Das richtige Werkzeug für den Job - Teil 2
Im ersten Teil hat Peter Rubarth, Senior Agil Coach bei der solarisBank AG das Cynefin Framework vorgestellt. In diesem 2. Teil geht er darauf ein wie das Cynefin Framework helfen kann, die diversen Aufgabenstellungen zu bewältigen mit denen der Operationsbereich zu tun hat.
Nachdem ich Gelegenheit hatte, ein grundlegendes Vorgehen zu konzipieren, beraten die Leiterin eines der Operations Teams und ich die praktische Umsetzung. Das Team ist sehr beschäftigt und kann nicht für einen Tag aus dem Tagesgeschäft genommen werden, um einen Workshop durchzuführen (zumindest nicht ohne Service Level Agreements zu verletzen). Gleichzeitig ist es uns wichtig, alle Perspektiven einzubinden.
Wir entscheiden uns für ein Vorgehen mit mehreren, aufeinander aufbauenden Einzelterminen, die jeweils nicht länger als 90 Minuten sind. Auf diese Weise kann der Prozess gut in den Arbeitsalltag integriert werden. Gleichzeitig gibt diese Vorgehen den Teilnehmenden Zeit, die Ergebnisse der einzelnen Termine zu reflektieren.
Aus Veranstalterperspektive ist das initiale Investment deutlich begrenzt. Wir lernen mit jeder Session und können das Vorgehen justieren. bzw. im Extremfall abbrechen, sollte sich zeigen, dass der Ansatz nicht wie erhofft funktioniert.
Ich schlage weiterhin ein mehrstufiges Vorgehen vor - wobei die Stufen aufeinander aufbauen. Je nach Situation kann es ausreichen, nur die erste Stufe zu absolvieren, oder den Prozess fortzusetzen.
Die Stufen sind:
- Aufgabenstellungen Domains zuordnen und jeweilige Vorgehensweisen reflektieren
- Methoden zu Domains zuordnen und für Aufgabenstellungen auswählen
- Teamkompetenzen in den Domains reflektieren und Maßnahmen ableiten
Stufe 1 - Was ist was? Aufgabenstellungen auf Domains abbilden
Die Intention hinter der Durchführung dieser Stufe ist, die vorliegenden Problembereiche den Cynefin Domains zuzuordnen und anhand dieser Zuordnung zu reflektieren, welche Art von Vorgehen angemessen ist, und ob sich aus dieser Betrachtung Anpassungen am bisherigen Vorgehen ergeben.
Folgender Ablauf hat sich bewährt:
Erster Termin
- Cynefin Framework einführen
- Relevante Aufgabenstellungen sammeln
- Aufgabenstellungen den Domains zuordnen
Zweiter Termin
- Zuordnung reflektieren und ggf. anpassen
- Für alle Einträge die von Cynefin empfohlene Vorgehensweise mit der aktuellen Vorgehensweise vergleichen
- Abweichungen reflektieren und Schlussfolgerungen ableiten
Praktische Anwendung
Es folgt eine detaillierte Beschreibung der Prozessschritte und exemplarischer Arbeitsergebnisse.
Cynefin Framework einführen
Im einfachsten Fall wird das Framework vorgestellt und anhand von Alltagsbeispielen illustriert. Es gibt auch moderierte Übungen, um die Unterschiede zwischen den Domains praktisch zu erleben, z.B. hier und hier. Mit diesem Schritt werden die Teilnehmer an der Veranstaltung in die Lage versetzt, mit dem Cynefin Framework zu arbeiten.
Relevante Aufgabenstellungen sammeln
Dieser Schritt ist ein mehr oder weniger einfaches Brainstorming und offen oder mittels Silent Brainwriting erfolgen (wenn sich die Teilnehmer nicht gegenseitig beeinflussen sollen).
