Murphy, Pareto, Parkinson & Co. - Universalgesetze, oder Binsenweisheiten? ## Teil 7 ##
Der 7. und letzte Teil der Artikelserie zu oft zitierten Gesetzen beschäftigt sich mit „Ockhams Rasiermesser“, das auch als Sparsamkeits-, oder Parsimonitätsprinzip genannt wird.
Ockham's Rasiermesser … oder Parsimonitäts- bzw. Sparsamkeitsprinzip besagt simpel ausgedrückt, „die einfachste Erklärung ist immer die wahrscheinlichste“.
Das heißt, mit Ockham's Rasiermesser kann man Annahmen, die (wissenschaftlich) nutzlos sind, einfach "wegrasieren".
Die Wissenschaft verwendet Theorien, um Phänomene aus der realen Welt besser zu verstehen, zu erklären und vorherzusagen. Um ein bestimmtes Phänomen können sich jedoch gleichzeitig eine Menge unterschiedlicher Theorien ranken. Jede dieser Theorien baut auf völlig eigenen Variablen und deren Beziehungen, die wir als Hypothesen formulieren können, auf.
Ockham's Rasiermesser besagt, dass die Theorie, welche mit der geringsten Anzahl an Variablen und zu beweisenden Hypothesen auskommt, das Phänomen sehr wahrscheinlich am besten erklärt.
Das klingt auf den ersten vielleicht Blick kompliziert, wird aber an einem Beispiel deutlich – den bekannten Kornkreisen:
1. Eine Theorie zu den Kornkreisen besagt, dass Kornkreise Landeplätze von außerirdischen Raumschiffen kennzeichnen, also von UFOs erzeugt werden.
2. Die andere Theorie ist, dass nachts Menschen mit Seilen und anderen Werkzeugen geometrische Figuren erzeugen, um Medieninteresse und Spekulationen anzuheizen.
Beide Erklärungen werden der Sachlage (also der vor uns liegenden Kornkreise) grundsätzlich gerecht und lassen sich in Ermangelung von Beweisen nicht vollends entkräften.
Können wir also beurteilen, welche Theorie die vermutlich richtige ist?
Nach Ockham's Rasiermesser können wir das in der Tat: Wo zwei oder mehr Hypothesen zur Erklärung desselben Sachverhalts geboten sind, ist die einfachste zu wählen!
Theorie 1. setzt zunächst die Hypothese der Existenz von Außeririschen voraus. Es setzt weiterhin voraus, dass diese von der Erde und von unserer Existenz wissen und dass sie zusätzlich technisch in der Lage sind, Lichtjahre zu uns reisen zu können und dieses dann auch noch tun.
Dieses alles aber nur, um des nachts heimlich in Kornfeldern zu landen, kunstvolle Abdrücke zu hinterlassen und dann bis zum Morgengrauen wieder zu verschwinden.
Theorie 2. macht keinerlei Annahmen über nichtbelegbare, übernatürliche Phänomene, sondern begnügt sich mit dem immer wieder vorkommenden, menschlichen Drang nach Geltung und Aufmerksamkeit.
Nach Ockham wäre hier also Theorie 2. als einfachste und somit wahrscheinlichste Erklärung zu wählen.
Ganz ähnlich bedient man sich auch in der Kriminalistik Ockham's Gesetz, indem man solche Theorien zunächst beiseiteschiebt, die zu viele Annahmen beinhalten und sich (zumindest anfangs) den wahrscheinlichen – weil wenig komplexen – Lösungsansätzen widmet.
Auch kommt man mit Ockham's Rasiermesser vielen Verschwörungstheorien schnell auf die Schliche, denn auch diese bedienen sich in der Regel vielen, meist zu vielen Annahmen!
Von Ockham's Rasiermesser abgeleitet ist auch Hanlons Rasiermesser, das sagt „geh nicht von Böswilligkeit aus, wenn Dummheit als Erklärung genügt!“
Im Unternehmenskontext suchen wir häufig nach Erklärungen für Sachverhalte, Probleme, Fehler und wir sind nicht selten geneigt, dafür Annahmen, oder auch Unterstellungen in Betracht zu ziehen, die in ihrer Summe die Erklärung eher unwahrscheinlich erscheinen lassen. Am wahrscheinlichsten ist meistens die einfachste Erklärung, die mit den wenigsten Annahmen auskommt!
Und immer dann, wenn in einem Unternehmen etwas schiefgelaufen ist, dann hat in den seltensten Fällen jemand eine böse Absicht gehabt, oder etwas sabotieren wollen. Meistens hat einfach jemand einen Fehler gemacht und genau den gilt es für die Zukunft zu vermeiden!
Auch das vielen bekannte und im Unternehmen in Projekten und technischen Lösungen angewandte KISS-Prinzip „Keep It Simple [and] Stupid)“ ist ebenfalls in Ockham's Rasiermesser begründet.
Egal, ob es Prozesse sind, oder Systeme, oder auch Produkte – am robustesten, am effizientesten und am wenigsten fehleranfällig und letztendlich gleichzeitig am kostengünstigsten sind zumeist die einfachsten Lösungen. Es macht immer und in jedem Fall Sinn, das Sparsamkeitsprinzip mit in das Ziel eines Projektes, oder in eine Aufgabe zu formulieren.
Regelmäßige, kritische Überprüfungen während des Projekts auf Sparsamkeit decken Ineffizienzen frühzeitig auf und diese können dann schon im Projektverlauf korrigiert werden.
Aber mit Hilfe des Sparsamkeitsprinzips kann man Erklärungen und Sachverhalte nicht beliebig vereinfachen. So wurden immer wieder auch Gegenpositionen zu Ockham's Sparsamkeitsprinzip formuliert, wie z.B. durch Walter Chatton, der schrieb: „Wenn drei Dinge nicht genug sind, um eine klare Aussage über etwas zu treffen, muss ein viertes hinzugefügt werden, und so weiter.“
Daraus entstanden Formulierungen, wie: „…so einfach wie möglich, aber so komplex wie nötig…“
Dies stellt aber streng genommen keine wirkliche Gegenposition zu Ockham's Rasiermesser dar, sondern eher eine Erweiterung und gleichzeitig eine andere Herangehensweise an die Problematik!
Zunächst bleibt ja Ockham's Aussage bestehen, dass die einfachste Erklärung die wahrscheinlichste ist. Wenn die Erklärung aber so einfach wird, dass sie das Phänomen aber doch nicht mehr vollständig beschreiben kann, dann ist sie nicht mehr die wahrscheinlichste…
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