Total Quality Management: Ein gesamtgesellschaftliches Phänomen am Beispiel des Gesundheitswesens

Total Quality Management: Ein gesamtgesellschaftliches Phänomen am Beispiel des Gesundheitswesens

Die aktuelle Debatte um die Krankenhausreform verspricht: Qualität wird sich in Zukunft wieder durchsetzen. Doch die Debatte darüber gestaltet sich aufgrund unterschiedlicher Qualitätsvorstellungen schwierig. Ein objektiver Maßstab wird nicht zuletzt durch die Vielfalt der Begrifflichkeiten beeinträchtigt.

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Podcast, 06. Februar 2023 um 04:30 Uhr in LeanMagazin von LKB Redaktion*)


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Das Gesundheitssystem hat mit Qualitätsproblemen zu kämpfen. Das liegt hauptsächlich an den sogenannten Fallpauschalen. Die viele Krankenhäuser dazu verleiten, so viele Behandlungen wie möglich durchzuführen. Und das auf möglichst kostengünstige Weise. Karl Lauterbach kündigt in diesem Zusammenhang eine "Revolution" für Krankenhäuser an. In Zukunft werde es mehr um Medizin und weniger um Ökonomie gehen, verspricht der SPD-Politiker. Billigmedizin soll vermieden werden.

Dagmar Schmidt, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, befürwortet die Vorschläge der Kommission. Sie seien "eine gute Grundlage", um die Qualität der Gesundheitsversorgung zu stärken und die Behandlungen vom wirtschaftlichen Druck zu entlasten: "Qualität rechnet sich wieder mehr", erklärt sie. Entsprechend wirkt auch Dr. Heidemarie Haeske-Seeberg, Vorsitzende der Gesellschaft für Qualitätsmanagement, in der Reformkommission mit. Dass Qualitätssicherung auch in diesem Zusammenhang ein Thema ist, verwundert nicht, schließlich geht es um Menschenleben.

Ist Qualität objektiv?

Die Debatte über Qualität und Qualitätssicherung wird jedoch nicht zuletzt durch die Vielfalt der Terminologie erschwert. Im objektiven Qualitätskonzept wird Qualität beispielsweise als "die Summe oder das Niveau der vorhandenen Eigenschaften von Dienstleistungen oder Produkten" beschrieben. Qualität kann nach objektiven Kriterien gemessen werden, wenn solche Kriterien definiert sind", erklärt Günter Ollenschläger, deutscher Internist, Apotheker und Medizinjournalist, in seinem Buch Von der Qualitätskontrolle zum Total Quality Management.

Doch wirklich objektiv zu bleiben ist keine einfache Sache. Auch nicht im Gesundheitswesen. So reagiert auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) in einer eindringlichen Pressemitteilung mit Verwunderung auf die erneuten Vorwürfe der AOK und ihres wissenschaftlichen Instituts (WidO) über vermeintliche Qualitätsmängel in der Krankenhausbehandlung. Und fordert entsprechend mehr Sachlichkeit in der Qualitätsdebatte. "Dass die AOK und ihr Institut es als unhaltbaren Zustand kritisieren, dass sieben Prozent der Herzinfarkt-Patienten in Krankenhäusern ohne Katheterlabor behandelt wurden, ist unsachlich und polemisch", erklärt der Vorstandsvorsitzende der DKG, Dr. Gerald Gaß

Dann bräuchte es die Kommission und ihre Vorschläge nicht...

Diese Haltung begründet Dr. Gerald Gaß darauf, dass die AOK ihre Vorwürfe auf unzureichender Datenlage und veralteter Fallzahlen basiert und somit scheitert. "Es wäre gut, wenn WidO und AOK sich zukünftig die Zeit nehmen, sich die eigenen Daten und deren konkreten Hintergrund vor Augen zu führen, bevor sie mit skandalisierenden Überschriften und plakativen Statements die Bürgerinnen und Bürger verunsichern und den Rettungsdienst verunglimpfen", heißt es weiter.

Bezüglich der geplanten Krankenhausreform fügt Gaß noch hinzu: "Wenn das, wie von der AOK behauptet, die Anlässe wären, weshalb die Vorschläge der Krankenhauskommission nun schnellstens umgesetzt werden müssen, dann bräuchte es die Kommission und ihre Vorschläge sicher nicht." Doch wie prüft man Qualität? Und wie kann man eine angemessene Qualität sichern? Für die unterschiedlichen Intentionen, die mit Qualitätssicherung verbunden sein können, wird zwischen zwei Begriffen differenziert: Qualitätskontrolle und Qualitätsmanagement. Diese Begriffe führt Peter Döring in seiner Arbeit Qualitätskontrolle versus Qualitäts (Total-) Quality Management aus.