Bei der Durchführung der Sammlung im Operationsbereich könnte sich beispielsweise diese Liste an Aufgabenstellungen ergeben:
- Einsatzplanung
- Durchführung einer Identitätsprüfung für eine Einzelfirma
- Durchführung der Identitätsprüfung für eine GmBH und Co KG
- Durchführung der Identitätsprüfung für eine AG mit ausländischen Mehrheitsgesellschaftern
- Aufnahme eines B2B Kunden für ein Standardprodukt
- Aufnahme eines B2B Kunden für ein Individuallösung mit mehreren speziell entwickelten Produktkomponenten
- Automatisierung eines bisher manuellen Prozesses
- Zuarbeit für einen Audit
- Vorübergehender Ausfall eines zentralen IT-Systems
- Datenleck bei einem Dienstleister wird gemeldet
- Plötzlicher Ausfall von mehreren Teammitgliedern
Aufgabenstellungen den Domains zuordnen
Für diesen Schritt wird die vorher erstellte Liste von Aufgabenstellungen verwendet und auf das Cynefin Modell zugeordnet.
Für alle Einträge die von Cynefin empfohlene Vorgehensweise mit der aktuellen Vorgehensweise vergleichen
Mit der Zuordnung der Aufgabenstellungen zu den Cynefin Domains ergibt sich schon einmal eine visueller Eindruck, wie die Aufgaben hinsichtlich Cynefin verteilt sind. Diese Visualisierung kann für sich schon Einsichten ermöglichen, beispielsweise weil damit eine Erklärung dafür verfügbar ist, warum manche Themen Probleme machen und andere nicht.
Dieser Schritt der Bearbeitung geht jedoch weiter.
Zuerst werden die Handlungsempfehlungen des Cynefin Frameworks näher betrachtet:
Domain | Handlungsempfehlung | Beispiel |
Clear | Sense - Categorize - Respond Erkennen - Kategorisieren - Reagieren |
Durchführung einer Transaktion: Eingabe der Parameter, Prüfung und Freigabe |
Complicated | Sense - Analyze - Respond Erkennen - Analysieren - Reagieren |
Analyse der Beteiligungsstrukturen an einer juristischen Person: Auswertung der Dokumente bis hinreichende Klarheit erlangt ist |
Complex | Probe - Sense - Respond Ausprobieren - Erkennen - Reagieren |
Iterative Entwicklung einer Prozessautomatisierung: Start mit end-to-end Automatisierung der einfachsten Variante und graduelle Erweiterung um komplizierte Szenarien |
Chaotic | Act - Sense - Respond Handeln - Erkennen - Reagieren |
Unvorhergesehener Ausfall von Mitarbeitern: Neuverteilung der Aufgaben und Priorisierung |
Daraufhin werden die Teilnehmer gebeten, ihre aktuelle Vorgehensweise bei den einzelnen Aufgabengebieten mit den Cynefin Vorschlägen abzugleichen:
- Inwieweit entspricht unser aktuelles Vorgehen diesen Empfehlungen?
- Gibt es plausible Gründe für diese Abweichungen (oder wurde es einfach immer schon so gemacht)?
Abweichungen reflektieren und Schlussfolgerungen ableiten
Der nächste Schritt ist, dann die Ergebnisse des vorhergehenden Schrittes zu reflektieren:
- Welche Konsequenzen ergeben sich aus den Abweichungen?
- Wie könnte eine Cynefin konforme Arbeitsweise aussehen?
- Was wäre dadurch anders?
- Welche Vor-und Nachteile ergeben sich daraus?
- Wo lohnt es sich, tiefer einzusteigen? Wie könnte das aussehen?
Das Team ordnet seine Aufgabenstellungen den Cynefin Domains zu. Bei einigen Punkten entwickelt sich eine lebendige Diskussion, insbesondere wenn es darum geht ob etwas jetzt Complicated oder Complex einzuordnen ist. Die Diskussion unterstützt ein besseres gemeinsames Verständnis der beiden Konzepte und ihrer Abgrenzung.
Am Ende der Zuordnung zeigt sich, dass die meisten Themen in der Complicated Domain angesiedelt sind, sich aber auch in den drei anderen berücksichtigten Domains Themen wiederfinden.
