Warum Veränderungen in Unternehmen oft scheitern und wie es besser geht!

Warum Veränderungen in Unternehmen oft scheitern und wie es besser geht!

Warum Veränderungen in Unternehmen oft nicht von Dauer sind ... oder gar scheitern?!
70% aller Veränderungen scheitern aus Gründen von Widerständen. In dem nachfolgenden Artikel beleucht Manuel Lehmann Gründe dafür und was Sie dagegen tun können!
„Machen ist wie wollen, nur viel krasser!"

#leanmagazin
am 16. 11. 2020 in LeanMagazin von Manuel Lehmann


Zu Beginn der 90er Jahre ist das Schlagwort „Lean Management“ als Bezeichnung für „schlanke = effiziente“ Abläufe von Unternehmensberatern erfunden worden. In den 80er Jahren nannte man den Prozess der Verbesserung in den meisten Unternehmen KVP für Kontinuierlichen Verbesserungsprozess oder auch BVW als Betriebliches Vorschlagswesen. Mittlerweile gibt es neue Methoden, wie z. B. „Agiles Working oder New Work“. Letzten Endes haben all diese Methoden ein gemeinsames Ziel: „Die Verbesserung des Ist-Zustandes“.

Neben einigen Erfolgen haben viele Unternehmen erlebt, dass die Mitarbeiter und Führungskräfte sich oftmals nicht aktiv einbringen und Veränderungen häufig nicht von Dauer sind  bzw. zusätzlich an der Umsetzung scheitern. Darüber hinaus sind die meisten Veränderungen in der Regel Top-down initiiert, das heißt: Verbesserungen werden sich „oben“ überlegt und sollen von denen „unten“ umgesetzt werden.

Das Einbringen der Menschen ist ein Schlüsselfaktor, wenn es um dauerhafte und sinnvolle Verbesserungen geht. Der Grund fehlender Beteiligung ist in der Regel das fehlende Mitnehmen der Menschen, ein wertschätzender Umgang und eine einfache Organisation. 

Während meiner 20-jährigen Praxis habe ich gute Ideen gesehen, deren Umsetzung an der Akzeptanz der Menschen gescheitert ist. Darüber hinaus habe ich noch mehr Schwachsinn erlebt, der sich täglich wiederholt hat, ohne dass dagegen etwas getan wurde.

Die Wirksamkeit der dauerhaften Umsetzung von Veränderungen (Vereinfachungen) lässt sich auf eine einfache Formel herunterbrechen. 

Die Qualität der Maßnahme und der Grad der Akzeptanz der Mitarbeiter bestimmen die dauerhafte Wirksamkeit. Soll heißen, tolle und praxistaugliche Ideen sind ohne die Akzeptanz der Menschen nicht viel wert, respektive haben keinen langen Bestand.

Auch im Jahr 2020 sind viele Unternehmen noch durch sehr stark hierarchisches Denken geprägt.

Die Vorgesetzten denken, die Mitarbeiter arbeiten. Die Menschen neigen dazu nach einfachen Erklärungen für Umstände zu suchen. Eine naheliegende Erklärung für die mangelnde Beteiligung der Mitarbeiter an Verbesserungsprozessen ist die vermeidliche Demotivation „die machen nur Dienst nach Vorschrift!"  oder „Veränderungen sind mit unseren Mitarbeitern schwierig", „die sind so eingefahren und wollen keine Neuerungen“. Im Kern stimmt diese Aussage und die Vermutungen werden sich wahrscheinlich bewahrheiten.

Entstehung von "Kulturbarrieren"

Das Problem dabei ist jedoch der Umgang und die daraus resultierenden Kulturbarrieren, die sich wie eine immer tiefere Kluft in den Unternehmen z.T. aufbaut – oftmals unbemerkt von den Geschäftsführern/Inhabern. Da es jedoch einfacher ist, eine Begründung für ein Problem auszusprechen, als das Problem zu lösen, mache ich den Führungskräften bei diesen Aussagen auch keinen Vorwurf, es ist nur allzu menschlich.
In meinen Trainings und Schulungen erlebe ich zu Beginn oftmals Mitarbeiter und Führungskräfte die mir ganz offensichtlich zeigen, was Sie von der Veranstaltung halten, nämlich gar nichts. Bevor ich den ersten Satz gesprochen haben, stehe ich erst einmal auf der falschen Seite aus Sicht der Teilnehmer.
Erst kürzlich habe ich die Mitarbeiter eines großen und bekannten Konzerns in einem 5S-Training begleitet. Auf meine Frage, warum von den 12 Anwesenden mich 6-8 Teilnehmer fragwürdig und mit miesepetrigem Gesicht angeschaut haben, bekam ich folgende Antwort: „Du bist der achte Berater den ich hier zu dem Thema erlebe und bis jetzt hat es nichts gebracht. Es wird doch sowieso so gemacht, wie die Bosse es vorgeben. Ob es sinnvoll ist, spielt doch dabei keine Rolle. Wir sind hier nur Befehlsempfänger und das wars!

