Gitta Peyn
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Gitta Peyn, 1965, Systemtheoretikerin, Kybernetikern, Co-Entwicklerin der Universalsprache FORMWELT und der Erkenntnislogik WELTFORM. Gründungsmitglied des wissenschaftlichen Teams des Formwelten-Instituts, Beratendes Mitglied der ISET Education Foundation, India.
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Gitta Peyn hat auf einen Kommentar geantwortet, am 24. Juni 2020 um 18:31 UhrDominik, am 23. Juni 2020 um 14:33 UhrZugegeben, ich habe diesen Text mehr als einmal gelesen, mag aber einmal das Thema verlassen das hier zu diesem Artikel geführt hat - auch wenn es ein Paradebeispiel dafür ist, was bei uns Menschen wahrlich falsch läuft, der mangel an Perspektivierung.
Wir Menschen tun uns schwer den Fokus auf spezifische Perspektiven zu richten, "kühl und analytisch" vor zu gehen und dabei zu verstehen das "kühl und analytisch" nicht die Menschlichkeit, das Miteinander und auch nicht den Einzelnen ausschließt. Aber es setzt voraus, sein Inneres, sein "Ich" fuer einen Moment aufzulösen, zu verlassen - wohlgemerkt - zum wohle aller UND für sich selbst.
Natuerlich frage ich mich, wie kann das gelingen? Wie lerne ich das? Aber um ehrlich zu sein, fängt das Problem genau da an. Es liegt viel mehr an mir selbst, an meinem Beitrag und an meiner Veränderung - als zu verlangen das alle anderen sich verändern. Letzteres ist doch im Grunde genommen nur eine Ausrede, und im großen Kontext zu dem was meine Kinder einmal erwarten wird - und wenn ich das Perspektivieren nicht übe, auch irgendwie ein stück Feigheit. Nein mehr noch - sich der Verantwortung zu entziehen.
Beste grüsse aus Dænemark ;)Gitta Peyn, am 24. Juni 2020 um 18:31 UhrHerzlichen Dank, lieber Dominik!
Ja, das Artikel-Thema eignet sich sehr gut dafür, um polykontexturales - oder mehrdimensionales oder multiperspektivisches - Denken zu veranschaulichen.
Ich habe mich sehr über Deinen Kommentar gefreut - vielen Dank.
Analytisch-kühles Denken, rein verstanden als lineares Denken, kann Menschliches oft schwer einbeziehen. Ganz anders sieht es aus, wenn es mehrdimensional wird, hohe Komplexitäten berücksichtigen und gleichzeitig respezifizieren kann. Es braucht aber dafür Beobachter, die erkennen können, was da passiert, siehe unten Komplexitätsmanagement.
Eine Möglichkeit das zu lernen, besteht darin, die Kontextfrage so vielgestaltig wie einem das gerade gelingt, zu stellen.
Eine andere, bzw. eine erweiternde darin, gleich zu üben, mehrere Dimensionen an das Thema anzulegen.
Ich habe das hier einmal an Ideologie vs. Weltanschauung vorgeführt:
https://carl-auer-akademie.com/blogs/systemzeit/2017/12/28/im-gleichschritt-marsch-1-die-funktion-der-ideologie/
(der Artikel hat 3 Teile, die umzugsbedingt jetzt direkt beim Magazin des Carl Auer Verlags gefunden werden können:
https://www.carl-auer.de/magazin/systemzeit?fbclid=IwAR0gRglhwSCcD0UamVR3Vl7uQb9OOmejrSsDJ7rdookndO8TqV8E8jqL_CQ)
Hier das Modell dazu, wie wir empirisch zwischen verschiedenen Stufen/FORMen von Komplexitätsmanagement unterscheiden und uns so die Fragen beantworten können:
- Welches Komplexitätsmanagement beobachte ich gerade (bei mir, anderen, in Welt)?
- Welche KomplexitätsmanagementFORMen benötige ich, benötigen Andere, benötigt Gesellschaft, um dieses/diese Problem/e funktional zu managen?