Bei der Reflektion der Resultate zeigt sich, dass dieses Ergebnis auch ungefähr den Erwartungen entspricht und eine Erklärung dafür liefert, warum bisherige Automatisierungsbemühungen nicht wie erhofft voran gegangen sind. Die zu automatisierenden Aufgaben erforderen ein hoßes Maß an Expertenwissen, welches sich nicht ohne Weiteres zu automatisieren ist. Weitere Erkenntnisse sind, dass es für die Complex Themen kein systematisches Vorgehen gibt. Hinsichtlich der Aufgabenstellungen in der Chaotic Domain sind Extremfälle abgedeckt, wie der Ausfall von kritischen Software-Tools. Für “kleine Katastrophen” gibt es keine etablierten Vorgehensweisen.
Das Team beschließt als Maßnahmen:
- Pragmatische Abläufe für kleinere, unvorhergesehene Probleme entwickeln und testen
- Fachwissen für Complicated Themen breiter verteilen, um besser auf ungeplante Abwesenheiten reagieren zu können (ein typischer Auslöser für kleine Katastrophen)
- Investieren in ein einheitliches, systematisches Vorgehen bei Complex Themen
Der erste Schritt der dritten Maßnahme ist dabei die Fortsetzung des Cynefin Prozesses, um die Auswahl passender Werkzeuge zu unterstützen.
Stufe 2 - Methoden zu Domains zuordnen und für Aufgabenstellungen auswählen
Mit den Schritten in Stufe 1 ist es möglich, eine wesentliche bessere Vorstellung davon zu erhalten, in welchen Domains sich die Teilnehmer mit ihren Aufgabenstellungen bewegen. Darüber hinaus können wahrscheinlich bereits konkrete Maßnahmen abgeleitet werden, um mit den Herausforderungen angemessener umzugehen.
Für manche Herausforderungen sind einzelne Maßnahmen jedoch nicht ausreichend, um einen befriedigenden Zustand zu erreichen. Für diese Themen kann es sinnvoll sein, die Vorgehensweise insgesamt zu hinterfragen und anzupassen.
Werkzeuge stellen kondensierte Vorgehensweisen dar und können die Veränderung einer Vorgehensweise erheblich unterstützen, indem sie Orientierung und konkrete Hilfestellung bieten.
Wie eingangs erwähnt, liegen allen Werkzeuge bestimmte Grundannahmen zugrunde. Und über diese Grundannahmen lassen sie sich den Cynefin Dimensionen zuordnen.
Viele in der Praxis erlebte Probleme lassen sich dadurch erklären, dass Werkzeuge aus einer Domain auf Aufgabenstellungen einer anderer Domain angewendet werden. In diesem Fall passen die in dem Werkzeug kodierten Vorgehensweisen nicht auf auf die Aufgaben. Im besten Fall ist die Anwendung des Werkzeugs nutzlos. Oft ergeben sich aus der fehlenden Passung mehr oder weniger erhebliche Reibungsverluste, im schlimmsten fall wird der mit dem Werkzeug beabsichtigte Zweck komplett konterkariert und die Arbeit funktioniert in der Tat schlechter als vorher. Häufig zu beobachten ist auch, dass das Werkzeug an die Aufgabenstellung “angepasst” wird, um die fehlende Passung zu kompensieren. Damit geht jedoch auch der ursprüngliche Mehrwert des Werkzeugs verloren, weil sie bis zur kompletten Bedeutungslosigkeit verwässert wird, wo sie doch eigentlich Orientierung bieten sollte.
Kein Werkzeug allein kann ein Problem lösen und es ist immer Aufwand, etablierte Vorgehensweisen zu verlassen und neue zu erlernen. Mit der Anwendung eines Werkzeugs die der Natur der Aufgabenstellung im Sinne von Cynefin entspricht, lassen sich aber zumindest die erwähnten Reibungsverluste vermeiden. Dadurch steigt die Chance, dass das Potential des Werkzeugs zur Orientierung genutzt werden kann.
Werkzeuge je Domain
Nachdem in Stufe 1 die Aufgabenstellungen den Cynefin Domains zugeordnet wurden, fehlt für die Auswahl passender Werkzeuge lediglich eine Zuordnung der Werkzeuge zu den Cynefin Domains.
