Berechnungen sind so funktional, dass sie so denken und lernen, dass aus dem Sechsjährigen ein Zwölfjähriger werden kann.

Das tun viele Erwachsene nicht mehr. Sie haben an konditionierter Angst verlernt sich herauszufordern und versuchen aus Furcht vor Herausforderung zu bestimmen, wohin sich das System entwickeln darf, vor welche Probleme man sie stellen kann und vor welche nicht. Das macht sie krisendysfunktional, bis die Krise uns den Lernauftrag abnimmt, indem sie abfragt: Lerne oder geh unter.

Doch fange ich etwas weiter unten an, damit klar wird, warum Forderungen nach Auf Augenhöhe lernen, Es einfach machen und so weiter für komplexe Systeme keine so gute Idee sind. Dafür benötigen wir ein paar Grundbegriffe, nämlich einfach, komplex und kompliziert, und müssen anschließend die Frage stellen, an wen wir das Thema eigentlich richten wollen.

Einfach die Komplexität des Sachverhalts/Phänomens ist leicht berechenbar
Komplex relationiere einige aber nicht alle Elemente
Kompliziert die Komplexität des Sachverhalts/Phänomens ist nicht leicht berechenbar

Mit: Einfach/Komplex als die beiden Pole einer Dimension und kompliziert als komplizierter, je komplexer das System bewertet wird und einfacher, je weniger komplex.

Viele verwechseln Unklarheit mit Kompliziertheit.

Sie schreiben ganze Bücher über komplexe (oder einfache) Themen, und während wir sie lesen, wird die Sache nicht klarer, sondern scheinbar immer komplizierter, weil die Autoren nicht dazu in der Lage sind, die Komplexität des Themas einfach zu greifen und nicht zu überkomplizieren.

Unklare Formen brauchen wir in der Kunst, aber auch dort setzen sie auf klare Technik auf. Wer in Unklarheit nach Einfachheit ruft, den kann ich verstehen. Aber Einfachheit ersetzt mir nicht die Notwendigkeit, mich mit der Komplexität des Systems auseinander zu setzen.

Dann gibt es auch noch Leute, die nicht nur Einfachheit wollen, sondern Unklarheit als Medikament gegen ihre eingebildete Unfähigkeit, das System zu verstehen, verschreiben. Aber das Problem dabei ist, dass ich dann auch gleich würfeln kann, denn das, was ich sonst an System vorherberechnen kann, wird dadurch noch mit vernebelt.

Komplexe Systeme sind nicht einfach, sie funktionieren, beziehungsweise selbstorganisieren (sich) komplex.

So überleben sie.

Systemtheorie befasst sich mit Relationen. Es handelt sich bei ihr um eine reduktionistische Wissenschaft, die Wirkzusammenhänge untersucht.

Die drei Begriffe einfach, kompliziert und komplex funktionieren beobachterabhängig:

Was für den Einen einfach aussehen mag, wirkt für den Anderen kompliziert – und das gilt in beide Richtungen: höhere Komplexitätsmanagementfähigkeit und geringere Komplexitätsmanagementfähigkeit.

Jemand, der für einen Anderen sichtbar mit niedrigerer Komplexitätsmanagementfähigkeit operiert, mag die Komplexität, die derjenige gerade reorganisiert, für höher oder niedriger halten, als der Andere sie einschätzt.

Viele halten mathematische und logische Arbeiten für kompliziert, während für Mathematiker und Logiker klar ist: Mathematik ist die einfachste Sprache der Welt, und die meisten Menschen denken zu kompliziert für den Kalkül.

Komplexe autopoietische Kognitions- und Kommunikationssysteme (wie menschliche Psychen und Organisationen, Teams, Gruppen und so weiter) bringen immer wieder neue und alte Unbestimmte hervor.

Ihre kreativen Fähigkeiten hängen davon ab.

Unbestimmtheitsreorganisation ist eine evolutionäre Errungenschaft.