- Wie wirken sich Diskrepanzen in Komplexitätsmanagement in Organisation und Gesellschaft als Konflikte aus?
- Welche KomplexitätsmanagementFORMen muss ich wählen, um sozial kompatibel zu adressieren?
- Wie stelle ich Teams usw. komplexitätsadäquat auf?
...
https://www.carl-auer.de/magazin/systemzeit/komplexitatsmanagement-modell-stufen-formen
Ich würde grundsätzlich von Anderen nicht erwarten sich zu verändern, sondern, genau, immer zuerst von mir selbst. Ich würde das auch vor dem Hintergrund der Metakrisen unserer Zeit nicht tun, denn dann vertue ich wertvolle Zeit.
Herzliche und dankbare Grüße aus dem Wendland zurück
Gitta -
Gitta Peyn hat auf einen Kommentar geantwortet, am 30. April 2020 um 11:08 UhrAndré Claaßen , am 28. April 2020 um 17:51 UhrHallo Gitta,
danke für diesen Beitrag. Ich möchte sagen, dass ich in diesem Beitrag für mich viele gute Erkenntnisse ziehen können. Dafür bedanke ich mich.
Meine wichtigsten Eindrücke aus deinem Artikel:
- Die Wichtigkeit, dass alle Beteiligten lernen systemisch zu denken.
- Der Grad der Komplexität ist immer vom Beobachter abhängig und daher keine absolute Größe.
- Die Gefahr der Übersimplifizierung von Sachverhalten.
Vielleicht noch eines zum Sechsjährigen. Ich muss hier nicht an Einstein, sondern an David Snowden denken der darauf beharrt, dass Modelle auf einer Serviette erklärbar sein müssen. Seine Zielgruppe sind, zumindest habe ich es so verstanden, gestresste Unternehmer. Und jetzt denke ich gerade über meinen eigenen (selbstgemachten?) Stress nach und was das für meine kognitiven Fähigkeiten bedeutet.
Mit diesen Gedanken sage ich Danke für einen schönen Beitrag.
André
P.S: Mein eigener Versuch, die Management-Methode Objectives & Key Results für einen fiktiven 5-Jährigen zu erklären, war leider nur mässig erfolgreich:
https://andreclaassen.de/post/okr/okrs-ganz-einfach-erklaert/Gitta Peyn, am 30. April 2020 um 10:53 UhrLieber André,
herzlichen Dank für Deinen Kommentar.
Deine wichtigsten Eindrücke sind genau das, was mir am meisten am Herzen gelegen hat.
Lass mich zu der Idee, Modelle auf einer Serviette zu erklären, etwas sagen:
Wenn Du ORKs beschreibst, beschreibst Du ein Phänomen, dessen Komplexität deshalb noch relativ leicht berechenbar ist, weil es Ablaufprozessen folgt. Zumindest verstehe ich Deine (wie ich finde gelungene) Erklärung so.
Mit Angelegenheiten aus komplexen Systemen - in Deinem Beispiel das, was dann darin als Kommunikation stattfindet oder was sich die Beteiligten dazu denken - sieht es etwas anders aus.
Kennst Du Picassos "Guernica"? Versuch mal das, was das Bild mit Dir macht, so zu verallgemeinern, dass daraus etwas wird, mit dem sich jeder identifizieren kann und zu dem niemand mehr Kontext benötigt ... Picasso soll häufiger seine Restaurantrechnungen mit Skizzen auf einer Serviette bezahlt haben. Denkst Du, das ginge mit Guernica?
Ich kann Dir die grundlegende Herleitung der Schrödinger'schen Gleichung auf eine Serviette schreiben, denke aber nicht, dass das Managern etwas nützt :)
Komplexe Verhalte kommen mit Kontext.
Wer versucht, komplexe Zusammenhänge Sechsjährigen transparent zu machen, der liefert dazu entsprechenden Kontext.