In manchen Fällen mag es unterschiedliche Ansichten bezüglich der Zuordnung geben (z.B. bei Scrum). Für die meisten Werkzeuge ist die Zuordnung einfach. Bei Bedarf kann eine eigene Zuordnung erstellt werden.
Mit dem Mapping der Werkzeuge ist es einfach zu erkennen, welche Werkzeuge für welche Aufgabenstellungen in Frage kommen. Es sind die Werkzeuge, welche sich derselben Cynefin Domain zugeordnet sind wie die Aufgabenstellung.
Aus allen hinsichtlich der Cynefin Domain passenden Werkzeugen kann dann das Werkzeug ausgewählt werden, welche eingesetzt werden soll.
Kriterien für die Auswahl der Werkzeuge können sein:
- Vorhandene Erfahrung mit dem Werkzeug
- Üblicher Aufwand der Werkzeugeinführung und Verwendung
- Verfügbare Softwareunterstützung.
Es ist wichtig, bei der Werkzeugauswahl zu priorisieren. Insgesamt sollten nicht zu viele Werkzeuge im Einsatz sein. Jedes Werkzeug verursacht Verwaltungsaufwand und jedes Werkzeug mehr erhöht die Komplexität.
Insbesondere sollten nicht mehr als ein Werkzeug gleichzeitig eingeführt werden. Solch ein Vorgehen würde mit großer Wahrscheinlichkeit die Beteiligten überfordern.
Es bietet sich dann, diejenige Aufgabenstellung mit dem größten Verbesserungsbedarf auszuwählen. Für diese Aufgabenstellung wird ein Werkzeug ausgewählt und eingeführt. Wenn diese Einführung abgeschlossen ist, kann der Vorgang mit der zweitwichtigsten Aufgabenstellung wiederholt werden sofern die Notwendigkeit groß genug ist.
Die Beschäftigung mit den Werkzeugen führt zu zwei Entschlüssen. Zum Einen möchte das Team Scrum für Projekte einführen (in angepasster Form, da diese Themen nur einen kleinen Teil der gemeinsamen Arbeit ausmachen). Zum Anderen soll Six Sigma zur Strukturierung von ausgewählten Themen von besonderer Bedeutung. Diese Auswahl mag überraschen, da Six Sigma als Complicated eingeordnet ist. Das entscheidende Argument für die Auswahl war, dass die lineare Struktur von Six Sigma als hilfreich erachtet wurde, um die Arbeit an dem umfangreichen Thema zu strukturieren und Schnellschüsse zu vermeiden.
Stufe 3 - Teamkompetenzen in den Domains reflektieren und Maßnahmen ableiten
Mit der dritten Stufe soll noch einmal ein ganz anderer Aspekt beleuchtet werden. Es soll darum gehen, wie die individuelle Positionierung innerhalb des Cynefin Frameworks aussieht und welche Folgerungen sich daraus für die Arbeit im Team ergeben.
Das Resultat der zweiten Stufe ist nach der Zuordnung der Aufgabenstellungen zu den Cynefin Domains eine Zuordnung von Aufgabenstellungen zu passenden Werkzeugen. Auf dieser Grundlage kann eine Entscheidung getroffen werden, welche Werkzeuge zur Unterstützung einer näheren Betrachtung unterzogen werden sollen.
Die bisherigen Schritte haben sich (ganz bewusst) auf sachliche Aspekte von Komplexität und den Umgang damit konzentriert. Eine implizite Annahme hinter diesem Vorgehen ist, dass sich alle Menschen gleich gut in den verschiedenen Cynefin Domains bewegen können und es lediglich darum geht, die richtige Domain zu identifizieren und dazu passende Vorgehensweisen auszuwählen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Identifikation der Domain und die Auswahl eines geeigneten Werkzeugs sehr hilfreich sein kann.