Die kompromisslose und stufenlose Forderung danach, es einfach zu halten, tötet nicht nur im Zweifelsfall organisationsrelevante Kreativität, sie funktioniert auch langfristig nicht produktiv und überlebensfähig.

Spätestens, wenn Organisationen in wirtschaftlich-technologische und damit kommunikative Emergenz eintreten, wenn sie mit Kommunikationsformen konfrontiert werden, für die sie keinen Zeichensatz haben, wirken Einfachheitsforderungen eher hilflos, wenn sie die Frage nicht mit liefern, für wen sie gelten, und wenn sie nicht konkret in Aussicht stellen, was mit ihnen erreicht werden soll.

Übersimplifikationen können zu Lernhindernissen werden:

Wenn ich Kindern im Karateunterricht nur beibringe Pappplatten durchzuschlagen, brechen sie sich die Knochen, sobald sie sich an Holz oder Stein versuchen.

Lerninteresse verschwindet, wenn ich zu einfach bin, weil  das Gelernte nicht funktioniert, sobald ich mich mit Komplexität auseinander setzen muss. Wieso sollte ich also überhaupt noch lernen, wenn es sowieso nicht funktioniert? Wenn es mich nicht herausfordert, was ich lerne, dann höre ich auf, weil meine Neugier sinkt. Warum sollte ich Kochen lernen, wenn man mir nur Mehl und Wasser gibt? Essenskultur kann ich so schwerlich entwickeln.

Gern wird in solchen Kontexten Richard Feynman als Beispiel genommen, der stets großen Wert darauf gelegt hat, es einfach zu machen, der allerdings als Physiker davon einen konkreten Begriff hatte. Doch auch dort gilt die Frage: Mit wem reden wir? Es macht nämlich einen großen Unterschied, ob die Studierenden anschließend damit rechnen müssen – oder ob es sich um Laien handelt, denen man eben mal so einen halbwegs funktionierenden Quantenphysikbegriff zeigen möchte.

Will ich in Organisationen systemisches Denken nicht nur vermitteln, sondern auch nachhaltig (besser noch zukunftsfähig) für Mensch und Organisation wirken sehen, muss ich anfangen, systemisch zu denken.

Und das bedeutet:

Ich muss in Relationen denken. Und ich muss wissen, was funktioniert und was nicht.

Die Kraft systemischen Denkens liegt nicht darin, dass jemand für Andere systemisch denkt, sondern dass die Anderen lernen systemisch zu denken:

Das, und nur das, können wir als Funktionalitätskriterium gelten lassen. Alles andere muss dahinter zurückstehen – egal, wie gut das Ganze lerntheoretisch aufgesetzt sein mag. Wir können Anderen sehr lerntheorie- und bildungsbewusst unterkomplexe oder unklare Modelle liefern.

Wenn ich Anderen zu einfache Modelle gebe, dann hören sie auf systemisch zu denken, weil diese Modelle nicht funktionieren. Gebe ich ihnen unklare Modelle, dann hören sie auf diese Modelle zu nutzen, weil sie sie nicht durchdenken und nicht durchhandeln können. Das müssen sie zunächst nicht einmal bemerken. Also muss ich ihnen Modelle geben, die ihrer Komplexität und der Komplexität des Systems, mit/in dem sie interagieren, angemessen sind, damit sie sich erfolgreich und zielorientiert selbstanpassen können.

Um das zu erreichen, brauchen sie ein funktionales Konzeptset, das so einfach wie möglich aufgebaut werden sollte, wobei hier einfach nicht bedeuten kann einfach für die Zuhörer, sondern einfach als systemfunktional, und das kann und muss derjenige bewerten, der es kann, denn ... alle anderen können das nicht und alles andere ist zu teuer.

Der Beweis des Puddings liegt im Essen und nicht im guten Gefühl.

