SpeedPrämie to GO!
In den letzten Wochen war hier viel zu lesen, ob und wie die Idee hinter Lean, Kaizen, KVP & Co. missbraucht wird. Nicht dass mich dies überrascht hätte, habe ich selbst doch zig solcher Beispiele „hautnah“ erleben können in den vielen Jahren, in denen ich meinen geliebten Beruf ausüben darf.
Gut, dass Prozesse ganz oft zu Sklaven von Methoden gemacht werden und damit ebenfalls an der Grundidee von Lean, Kaizen, KVP & Co. vorbeigehen, damit habe ich mich weitestgehend abgefunden.
Was mir doch vor wenigen Tagen zu Ohren gekommen ist, hat mir auch nach nunmehr 30 Berufsjahren sprichwörtlich die Schuhe ausgezogen.
Konkret geht es um ein Unternehmen, in welchem wir selbst einmal in Sachen Lean tätig waren und wie es manchmal so ist, stellt sich nach einem Wechsel auf der ersten Führungsebene heraus, dass zwischen den nun vorliegenden Meinungen das Delta zu groß ist und man besser die Zusammenarbeit zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet – und das ist gut so. Auch deshalb, weil zwischenzeitlich das neue Top-Management von einer ganz großen und wichtigen Beratungsgesellschaft durch das Malen von bunten Bildern und mit in (Kunst)Leder eigebundene Konzepte im dreistelligen Umfang versorgt wurde.
Nein, ich/wir sind nicht neidisch, warum auch! Schließlich hat sich die Top-Consulting-Organisation bei uns schlau gemacht, hat die Erkenntnisse, welche wir gemeinsam mit einigen Mitarbeitenden von diesem Unternehmen gewonnen haben, in ihre Konzepte miteinfließen lassen. In den Konzepten standen dann auch ganz schlaue Dinge wie zum Beispiel, dass Shopfloor Management ganz wichtig ist, dass man sich unbedingt an dem erarbeiteten Soll-Wertstrom orientieren müsse und dass selbstverständlich die Vorgabezeiten um mindestens 20% gekürzt werden müssten. Zudem sollten die Mitarbeiter nun auch noch mehr Verantwortung übernehmen, und, und, und …
Ich selbst hatte die Gelegenheit, mich mit einem sogenannten SeniorConsultant und einem JuniorConsultant auf Augenhöhe (was unsere gemeinsame Körperlänge betrifft) zu unterhalten. Nach rund 30 Minuten Phrasendrescherei gepaart mit BullShitEnglisch gab ich vor, dass ich mich nicht wohl fühlen würde (was nicht wirklich gelogen war) und verabschiedete mich.
In der Folge wurde dann im Seminarraum in einem vierstündigen Workshop den Meistern beigebracht, wie Schopfloor Management funktioniert und damit begonnen, den Soll-Wertstrom einzuführen. Parallel fanden Gespräche mit dem Betriebsrat bezüglich der Vorgabezeiten statt. Und da man zu einzelnen Menschen, mit welchen man durchaus intensiv zusammenarbeitete, den Kontakt nicht wirklich verliert, bekommt man immer mal wieder ein kleines Update … ????
Das neuste Update ist nun das Folgende und die Bezeichnung dieses neusten Clous nennt sich SpeedPrämie to GO! Um die versprochenen X Prozent Einsparungen zu erreichen, hat man sich etwas Besonderes in Sachen Lean – oder sollte ich sagen Magersucht – einfallen lassen. Hinter SpeedPrämie to GO steckt nämlich Geld und zwar ganz viel für jeden, der das Unternehmen freiwillig verlässt. Diese Freiwilligen erhalten das x-Fache ihres Monatsgehalts, wenn sie unterschreiben und darüber hinaus sofort gehen. Das ist doch ein toller LeanAnsatz, oder?!
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