Günter Ollenschläger ist Facharzt für Innere Medizin, Pharmazeut und Medienpublizist. Bereits im Jahr 2001 veröffentlichte er das Buch "Qualitätsmanagement in Gesundheitsförderung und Prävention. Grundsätze, Methoden und Anforderungen", worin sich das Kapitel "Von der  Qualitätskontrolle zum Total Quality Management" findet. Seit 2019 ist er zudem Gründungs- und Vorstandsmitglied bei Deutsches Netzwerk Gesundheitskompetenz DNGK.

Peter Döring ist Diplom-Psychologe, psychologischer Psychotherapeut, Lehranalytiker, Supervisor und Organisationsberater. Er hat jahrelange Erfahrung in verschiedenen klinischen Einrichtungen und ist auch leitender Mitarbeiter im Klinikmanagement mit unter anderem Verantwortung für Organisation und Qualitätsmanagement. Entsprechend veröffentlichte er 1996 seine Arbeit "Qualitätskontrolle versus (Total-) Quality Management".

Von Qualitätskontrolle zu Qualitätsmanagement

Die Qualitätskontrolle wird als Ansatz beschrieben, der vorrangig für die Zahlungspflichtigen von Interesse ist. Sie umfasst Verfahren zur Bestimmung und Kontrolle der Qualität einer erbrachten Leistung. Auf diese Weise können sich die Kostenträger ein Bild von der Qualität machen und sicherstellen, dass sie gute Leistungen zu einem möglichst niedrigen Preis erhalten. In diesem Sinne wird die Qualitätskontrolle im Nachhinein durchgeführt und ist nicht Teil des Produktions- oder Dienstleistungsprozesses. In der Fertigung wurde dieser Ansatz jedoch weitgehend aufgegeben. Zum einen, erwies er sich als zu unflexibel und unwirksam. Zum anderen waren die Kosten für die Nacharbeit zu hoch.

Dementsprechend wurde die Prüffunktion in den Prozess hinein versetzt. Im Gegensatz zur Qualitätskontrolle liegt der Ausgangspunkt des Qualitätsmanagements, genauer gesagt des Total- Quality-Managements, nicht so sehr in normativen Qualitätsdefinitionen. Vielmehr ist der Ausgangspunkt die kontinuierliche Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten. Und zwar unter Einbindung aller Mitarbeiter. Auf diese Weise ist es möglich, die Qualität und in der Folge die Effizienz deutlich zu verbessern. Aber auch, die Kunden des Unternehmens so stark wie möglich in ihren Bedürfnissen zufriedenzustellen.

Lean sichert Qualität in Krankenhäusern?

Diese Prinzipien spiegeln auch jene der Lean-Philosophie wider – ein effizientes Produktionssystem durch kontinuierliche Prozessoptimierungen, schaffen. Wobei dem Kunden zentrale Bedeutung zukommt. Schließlich kann die Lean-Philosophie auch im Gesundheitswesen angewandt werden. In der LeanCommunity besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass bei Lean Management im Krankenhaus darauf geachtet wird, was der Patient will, wobei auch auf die Prozess- und Mitarbeiterperspektive geblickt wird. Dabei lassen sie jedoch einen essenziellen Aspekt nicht außer Auge: "gleichzeitig Qualität zu verbessern".

Qualitätssicherung und kontinuierliche Qualitätsverbesserung betrifft jedoch nicht nur den Gesundheitsbereich. Sondern ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, erklärt Günter Ollenschläger. Eins, das voraussetze, dass erforderliche Maßnahmen im Rahmen eines problembewussten Qualitätsmanagements durchgeführt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass bisheriges Handeln als Fehlverhalten wahrgenommen werden sollte. Vielmehr gehe es darum, zunächst eine gleichbleibend hohe Qualität zu sichern. Und dann kontinuierlich die Qualität, unter Kundenorientierung, zu ermöglichen.

*) Mit der Erstellung dieses Textes wurde von uns das futureorg institut beauftragt, welches wiederum Frau Sali Abbas und Herrn Kamuran Sezer hiermit beauftragt hat.



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