Wer versucht, komplexe Zusammenhänge auf einer Serviette erklärbar zu machen, der liefert ebenfalls dazu Kontext: Text, Bewegung, Interpretationsrahmen und so weiter.
Du kennst sicherlich das Bild vom Elefanten, der von Blinden abgetastet wird? Der Eine "sieht" einen Baumstamm, der Andere eine Schlange, der Nächste ein Seil und so weiter.
Wenn Du dieses Bild Menschen gibst, wird jeder dazu eine eigene Interpretation anlegen, denn die FORM, die Du lieferst, öffnet einen Interpretationsraum, in dem unklare, imaginäre und unbestimmte FORMen eine Rolle spielen.
Ich kenne Menschen, die lesen das Bild so: Ich bin aufgewacht, alle Anderen sind Blinde und sehen deshalb den Elefanten nicht.
Willst Du das Bild zur Veranschaulichung von Komplexität und Blinden Flecken liefern, wirst Du dazu Kontext liefern, um sicherzustellen, dass das Bild halbwegs in Deinem Vorstellungsrahmen interpretiert wird.
Und selbst dann kannst Du nicht sicherstellen, dass nicht am Ende dabei Interpretationen Deiner Leser, Zuhörer ... heraus kommen, die gänzlich an dem vorbeigehen, was Du vor hast.
Um sicherzustellen, dass ein auf einer Serviette dargestelltes Modell funktional interpretiert werden kann, brauchst Du entweder ein Modell, das so trivial ist, dass kaum jemand daran noch unklare FORMen generieren kann oder aber Du schaffst Kontext oder noch besser ein klares Referenzsystem.
Formwelt zum Beispiel ist so ein Referenzsystem. Ich kann Dir "Freiheit -> forme die nächste Möglichkeit" auf die Serviette malen, und Du bist dann nicht mehr darauf angewiesen zu halluzinieren, wie für mich "forme", "die", "nächste", "Möglichkeit" funktioniert, sondern kannst Dir jedes einzelne Konzept nehmen und Dir dazu im Referenzsystem die nächsten Referenzen holen, Dir auf Deine Serviette malen und Dir dann wiederum deren Referenzen im Referenzsystem zusammen bauen.
Ohne halbwegs eindeutiges Referenzsystem keine halbwegs eindeutige Einfachheit. Der fragwürdige Konsens, der sich an unklaren Formen ohne klärenden Kontext bildet, muss in und an der Praxis überprüft werden.
Wenn wir Beispiele liefern, um Modelle zu veranschaulichen, sagen viele Zuhörer "Ahhhhhhh". Aber Beispiele schränken den Interpretationsraum ein, sind abstrakt und ermöglichen nur demjenigen mehrdimensionales Konstruieren und Komplexitätsbewältigen, der fähig dazu ist, über das Beispiel tiefer ins Modell einzusteigen und es dort zu überwinden, um eben andere Dimensionen zu formen.
Deshalb liefern wir Beispiele nicht ohne das Modell. Deshalb liefern wir in der Regel Servietten-Erklärungen nicht ohne mehr Kontext, ohne dazu zu erklären, ohne dazu Artikel zu liefern oder Filme oder Vorträge zu halten. Und da wir dabei zwangsläufig auch mit unbestimmten, imaginären und unklaren FORMen arbeiten, können wir so über die gelieferte Servietten-Erklärung nicht garantieren, dass der Erklärungsversuch funktional gelungen ist. Das kann uns hinterher nur der Zuhörer demonstrieren, indem er mit dem Modell arbeitet und tatsächlich das leistet, was das Modell (angeblich) verspricht.
Ich erlebe immer wieder, dass Einfachheit besonders dort eingefordert wird, wo die Bereitschaft (aus welchen Gründen auch immer) nicht besteht, komplexer zu denken oder Komplexeres zu liefern.