Gleichzeitig erlebe ich, dass Menschen ganz unterschiedliche Haltungen zum Thema Komplexität und der damit verbundenen Unsicherheit haben und sehr verschiedene Strategien zum Umgang damit verfolgen. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass jegliche Einordnungen Momentaufnahmen sind und jeder Mensch grundsätzlich die Kompetenzen zum effektiven Umgang mit Aufgabenstellungen aus allen Domains in sich trägt.
Dennoch halte ich es für erkenntnisreich, die aktuellen Wahrnehmungen und Handlungslogiken anzuschauen und im Hinblick auf die erfolgreiche Arbeit im Team zu reflektieren. Zuerst einmal kann die Erkenntnis, dass es unterschiedliche Präferenzen gibt, sehr entlastend sein. Das gilt sowohl für individuell als auch in der Zusammenarbeit. Konflikte (oder Missverständnisse) entstehen unter anderem daraus, dass unserem Handeln implizite Logiken zugrunde liegen und wir gewohnheitsmäßig davon ausgehen,m dass bei anderen Menschen dieselben Logiken zugrunde liegen. Handeln andere Menschen dann unserer impliziten Logik zuwider, unterstellen wir mitunter Inkompetenz oder niedere Beweggründe. Eine Kenntnis anderer Logiken (und das sind die Cynefin Handlungsempfehlungen) eröffnet neue, konstruktive Interpretationsmöglichkeiten gezeigten Verhaltens.
Auf der individuellen Ebene kann die Auseinandersetzung helfen zu verstehen, warum man sich mit bestimmten Fragestellungen oder Vorgehensweisen schwer tut.
Aus der Auseinandersetzung mit den individuellen Präferenzen lassen sich vielfältige Maßnahmen ableiten. Darunter sind beispielsweise:
- Identifikation von persönlichen Entwicklungsthemen (“Ich möchte gelassener mit Unsicherheit umgehen.”)
- Zuordnung von Aufgaben unter Berücksichtigung der aktuellen Stärken und Präferenzen im Hinblick auf Komplexität (bzw. alle Cynefin Domains)
Praktische Umsetzung
Cynefin Aussagen formulieren
Eine Möglichkeit der vertieften Auseinandersetzung mit Cynefin in der Gruppe sieht so aus, dass die Teilnehmer gebeten werden, zu allen 4 (+1) Domains aus ihrer Sicht typische Aussagen zu formulieren. Es bietet sich an, diesen Schritt als individuelle, stille Reflektion durchzuführen, um die persönliche Reflexion zu der Essenz der jeweiligen Domains zu stimulieren.
Die Einladung an die Teilnehmer ist dabei, für alle Domains passende Aussagen zu finden - allerdings ist es keine Pflicht, dass jeder Teilnehmende für jede Domain eine Formulierung beisteuert.
Vor dem Austausch über die Formulierung wird in erste Debriefing durchgeführt. Dabei werden die Teilnehmenden gebeten, zu reflektieren, inwieweit sie Unterschiede bei der Aufgabe hinsichtlich der verschiedenen Domains erlebt haben. Es ist zu erwarten, dass die Teilnehmenden sich mit manchen Domains leichter tun als mit anderen. Diese Wahrnehmung ist ein erster Hinweis auf persönliche Präferenzen.
Auswahl
Als nächsten Schritt wählen die Teilnehmenden für jede Domain die passendste Aussage auf, um mit dieser weiterzuarbeiten. Dieser Schritt dient der Fokussierung, und um der Gruppe zu ermöglichen, sich auszutauschen und nach der Einzelarbeit zur Arbeit als Gruppe zurück zu kehren.
Die nicht ausgewählten Aussagen bleiben dem “Gewinner” sichtbar. Die ausgewählte Aussage wird jedoch in geeigneter Weise hervorgehoben.
Wo zieht es euch hin?
Jetzt werden die Teilnehmenden gefragt, zu welcher Aussage sie sich am ehesten hingezogen fühlen. Dies ist ein Anzeichen dafür, in welcher der Domains sich die Teilnehmenden “zu Hause” fühlen.
