Emotionale Mitarbeiterbindung (affektive Mitarbeiterbindung) einfach erklärt
Was ist emotionale Mitarbeiterbindung (synonym: affektive Mitarbeiterbindung)? Wie lautet die Definition von emotionaler Mitarbeiterbindung? Wie entsteht emotionale Mitarbeiterbindung, was reduziert oder zerstört sie? Wie kann man affektive Mitarbeiterbindung stärken? Und was hat man als Arbeitgeber oder Führungskraft davon: Welche Effekte resultieren aus hoher emotionaler Mitarbeiterbindung?
In Zeiten von Fachkräftemangel und Arbeitskräftemangel bei zugleich nicht allzu rosigen Prognosen für die zukünftige Entwicklung rückt das Thema Mitarbeiterbindung immer stärker in den Fokus von Unternehmensleitungen, HR Business Partnern und Führungskräften. Was können wir tun, um die Mitarbeiterbindung zu steigern?
Aus dem Privatleben wissen wir: Bindung ist immer auf irgendetwas oder irgendwen gerichtet. Zu einer Bindung gehören immer zwei.
Das ist bei der Mitarbeiterbindung nicht anders: Wenn Mitarbeitende sich verbunden fühlen, dann zu dem Unternehmen, ihren Aufgaben, der jeweiligen Führungskraft und ihrem Team bzw. Kollegen. Diese vier Mitarbeiterbindungspartner sind im beruflichen Kontext von zentraler Bedeutung.
Vier emotionale Mitarbeiterbindungspartnerschaften
Neben diesen vier Mitarbeiterbindungspartnerschaften spielt die sogenannte Mitarbeiterbindungsebene eine wichtige Rolle. Die emotionale Mitarbeiterbindung (der Begriff "affektive Mitarbeiterbindung" wird synonym gebraucht) stellt eine der wiederum vier Mitarbeiterbindungsebenen dar. Neben der emotionalen Mitarbeiterbindungsebene existieren die rationale, die habituelle und die normative Mitarbeiterbindungsebene. Die Stärke und Intensität von jeder der vier Mitarbeiterbindungspartnerschaften wird üblicherweise von allen vier Mitarbeiterbindungsebenen beeinflusst.
Demnach existieren vier emotionale Mitarbeiterbindungspartnerschaften: (1) die emotionale Aufgaben- bzw. Tätigkeitsbindung, (2) die emotionale Organisations- bzw. Unternehmensbindung, (3) die emotionale Team- bzw. Kollegenbindung und (4) die emotionale Bindung zur Führungskraft bzw. zum direkten Vorgesetzten.
Ursachen für emotionale Mitarbeiterbindung
Was begründet eine emotionale Mitarbeiterbindung? Die emotionale Bindungsebene ist uns auch in Form von Verbundenheit, Zuneigung oder Liebe aus dem privaten Lebensbereich bekannt. Als ursächliche Faktoren gelten insbesondere gleiche Einstellungen, gleiche Grundhaltungen, gleiche Ansichten, gleiche Werte und gleiche Ziele. Auch gleicher Musikgeschmack und gleiche Hobbies können eine emotionale Bindung begründen.
"Ein entscheidendes Kennzeichen der emotionalen Bindungsebene […] ist ein hoher Grad an Übereinstimmung der Werte und Ziele unter den beiden Bindungsbeteiligten. Es ist anzunehmen, dass das Erkennen von gemeinsamen Werten und Zielen eine wichtige Ursache für das Entstehen von emotionaler Mitarbeiterbindung darstellt" (Quelle: Wolf, G.: Mitarbeiterbindung).
Effekte von emotionaler Mitarbeiterbindung
Was ist emotionale Mitarbeiterbindung genau? Wie ist emotionale Mitarbeiterbindung definiert?