Es spielt keine Rolle, wie viel Spaß und Wohlgefühl Teilnehmer eines Workshops beispielsweise entwickeln, wenn es darum geht zu bewerten, ob sie mit dem Material auch tatsächlich arbeiten können.

Wer Wohlgefühl zum Maßstab macht, wird immer denjenigen die Macht über die Kommunikationsdynamiken in die Hände geben, die emotional und histrionisch bestimmen wollen, was geht und was nicht. Schlussendlich heißt das, das Thema auf die Beziehungsebene entführen zu lassen.

Das bedeutet nicht, dass wir das Einfache nicht auch leicht zugänglich machen sollten. Es heißt auch nicht, dass wir uns nicht wohlfühlen dürfen.

Doch Lernen hat für Kinder, und hier bin ich wieder bei der Forderung, Es für Sechsjährige zu erklären, keineswegs die Auflage, dass es bequem und leicht zugänglich sein muss. Im Gegenteil, wir haben Herausforderungen mal geliebt. Wir sind am Außengeländer von Brücken entlang gehangelt, haben Bauklotztürme und Kartenhäuser bis zum Himmel gebaut. Wir haben Laufen und Sprechen gelernt, obwohl wir dauernd hingefallen sind und unsere Wörter aus dem Mund anders heraus kamen, als wir uns das gedacht haben.

Kinder versuchen, den einfachen Weg zu finden, weil er effizient und effektiv ist – und weil sie sich nicht weh tun möchten. Aber sie haben keine Angst vor Kompliziertheit oder Komplexität.

Da müssen wir hin. An der Stelle können wir der Forderung Es einfach wie für Sechsjährige machen folgen. - Es sei denn natürlich, unternehmerischer Erfolg (Anderer) ist uns gleichgültig, und es geht nur darum, unsere unterkomplexen Modelle an den Mann zu bringen, weil wir selbst nicht daran interessiert sind uns herauszufordern und unseren Brotjob zu ändern.



Kommentare

André Claaßen
André Claaßen , am 28. April 2020 um 17:51 Uhr
Hallo Gitta,

danke für diesen Beitrag. Ich möchte sagen, dass ich in diesem Beitrag für mich viele gute Erkenntnisse ziehen können. Dafür bedanke ich mich.

Meine wichtigsten Eindrücke aus deinem Artikel:
- Die Wichtigkeit, dass alle Beteiligten lernen systemisch zu denken.
- Der Grad der Komplexität ist immer vom Beobachter abhängig und daher keine absolute Größe.
- Die Gefahr der Übersimplifizierung von Sachverhalten.

Vielleicht noch eines zum Sechsjährigen. Ich muss hier nicht an Einstein, sondern an David Snowden denken der darauf beharrt, dass Modelle auf einer Serviette erklärbar sein müssen. Seine Zielgruppe sind, zumindest habe ich es so verstanden, gestresste Unternehmer. Und jetzt denke ich gerade über meinen eigenen (selbstgemachten?) Stress nach und was das für meine kognitiven Fähigkeiten bedeutet.

Mit diesen Gedanken sage ich Danke für einen schönen Beitrag.
André

P.S: Mein eigener Versuch, die Management-Methode Objectives & Key Results für einen fiktiven 5-Jährigen zu erklären, war leider nur mässig erfolgreich:

https://andreclaassen.de/post/okr/okrs-ganz-einfach-erklaert/
Gitta Peyn
Gitta Peyn, am 30. April 2020 um 10:53 Uhr
Lieber André,

herzlichen Dank für Deinen Kommentar.

Deine wichtigsten Eindrücke sind genau das, was mir am meisten am Herzen gelegen hat.

Lass mich zu der Idee, Modelle auf einer Serviette zu erklären, etwas sagen:

Wenn Du ORKs beschreibst, beschreibst Du ein Phänomen, dessen Komplexität deshalb noch relativ leicht berechenbar ist, weil es Ablaufprozessen folgt. Zumindest verstehe ich Deine (wie ich finde gelungene) Erklärung so.