Zufriedenheit bei der "Job-Ausführung" und Identifikation mit dem Unternehmen

In solchen Momenten entwickelt sich in mir eine gewisse Trauer- aber auch gleichzeitig eine starke Motivation, das mit den Menschen zu ändern. Da ich es unendlich schade finde, dass so viele Menschen mit einer geringen Zufriedenheit Ihren Job ausführen und die Identifikation mit dem Unternehmen, den Kollegen und den Prozessen oft nur schwach ausgeprägt ist. Besonders bedenklich ist dabei das Folgende: Jeder - wirklich jeder - weiß, dass niemand den Arbeitsplatz besser kennt als der Mitarbeiter selbst. Wenn es also darum geht, Prozesse zu verbessern, warum werden dann die Mitarbeiter als Experten nicht mit eingebunden? Das wäre ungefähr so, als würde der Hoteldirektor das Catering mit der Rezeption besprechen, nicht aber mit der Küche und dem Service. Sie glauben mir nicht, dass das so ist? Ich gebe Ihnen einige Beispiele aus der Praxis.

Beispiele aus der Praxis

Unternehmenserweiterungen – Neubau

Viele Unternehmen stellen im Laufe der Zeit fest, dass bedingt durch Wachstum und andere Einflussfaktoren ein Neubau oder Gebäudeerweiterung Sinn macht. Die Planung der Erweiterung werden in der Regel von folgendem Personenkreis übernommen:

  • Architekt
  • ggf. Externes Planungsunternehmen
  • Technische Leitung / Geschäftsführung
  • (Partiell) Abteilungsleiter

Die Experten vor Ort, die Mitarbeiter werden dabei nur selten berücksichtigt. Es geht bei der Beteiligung der Mitarbeiter in dem Fall nicht darum, das große Ganze mit den Mitarbeitern zu planen, sondern die Mitarbeiter an der Detailplanung der eigenen Arbeitsbereiche mit ins Boot zu setzen, um somit wertvolles Wissen für eine möglichst optimale Umsetzung nicht zu verlieren.
Bei neuen Produktionshallen und dem Aufbau von Maschinen werden gern Kleinigkeiten vergessen, die im Nachgang oftmals nur mit sehr hohem Aufwand korrigiert werden können.
Da in der Regel das Budget nach der Fertigstellung eines Neubaus aufgebracht ist, bleiben Missstände, wie z. B. fehlende Anschlussmöglichkeiten für Starkstrom, Druckluft, Fahrwege, Toiletten etc. oftmals.

Unternehmenserweiterungen – Engpässe - Schutzreflexe

In einem meiner 5S Workshops haben mir die Mitarbeiter berichtet, dass diese mehrmals pro Tag sensible Musterprodukte mit sauberen Händen verpacken müssen. Da die Tätigkeit an der Maschine zu schmutzigen Händen führt, müssen die Kollegen ca. 4 Mal pro Schicht laufen, um sich die Hände zu waschen. Die Toilette ist dabei ca. 100 Meter entfernt und die Mitarbeiter benötigen für den Hin- und Rückweg 5 Minuten X 4 Vorgänge pro Schicht. Im Ergebnis bedeutet das 20 Minuten Laufweg pro Schicht für den Maschinenführer.
Während dieser Zeit stand die Maschine mit einem Investitionswert von 500.000 Euro – Engpassmaschine - still. 
Auf meine Frage, warum in der neugebauten Halle daran niemand gedacht hat, haben die Mitarbeiter mir gesagt, dass Sie bei der Planung nicht gefragt wurden. Und jetzt überlegen Sie sich einmal, was nun im Ergebnis geschehen ist.
Neben der 40-minütigen Stillstands Zeit (2-Schichtbetrieb) ergibt sich daraus ein negatives Bild für Prozessverbesserungen. Sobald ein Mitarbeiter derart vermeidbare Probleme erlebt, beginnt ein innerliches Abschalten. Dieser Prozess ist eine Art „Schutzreflex“ um zu verhindern, dass der Mensch wiederkehrende Probleme zu sehr an sich heranlässt und irgendwann explodiert. Die Mitarbeiter in den Unternehmen entwickeln im Laufe der Zeit eine dicke Schutzschicht, insbesondere bei Problem(ch)en, die sich täglich oder wöchentlich im Laufe der Jahre wiederholen.

Es könnte "so" einfach sein 

Binden Sie die Mitarbeiter aktiv mit ein und setzen auf Ihre Experten vor Ort aus den unterschiedlichen Bereichen! Hören Sie den Mitarbeitern dabei zu, wenn diese über Probleme sprechen, setzen auf deren Ideen zur Lösung und machen Sie die Betroffenen zu Beteiligten, mit dem Ziel, die sich wiederholenden Stolpersteine – an die wir uns gewöhnt haben - des Alltages, dauerhaft zu beseitigen. 