Doch im Zweifelsfall kann der Zuhörer n i c h t entscheiden, ob derjenige, der das Modell liefert, einfach genug war, da er das Material noch nicht kennt. Er kann mehr Erklärungen einfordern, aber es kann ihm passieren, dass ihm der Erklärende sagt: "Bitte entschuldigen Sie, aber die Form von Einfachheit, die Sie hier fordern, gibt das Modell nur her, wenn ich es so trivialisiere, dass es nicht mehr funktioniert. Entweder Sie wollen das lernen, dann müssen Sie sich mehr anstrengen, oder Sie müssen meinen Kurs verlassen."
Wiederholt: "Einfacher" bedeutet nicht gleich "passender". Wenn ich den Anspruch der Einfachheit stelle, kann ich auch ein Modell generieren, das völlig dysfunktional ist.
Ich möchte dazu anregen darüber nachzudenken, nicht allein zu versuchen, die Dinge einfacher zu machen, sondern Modelle, Tools, Methoden, Konzepte zu konstruieren, die jenen, die damit arbeiten (sollen) ermöglichen, sich damit und daran zu emanzipieren.
Ich würde dem gestressten Manager viel weniger "auf die Serviette erklären", sondern ihm vielmehr dabei behilflich sein, sich selbst etwas zu konstruieren, mit dem er so arbeiten kann, dass es ihm künftig gelingt, seinen Distress selbst in Eustress, Entspannung und ruhiges Komplexitätsmanagement. Das wäre mein Überprüfungskriterium - nicht Einfachheit.
Kann sein, ich finde dabei sinnvoll, etwas auf der Serviette zu erklären. Zum Leitziel würde ich das aber nicht nur aus oben benannten Gründen machen, sondern auch deshalb, weil es den Blickwinkel auf die Methode eingrenzt und vom Ziel wegführen kann. Mein Ziel wäre ein stress-emanzipierter resilienter Manager, der künftig ohne mich zurecht kommt.
Ich hoffe, meine zusätzlichen Gedanken machen die Sache noch klarer für Dich?
Liebe Grüße
GittaGitta Peyn, am 30. April 2020 um 11:08 UhrBei diesem Absatz:
"Ich würde dem gestressten Manager viel weniger "auf die Serviette erklären", sondern ihm vielmehr dabei behilflich sein, sich selbst etwas zu konstruieren, mit dem er so arbeiten kann, dass es ihm künftig gelingt, seinen Distress selbst in Eustress, Entspannung und ruhiges Komplexitätsmanagement ..."
fehlt hinter "und ruhiges Komplexitätsmanagement" "zu überführen".
Ich bitte um Entschuldigung. -
Gitta Peyn hat auf einen Kommentar geantwortet, am 30. April 2020 um 10:53 UhrAndré Claaßen , am 28. April 2020 um 17:51 UhrHallo Gitta,
danke für diesen Beitrag. Ich möchte sagen, dass ich in diesem Beitrag für mich viele gute Erkenntnisse ziehen können. Dafür bedanke ich mich.
Meine wichtigsten Eindrücke aus deinem Artikel:
- Die Wichtigkeit, dass alle Beteiligten lernen systemisch zu denken.
- Der Grad der Komplexität ist immer vom Beobachter abhängig und daher keine absolute Größe.
- Die Gefahr der Übersimplifizierung von Sachverhalten.
Vielleicht noch eines zum Sechsjährigen. Ich muss hier nicht an Einstein, sondern an David Snowden denken der darauf beharrt, dass Modelle auf einer Serviette erklärbar sein müssen. Seine Zielgruppe sind, zumindest habe ich es so verstanden, gestresste Unternehmer. Und jetzt denke ich gerade über meinen eigenen (selbstgemachten?) Stress nach und was das für meine kognitiven Fähigkeiten bedeutet.
Mit diesen Gedanken sage ich Danke für einen schönen Beitrag.
André
P.S: Mein eigener Versuch, die Management-Methode Objectives & Key Results für einen fiktiven 5-Jährigen zu erklären, war leider nur mässig erfolgreich:
https://andreclaassen.de/post/okr/okrs-ganz-einfach-erklaert/Gitta Peyn, am 30. April 2020 um 10:53 UhrLieber André,
herzlichen Dank für Deinen Kommentar.