Mit Angelegenheiten aus komplexen Systemen - in Deinem Beispiel das, was dann darin als Kommunikation stattfindet oder was sich die Beteiligten dazu denken - sieht es etwas anders aus.

Kennst Du Picassos "Guernica"? Versuch mal das, was das Bild mit Dir macht, so zu verallgemeinern, dass daraus etwas wird, mit dem sich jeder identifizieren kann und zu dem niemand mehr Kontext benötigt ... Picasso soll häufiger seine Restaurantrechnungen mit Skizzen auf einer Serviette bezahlt haben. Denkst Du, das ginge mit Guernica?

Ich kann Dir die grundlegende Herleitung der Schrödinger'schen Gleichung auf eine Serviette schreiben, denke aber nicht, dass das Managern etwas nützt :)

Komplexe Verhalte kommen mit Kontext.

Wer versucht, komplexe Zusammenhänge Sechsjährigen transparent zu machen, der liefert dazu entsprechenden Kontext.
Wer versucht, komplexe Zusammenhänge auf einer Serviette erklärbar zu machen, der liefert ebenfalls dazu Kontext: Text, Bewegung, Interpretationsrahmen und so weiter.

Du kennst sicherlich das Bild vom Elefanten, der von Blinden abgetastet wird? Der Eine "sieht" einen Baumstamm, der Andere eine Schlange, der Nächste ein Seil und so weiter.
Wenn Du dieses Bild Menschen gibst, wird jeder dazu eine eigene Interpretation anlegen, denn die FORM, die Du lieferst, öffnet einen Interpretationsraum, in dem unklare, imaginäre und unbestimmte FORMen eine Rolle spielen.

Ich kenne Menschen, die lesen das Bild so: Ich bin aufgewacht, alle Anderen sind Blinde und sehen deshalb den Elefanten nicht.

Willst Du das Bild zur Veranschaulichung von Komplexität und Blinden Flecken liefern, wirst Du dazu Kontext liefern, um sicherzustellen, dass das Bild halbwegs in Deinem Vorstellungsrahmen interpretiert wird.

Und selbst dann kannst Du nicht sicherstellen, dass nicht am Ende dabei Interpretationen Deiner Leser, Zuhörer ... heraus kommen, die gänzlich an dem vorbeigehen, was Du vor hast.

Um sicherzustellen, dass ein auf einer Serviette dargestelltes Modell funktional interpretiert werden kann, brauchst Du entweder ein Modell, das so trivial ist, dass kaum jemand daran noch unklare FORMen generieren kann oder aber Du schaffst Kontext oder noch besser ein klares Referenzsystem.

Formwelt zum Beispiel ist so ein Referenzsystem. Ich kann Dir "Freiheit -> forme die nächste Möglichkeit" auf die Serviette malen, und Du bist dann nicht mehr darauf angewiesen zu halluzinieren, wie für mich "forme", "die", "nächste", "Möglichkeit" funktioniert, sondern kannst Dir jedes einzelne Konzept nehmen und Dir dazu im Referenzsystem die nächsten Referenzen holen, Dir auf Deine Serviette malen und Dir dann wiederum deren Referenzen im Referenzsystem zusammen bauen.

Ohne halbwegs eindeutiges Referenzsystem keine halbwegs eindeutige Einfachheit. Der fragwürdige Konsens, der sich an unklaren Formen ohne klärenden Kontext bildet, muss in und an der Praxis überprüft werden.

Wenn wir Beispiele liefern, um Modelle zu veranschaulichen, sagen viele Zuhörer "Ahhhhhhh". Aber Beispiele schränken den Interpretationsraum ein, sind abstrakt und ermöglichen nur demjenigen mehrdimensionales Konstruieren und Komplexitätsbewältigen, der fähig dazu ist, über das Beispiel tiefer ins Modell einzusteigen und es dort zu überwinden, um eben andere Dimensionen zu formen.