Die Auseinandersetzung mit dem Domains wird fortgesetzt, indem die Teilnehmenden sich nacheinander gedanklich in die Domains begeben und spüren, welche Gedanken und Emotionen die jeweilige Position bei ihnen auslöst. Es ist hilfreich, wenn die Teilnehmenden diese Einsichten für die spätere Verwendung notieren (beispielsweise auf einem Arbeitsblatt).
Findet die Veranstaltung in Person (und nicht Remote) statt, kann das Cynefin Framework auf dem Boden abgebildet und von den Teilnehmenden “begangen” werden. Diese Art der Durchführung macht es allgemein sehr viel einfacher, sich in die Domains hinein zu spüren. Dennoch ist eine Durchführung per Video genauso möglich, nur eventuell etwas weniger wirksam.
Einsichten
Nachdem sich die Teilnehmenden mit ihrer “natürliche” Position und ihrer Haltung zu den anderen Domains beschäftigt haben, wird der Rückschluss zur gemeinsamen Arbeit geschlagen.
Die Teilnehmenden werden gebeten sich zu überlegen, welchen Bezug sie von den gewonnenen Erkenntnissen zu ihrer gemeinsamen Arbeit sie sehen und was sie mit mit den Einsichten tun möchten. Für diesen Schritt bietet es sich an, wieder erst individuell zu reflektieren und dann die Gedanken zu teilen. Eine Möglichkeit ist auch der Austausch in Kleingruppen und die Vorstellung der Ergebnisse in der großen Gruppe.
Die Formulierung ist bewusst offen gehalten, um keine Richtung für die Folgerungen vorzugeben. Ein Entschluss, sich auf Themen in der “Wohlfühl” Domain zu konzentrieren ist genauso gültig, wie der Vorsatz, sich mehr mit Themen auseinanderzusetzen, bei denen man sich unwohl fühlt.
Zum Abschluss wird die Gruppe gebeten, den Transfer der umgesetzten Ideen zu planen. Hierbei geht es darum, praktische Erfordernisse mit einzubeziehen und die Unterstützung der Gruppe für die einzelnen Maßnahmen einzuholen. Sollten praktische Hindernisse erkennbar sein, oder Widerstände in der Gruppe, kann eine Auflösung versucht werden. Auch wenn diese Auflösung nicht möglich sein sollte, ist die Kenntnis der persönlichen Vorsätze und der Widerstände im Moment unangenehm aber sehr viel besser, als beide Informationen nicht zu haben und sich dann über die nicht erfolgende Umsetzung zu wundern.
Mit der Durchführung von Schritt 3 wird der Bogen von den Aufgabenstellungen, über die Werkzeuge hin zu den individuellen Positionierungen abgeschlossen. Das Team beschließt den Prozess mit einem sehr viel bewussteren Umgang mit den Cynefin Domänen und einer gestärkten Kompetenz im Umgang mit den verschiedenen Herausforderungen.
Für das Team ergibt sich, dass linear-kausales Denken und der Wunsch nach Struktur und Ordnung verbreitet ist, einzelne Teammitglieder jedoch in Richtung des Gegenpols tendieren und sich mit vielen, schnell wechselnden Themen am wohlsten fühlen. Diese Einsicht hilft, manche Konflikte in der Vergangenheit zu erklären. Der Workshop geht zu Ende mit einer ressourcenorientierten Betrachtung, wo und wie die verschiedenen Kompetenzen zum Nutzen des Teams eingesetzt werden können.
Fazit
Teams, in Operations aber auch andernorts, sehen sich einer großen Vielfalt von Aufgabenstellungen gegenüber. Mit Hilfe des Cynefin Frameworks ist es möglich, Aufgabenstellungen dahingehend zu strukturieren, ob sie eher den Domains Clear, Complicated, Complex oder Chaotic zuzuordnen sind. Auf dieser Grundlage lassen sich angemessene Vorgehensweisen bestimmen und passende Werkzeuge auswählen.
Mit diese Grundlage fällt es leichter, angemessen mit den verschiedenen Aufgabenstellungen umzugehen.
Gleichzeitig bleibt der Umgang mit unterschiedlichen, oft komplexen Aufgabenstellungen anspruchsvoll und fordert individuelles Wachstum aller Beteiligten.
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