Deine wichtigsten Eindrücke sind genau das, was mir am meisten am Herzen gelegen hat.
Lass mich zu der Idee, Modelle auf einer Serviette zu erklären, etwas sagen:
Wenn Du ORKs beschreibst, beschreibst Du ein Phänomen, dessen Komplexität deshalb noch relativ leicht berechenbar ist, weil es Ablaufprozessen folgt. Zumindest verstehe ich Deine (wie ich finde gelungene) Erklärung so.
Mit Angelegenheiten aus komplexen Systemen - in Deinem Beispiel das, was dann darin als Kommunikation stattfindet oder was sich die Beteiligten dazu denken - sieht es etwas anders aus.
Kennst Du Picassos "Guernica"? Versuch mal das, was das Bild mit Dir macht, so zu verallgemeinern, dass daraus etwas wird, mit dem sich jeder identifizieren kann und zu dem niemand mehr Kontext benötigt ... Picasso soll häufiger seine Restaurantrechnungen mit Skizzen auf einer Serviette bezahlt haben. Denkst Du, das ginge mit Guernica?
Ich kann Dir die grundlegende Herleitung der Schrödinger'schen Gleichung auf eine Serviette schreiben, denke aber nicht, dass das Managern etwas nützt :)
Komplexe Verhalte kommen mit Kontext.
Wer versucht, komplexe Zusammenhänge Sechsjährigen transparent zu machen, der liefert dazu entsprechenden Kontext.
Wer versucht, komplexe Zusammenhänge auf einer Serviette erklärbar zu machen, der liefert ebenfalls dazu Kontext: Text, Bewegung, Interpretationsrahmen und so weiter.
Du kennst sicherlich das Bild vom Elefanten, der von Blinden abgetastet wird? Der Eine "sieht" einen Baumstamm, der Andere eine Schlange, der Nächste ein Seil und so weiter.
Wenn Du dieses Bild Menschen gibst, wird jeder dazu eine eigene Interpretation anlegen, denn die FORM, die Du lieferst, öffnet einen Interpretationsraum, in dem unklare, imaginäre und unbestimmte FORMen eine Rolle spielen.
Ich kenne Menschen, die lesen das Bild so: Ich bin aufgewacht, alle Anderen sind Blinde und sehen deshalb den Elefanten nicht.
Willst Du das Bild zur Veranschaulichung von Komplexität und Blinden Flecken liefern, wirst Du dazu Kontext liefern, um sicherzustellen, dass das Bild halbwegs in Deinem Vorstellungsrahmen interpretiert wird.
Und selbst dann kannst Du nicht sicherstellen, dass nicht am Ende dabei Interpretationen Deiner Leser, Zuhörer ... heraus kommen, die gänzlich an dem vorbeigehen, was Du vor hast.
Um sicherzustellen, dass ein auf einer Serviette dargestelltes Modell funktional interpretiert werden kann, brauchst Du entweder ein Modell, das so trivial ist, dass kaum jemand daran noch unklare FORMen generieren kann oder aber Du schaffst Kontext oder noch besser ein klares Referenzsystem.
Formwelt zum Beispiel ist so ein Referenzsystem. Ich kann Dir "Freiheit -> forme die nächste Möglichkeit" auf die Serviette malen, und Du bist dann nicht mehr darauf angewiesen zu halluzinieren, wie für mich "forme", "die", "nächste", "Möglichkeit" funktioniert, sondern kannst Dir jedes einzelne Konzept nehmen und Dir dazu im Referenzsystem die nächsten Referenzen holen, Dir auf Deine Serviette malen und Dir dann wiederum deren Referenzen im Referenzsystem zusammen bauen.
Ohne halbwegs eindeutiges Referenzsystem keine halbwegs eindeutige Einfachheit. Der fragwürdige Konsens, der sich an unklaren Formen ohne klärenden Kontext bildet, muss in und an der Praxis überprüft werden.