Deshalb liefern wir Beispiele nicht ohne das Modell. Deshalb liefern wir in der Regel Servietten-Erklärungen nicht ohne mehr Kontext, ohne dazu zu erklären, ohne dazu Artikel zu liefern oder Filme oder Vorträge zu halten. Und da wir dabei zwangsläufig auch mit unbestimmten, imaginären und unklaren FORMen arbeiten, können wir so über die gelieferte Servietten-Erklärung nicht garantieren, dass der Erklärungsversuch funktional gelungen ist. Das kann uns hinterher nur der Zuhörer demonstrieren, indem er mit dem Modell arbeitet und tatsächlich das leistet, was das Modell (angeblich) verspricht.

Ich erlebe immer wieder, dass Einfachheit besonders dort eingefordert wird, wo die Bereitschaft (aus welchen Gründen auch immer) nicht besteht, komplexer zu denken oder Komplexeres zu liefern.

Doch im Zweifelsfall kann der Zuhörer n i c h t entscheiden, ob derjenige, der das Modell liefert, einfach genug war, da er das Material noch nicht kennt. Er kann mehr Erklärungen einfordern, aber es kann ihm passieren, dass ihm der Erklärende sagt: "Bitte entschuldigen Sie, aber die Form von Einfachheit, die Sie hier fordern, gibt das Modell nur her, wenn ich es so trivialisiere, dass es nicht mehr funktioniert. Entweder Sie wollen das lernen, dann müssen Sie sich mehr anstrengen, oder Sie müssen meinen Kurs verlassen."

Wiederholt: "Einfacher" bedeutet nicht gleich "passender". Wenn ich den Anspruch der Einfachheit stelle, kann ich auch ein Modell generieren, das völlig dysfunktional ist.

Ich möchte dazu anregen darüber nachzudenken, nicht allein zu versuchen, die Dinge einfacher zu machen, sondern Modelle, Tools, Methoden, Konzepte zu konstruieren, die jenen, die damit arbeiten (sollen) ermöglichen, sich damit und daran zu emanzipieren.

Ich würde dem gestressten Manager viel weniger "auf die Serviette erklären", sondern ihm vielmehr dabei behilflich sein, sich selbst etwas zu konstruieren, mit dem er so arbeiten kann, dass es ihm künftig gelingt, seinen Distress selbst in Eustress, Entspannung und ruhiges Komplexitätsmanagement. Das wäre mein Überprüfungskriterium - nicht Einfachheit.

Kann sein, ich finde dabei sinnvoll, etwas auf der Serviette zu erklären. Zum Leitziel würde ich das aber nicht nur aus oben benannten Gründen machen, sondern auch deshalb, weil es den Blickwinkel auf die Methode eingrenzt und vom Ziel wegführen kann. Mein Ziel wäre ein stress-emanzipierter resilienter Manager, der künftig ohne mich zurecht kommt.

Ich hoffe, meine zusätzlichen Gedanken machen die Sache noch klarer für Dich?

Liebe Grüße
Gitta
Gitta Peyn
Gitta Peyn, am 30. April 2020 um 11:08 Uhr
Bei diesem Absatz:

"Ich würde dem gestressten Manager viel weniger "auf die Serviette erklären", sondern ihm vielmehr dabei behilflich sein, sich selbst etwas zu konstruieren, mit dem er so arbeiten kann, dass es ihm künftig gelingt, seinen Distress selbst in Eustress, Entspannung und ruhiges Komplexitätsmanagement ..."

fehlt hinter "und ruhiges Komplexitätsmanagement" "zu überführen".

Ich bitte um Entschuldigung.

Kommentar schreiben

Melde Dich an, um einen Kommentar zu hinterlassen.

Teilen

Weitere Inhalte

Kennst Du schon LeanAroundTheClock?

  • größtes LeanEvent im deutschsprachigen Raum
  • Szenetreffen der deutschsprachigen LEANcommunity
  • ohne Namensschild und Hierarchie – come as you are