Wie kann Beteiligung in der Praxis erfolgen?

In der Praxis hat sich die 5S Methode als Start für ein aktives „Veränderungsmanagement“ bewährt. Hierbei gilt es, die Mitarbeiter und Führungskräfte zunächst zu schulen, abzuholen und einzubinden.
Der Mensch muss insbesondere für sich persönlich einen Vorteil sehen, um bereit für Veränderungen zu sein. Wir reden letztlich darüber, dass die Einführung der 5S Methode eine radikale Verhaltensänderung mit sich bringt und diese passiert nicht mal eben so. Jedes Unternehmen verspricht sich von Change, Lean, Opex (oder wie auch immer man es nennen möchte) große Ergebnisse. Wer große Ergebnisse erreichen will, muss bereit sein, dafür etwas zu tun und wird dann auch entsprechend belohnt.

Wer mit der Einführung der 5S Methode und damit Lean starten möchte, sollte zunächst (nachdem die vorgelagerten Schritte wie Zieldefinitionen und Co erledigt sind) die Durchführung der Umsetzung und konkrete Gestaltung planen.

Bilden Sie Ihre Mitarbeiter und Führungskräfte aus.

Wie bei jeder Ausbildung sollte es zunächst ein Theorieteil geben, indem Sie das Wissen um die 5S-Methode (und weiteren Lean-Bausteinen) an die Führungskräfte und Mitarbeiter weitergeben.
Zusätzlich empfehle ich Ihnen den Aufbau einer anschaulichen und sehr praxisbezogenen Schulungsunterlage. Nutzen Sie möglichst viele Praxisbeispiele und binden Sie diese in Geschichten des Alltages ein.

Das schafft Akzeptanz und Wiedererkennung! Die graue Theorie bringt es nicht!

Theorie sowie Umsetzung in die Praxis

Theorie-Schulung

Nach erfolgter Theorie-Schulung, die ich Ihnen in Kleingruppen mit bis zu 12 Personen empfehle, folgt die praktische Umsetzung durch die Mitarbeiter und Führungskräfte vor Ort. Auch wenn es weh tut, die Umsetzung und damit auch die Erfolge passieren nicht von allein.
Geben Sie Ihren Mitarbeitern zumindest für die erste Umsetzung mindestens 1-2 volle Tage Zeit für konsternierten Umsetzungsaktionen in die Praxis (was nicht bedeutet, dass die Maschinen zur Not nicht weiterlaufen können).

Umsetzung an den Arbeitsplätzen in gemeinsamer Teamarbeit - das können die Praktiker selbst!

Lassen Sie die Mitarbeiter die Umsetzungen an den Arbeitsplätzen in gemeinsamer Teamarbeit selbst vornehmen.
Sie werden sich wundern, welch unglaublicher Spirit sich während eines solchen Workshops entwickelt. Ich habe viele Mitarbeiter und Führungskräfte erlebt, die zu Beginn der Theorie überhaupt keine Lust auf die Veranstaltung hatten: „Es ändert sich ja eh nichts und Dich überleben wir auch noch!
Jedoch in der Praxis haben diese plötzlich losgelegt "wie die Feuerwehr."
Ein entscheidender Grund dafür ist, dass die Teilnehmer der Workshops die Umsetzung an den Arbeitsplätzen selbst vornehmen und niemand von Außen die Entscheidung trifft, wo welches Werkzeug abzulegen ist. Das können die Praktiker selbst!

Die Menschen erleben 8 Stunden täglich, was gut und was nicht gut läuft!

Nun stellen Sie sich vor, Ihre Kolleginnen und Kollegen befinden sich vor Ort, tauschen sich im Team zur Struktur an den Arbeitsplätzen aus und legen gemeinsam fest, was wie und wo benötigt wird. Und haben auch noch Freude an der Umsetzung.

In diesem Moment haben Sie die Menschen in der richtigen Stimmung und wenn Sie nachfragen und gut zuhören, wird man Ihnen viele weitere Potentiale in der Zusammenarbeit aufzeigen.

Nutzen Sie die Kompetenz Ihrer Führungskräfte und Mitarbeiter, also aller Menschen/Experten!

Denn Veränderungen, richtig angegangen, bringen nicht nur fantastische Ergebnisse im Hinblick auf Qualität, Produktivität und Kosten, sondern führen darüber hinaus zu einer besseren Kultur, höheren Identifikation und damit auch größerer Zufriedenheit aller!

Haben Sie Fragen? Schreiben Sie mir gerne eine E-Mail oder rufen Sie mich einfach an.

Ihr Manuel Lehmann



Kommentare

Bisher hat niemand einen Kommentar hinterlassen.

Kommentar schreiben

Melde Dich an, um einen Kommentar zu hinterlassen.

Teilen

Weitere Inhalte