Wenn wir Beispiele liefern, um Modelle zu veranschaulichen, sagen viele Zuhörer "Ahhhhhhh". Aber Beispiele schränken den Interpretationsraum ein, sind abstrakt und ermöglichen nur demjenigen mehrdimensionales Konstruieren und Komplexitätsbewältigen, der fähig dazu ist, über das Beispiel tiefer ins Modell einzusteigen und es dort zu überwinden, um eben andere Dimensionen zu formen.
Deshalb liefern wir Beispiele nicht ohne das Modell. Deshalb liefern wir in der Regel Servietten-Erklärungen nicht ohne mehr Kontext, ohne dazu zu erklären, ohne dazu Artikel zu liefern oder Filme oder Vorträge zu halten. Und da wir dabei zwangsläufig auch mit unbestimmten, imaginären und unklaren FORMen arbeiten, können wir so über die gelieferte Servietten-Erklärung nicht garantieren, dass der Erklärungsversuch funktional gelungen ist. Das kann uns hinterher nur der Zuhörer demonstrieren, indem er mit dem Modell arbeitet und tatsächlich das leistet, was das Modell (angeblich) verspricht.
Ich erlebe immer wieder, dass Einfachheit besonders dort eingefordert wird, wo die Bereitschaft (aus welchen Gründen auch immer) nicht besteht, komplexer zu denken oder Komplexeres zu liefern.
Doch im Zweifelsfall kann der Zuhörer n i c h t entscheiden, ob derjenige, der das Modell liefert, einfach genug war, da er das Material noch nicht kennt. Er kann mehr Erklärungen einfordern, aber es kann ihm passieren, dass ihm der Erklärende sagt: "Bitte entschuldigen Sie, aber die Form von Einfachheit, die Sie hier fordern, gibt das Modell nur her, wenn ich es so trivialisiere, dass es nicht mehr funktioniert. Entweder Sie wollen das lernen, dann müssen Sie sich mehr anstrengen, oder Sie müssen meinen Kurs verlassen."
Wiederholt: "Einfacher" bedeutet nicht gleich "passender". Wenn ich den Anspruch der Einfachheit stelle, kann ich auch ein Modell generieren, das völlig dysfunktional ist.
Ich möchte dazu anregen darüber nachzudenken, nicht allein zu versuchen, die Dinge einfacher zu machen, sondern Modelle, Tools, Methoden, Konzepte zu konstruieren, die jenen, die damit arbeiten (sollen) ermöglichen, sich damit und daran zu emanzipieren.
Ich würde dem gestressten Manager viel weniger "auf die Serviette erklären", sondern ihm vielmehr dabei behilflich sein, sich selbst etwas zu konstruieren, mit dem er so arbeiten kann, dass es ihm künftig gelingt, seinen Distress selbst in Eustress, Entspannung und ruhiges Komplexitätsmanagement. Das wäre mein Überprüfungskriterium - nicht Einfachheit.
Kann sein, ich finde dabei sinnvoll, etwas auf der Serviette zu erklären. Zum Leitziel würde ich das aber nicht nur aus oben benannten Gründen machen, sondern auch deshalb, weil es den Blickwinkel auf die Methode eingrenzt und vom Ziel wegführen kann. Mein Ziel wäre ein stress-emanzipierter resilienter Manager, der künftig ohne mich zurecht kommt.
Ich hoffe, meine zusätzlichen Gedanken machen die Sache noch klarer für Dich?
Liebe Grüße
GittaGitta Peyn, am 30. April 2020 um 11:08 UhrBei diesem Absatz:
"Ich würde dem gestressten Manager viel weniger "auf die Serviette erklären", sondern ihm vielmehr dabei behilflich sein, sich selbst etwas zu konstruieren, mit dem er so arbeiten kann, dass es ihm künftig gelingt, seinen Distress selbst in Eustress, Entspannung und ruhiges Komplexitätsmanagement ..."
fehlt hinter "und ruhiges Komplexitätsmanagement" "zu überführen".
Ich bitte um Entschuldigung.