Definition Emotionale Mitarbeiterbindung
"Unter emotionaler Mitarbeiterbindung wird eine Bindungsebene verstanden, die durch das mitarbeiterseitige Erkennen von mit dem jeweiligen Bindungspartner übereinstimmenden Charakteristika, Werten und Zielen entsteht und sowohl die Bereitschaft, sich für den Bindungspartner in hohem Maße einzusetzen als auch das Bestreben, die Bindung zu dem Bindungspartner möglichst unbeschränkt aufrechtzuerhalten, nach sich zieht.“
Quelle: Wolf, G.: Mitarbeiterbindung
Emotionale Mitarbeiterbindung kann demnach entstehen, wenn ein hoher Grad an Übereinstimmung der Werte und Ziele des Mitarbeitenden auf der einen Seite und den Werten und Zielen des jeweiligen Bindungspartners auf der anderen Seite gegeben ist. In der Definition sind aber auch zwei Effekte von hoher emotionaler Mitarbeiterbindung genannt. Zum einen gilt: Je stärker die emotionale Mitarbeiterbindung, desto höher ist die Bereitschaft der Person, sich für den Bindungspartner in besonderem Maße einzusetzen. Leistungswille, Einsatzbereitschaft und Engagement sind demnach sehr hoch.
Zum anderen entsteht bei hoher Ausprägung der emotionalen Bindung der Wunsch, diese Bindung möglichst für immer und ewig aufrechtzuerhalten. Die Fluktuationsneigung ist entsprechend gering. Auch diese beiden Effekte sind uns aus stark emotionalen Beziehungen im privaten Bereich möglicherweise nicht ganz unbekannt.
Wie können Unternehmen die emotionale Mitarbeiterbindung stärken?
Ein hoher Grad an emotionaler Mitarbeiterbindung ist demnach erzielbar, indem die beiden Bindungspartner für eine starke Übereinstimmung ihrer Werte und Ziele sorgen. Häufig besteht in der Praxis sogar bereits eine starke Übereinstimmung. Doch es entsteht kein entsprechendes Maß an emotionaler Mitarbeiterbindung, weil die beiden Bindungspartner sich dessen nicht bewusst sind. Beispielsweise, weil sie von keiner Seite thematisiert und explizit ausgesprochen wurden.
Unsere Werte sind der Boden, auf dem wir stehen und gehen. Unsere Ziele zeigen die Richtung an, in die wir gehen.
Wenn Menschen voneinander wissen, dass sie dieselben Werte teilen und dann auch noch die gleichen Ziele verfolgen, dann stehen die Chancen gut, dass sie den Weg miteinander gehen. Haben sie hingegen unterschiedliche Werte, sind Streitigkeiten zu erwarten. Und wenn sie inkompatible Ziele anvisieren, werden sich ihre Wege mit Sicherheit über kurz oder lang trennen.
Im Bereich der Werte und Ziele werden von manchen Unternehmen große Chancen zur Steigerung oder Verdeutlichung des Übereinstimmungsgrades achtlos vertan: Mit vielen Mitarbeitenden wird gar nicht über Ziele gesprochen - weder über Karriereziele noch über Leistungsziele. Und die Werte sind das, was irgendein vorheriger Vorstand zusammen mit einer Beratungsgesellschaft festgelegt, laminiert, in Sozialräumen aufgehängt und dort für immer vergessen hat.
Wenn Sie als Mitglied der Unternehmensleitung emotionale Mitarbeiterbindung fördern möchten, können Sie die Mitarbeitenden beispielsweise an der Wertediskussion teilhaben lassen. Dies bietet sich zum einen bei der Erstellung eines Mission Statements an. Mit einem solchen Statement bekunden die Mitglieder einer Organisation ihre maßgeblichen, handlungsrelevanten Werte.
Legen Sie bitte Zeiträume fest, nach deren Ablauf die aufgestellten Werte einer kritischen Revision und gegebenenfalls einer Aktualisierung unterzogen werden. Beziehen Sie die Mitarbeitenden auch hierbei ein.
Für die Praxis relevant ist bei Werten insbesondere zweierlei: erstens Authentizität, zweitens Inhalt.
Emotional bindungsstiftende Werte beschreiben nicht aus Sicht der Unternehmensleitung, wie sie das Unternehmen gern hätte, sondern wie es ist. Authentizität zählt: Entscheidend ist, was der Mitarbeitende tagtäglich spürt. Welcher Geist weht durch die Flure? Für bindungsrelevante Werte ist eine notwendige Bedingung, dass sie gelebt werden. Werte, die gewünscht, aber im Unternehmen nicht spürbar sind, entfalten keine Bindungswirksamkeit.
Relevant ist dabei nicht das Wort, mit dem wir das beschreiben, was wir als Wert ansehen: Der Inhalt zählt, nicht das Etikett. Dazu ein Beispiel: Der Begriff "Gerechtigkeit" schafft als Wert keine emotionale Verbundenheit, wenn und weil jeder etwas anderes darunter versteht. Die einen empfinden es beispielsweise als gerecht, dass Mitarbeiter je nach Kompetenzen, Qualifikationen und Performance unterschiedlich viel verdienen. Andere finden es gerecht, wenn alle das gleiche verdienen.
Entscheidend für die emotionale Mitarbeiterbindung ist, dass Unternehmen und Mitarbeitende das gleiche unter dem jeweiligen Begriff verstehen, mit dem der Wert bezeichnet ist. Wir haben als Unternehmensleitung eine inhaltliche Übereinstimmung bezüglich der bestehenden, gelebten Werte zu erzielen.
Denken Sie als Mitglied der Unternehmensleitung bitte zudem grundsätzlich an das Controlling von Mitarbeiterbindungsmaßnahmen, um die Wirtschaftlichkeit zu sichern.
Wie können Führungskräfte die emotionale Mitarbeiterbindung stärken?
Eine schnell wirksame Maßnahme ist, als Führungskraft die eigenen Werte mit denen der Mitarbeitenden auszutauschen und dabei Übereinstimmungen – mit den eigenen, mit den Kollegen, mit denen des Unternehmens – aufzuzeigen. Auf der operativen Ebene geraten Mitarbeitende häufig in eine Werteunsicherheit, die nicht nur ihre Leistungsentfaltung hemmen, sondern auch ihre emotionale Mitarbeiterbindung in Mitleidenschaft ziehen.
Ein Klassiker als Beispiel: Was ist "vom Chef gewünscht" - Fehlerfreiheit oder Schnelligkeit bei der Aufgabenerledigung? Jeder weiß aus der Erfahrung, dass die Sorgfalt unter der Geschwindigkeit leidet und umgekehrt. Es hilft enorm, wenn die Führungskraft hier Klarheit schafft und einen Wertekonsens herbeiführt.
Denken Sie als Führungskraft auch an die Aufgabenverteilung im Team. Sie richtet sich üblicherweise nach den jeweils vorliegenden Kompetenzen und danach, wer noch Kapazitäten frei hat. Eine Führungskraft, die zudem berücksichtigt, ob die zu delegierende Aufgabe die Werte des jeweiligen Mitarbeitenden unterstützt, leistet einen wertvollen Beitrag zur emotionalen Mitarbeiterbindung. Mitarbeitende, die ihre bedeutsamsten Werte auch bei den Arbeitsaufgaben und Arbeitstätigkeiten verfolgen können, bauen eine starke emotionale Bindung zu ihren Aufgaben auf.
Einen geeigneten Anlass zur Beteiligung der Mitarbeitenden an der Ermittlung der Ziele mit der Intention einer gesteigerten emotionalen Mitarbeiterbindung und eines hohen Engagements, welches hiermit untrennbar verknüpft ist, bietet der Zielvereinbarungsprozess. Etablieren Sie eine mitarbeiterzentrierte Erfolgskultur!
In die Zielvereinbarung können und sollten auch Ziele der Mitarbeitenden einfließen, wenn Sie einen möglichst hohen Grad an Übereinstimmung erzielen wollen. Und auch bei den Maßnahmen, den Wegen zum Ziel, kann Übereinstimmung erreicht werden. Da es ohnehin die Mitarbeitenden sind, die diese umsetzen werden, liegt nahe, sie auch an der Entwicklung der Maßnahmen zu beteiligen.
Welche Maßnahmen machen Sinn?
Das Schöne an emotionaler Bindung ist, dass wir in diesem Bereich alle eine Menge Erfahrung mitbringen: aus dem Privatleben. Wenn Sie sich also einmal im Hinblick auf die Anwendbarkeit einer Mitarbeiterbindungsmaßnahme oder deren Gestaltung unsicher sind: Wagen Sie den Vergleich mit Ihren Erfahrungen aus dem Privatbereich! Dann werden Sie schon die richtige Entscheidung treffen.
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