LeanBaseAward-Gewinner Rite-Hite: "Veränderungen haben neue Werte geschaffen"
Glückwunsch der Rite Hite GmbH für den LeanBaseAward 2022 für Newcomer! Sie sind ein idealtypisches Beispiel für die Umsetzung des Lean Management. Ivan Zubcic, Director of Operations, und Svenja Beyer, HR-Managerin Europe, erklären im exklusiven Interview für leanbase.de, was sich im Unternehmen durch das Lean Management verändert hat.
Wenn man Newcomer hört, denkt man meistens an kleinere Start-ups, aber ihr seid scheinbar schon ein großes Unternehmen. Könnt ihr etwas mehr über das Unternehmen erzählen?
Ivan Zubcic: Wir sind ein familiengeführtes Unternehmen aus den USA, mit über 2.000 Mitarbeiter weltweit und etwa 300 Mitarbeitern in Europa. Und wir haben zwei Produktionsstandorte in Europa - einen in Jawor (Polen) und den anderen in Volkmarsen (Deutschland). Alle weiteren Niederlassungen haben den Fokus auf dem Vertriebs- und Servicegeschäft.
Welche Wertschöpfung erbringt Rite-Hite GmbH genau?
Ivan Zubcic: Uns kann man im Logistikbereich einordnen. Wir produzieren die Zwischenteile zwischen dem Gebäude und dem Lkw, sodass über Lkw-Rampen die Waren entladen oder beladen werden können. Und das ist ein breites Portfolio: von Verladetechnik, über Sicherheitsbarrieren, Radverriegelungssystemen bis hin zu Energieeinsparprodukten.
Dann seid ihr so etwas wie 'Rampen-Säue'?
Svenja Beyer: (lacht) Nein, so würden wir uns nicht bezeichnen. Wir sind vielmehr 'Brückenbauer' und so verstehen wir uns auch selbst.
Jetzt stellt sich aber für mich die Frage: Was habt ihr mit Lean Management zu tun?
Ivan Zubcic: Wir leben Lean. Ich finde Toyota krass, das ist Inspiration pur. Und ich bin durch die Toyota Kata ins Lean Management hereingekommen. Es geht um Mitarbeiterentwicklung, nämlich durch Coaching und Förderung von jedem Einzelnen. Ein wichtiger Fokus dabei bildet das Thema Führung. In der Vergangenheit sind die Lösungen meistens nur von den Führungskräften gekommen. Die Mitarbeiter haben sie lediglich umgesetzt. Mittlerweile haben wir das verändert. Wir wollen die Intelligenz der Mitarbeiter aktivieren und nutzen. Schließlich sind sie mit den Problemen täglich konfrontiert. Daher können sie auch die besseren Lösungen finden.
Das hat offenbar sehr viel mit Human Resources zu tun.
Svenja Beyer: Die Personalabteilung unterstützt in diesem Veränderungsprozess. Wir wollen eine Schnittstelle schaffen, wo die Mitarbeiter viel mehr einbezogen werden. Führungskräfte hingegen möchten wir ermutigen, die Philosophie, Ideen und Ansätze aus dem Lean Management zu übernehmen und zu praktizieren. Und so tragen wir unseren Beitrag bei, Lean im Unternehmen ein- und umzusetzen.
Und warum habt ihr den Preis Newcomer auf dem LATC verdient?
Ivan Zubcic: Für unsere Team-Arbeit, möchte ich sagen. Das ist daher ein Team-Preis. Das Team steht bei uns in der Praxis, aber auch in unserer Philosophie im Mittelpunkt: eben der Team-Gedanke! Die Aufgaben im Unternehmen schafft man gemeinsam. Daher gehört diese Anerkennung sowohl der Geschäftsführung, die uns die nötigen Freiräume bot, um unsere Ideen umzusetzen, als auch dem Team, das gemeinsam über Höhen und Tiefen gegangen ist.
Svenja Beyer: Auf diesen Team-Gedanken legen wir großen Wert. Unsere Teams sind interdisziplinär: In den Workshops, Schulungen und Coachings sind Vertreter aus den verschiedenen Bereichen des Unternehmens dabei. Es findet sehr viel Absprache, sehr viel Kommunikation statt. Sie unterstützen sich gegenseitig und motivieren sich auch gegenseitig. Das ist wichtig für das Durchhaltevermögen, um die Ziele zu erreichen. Wir hatten viele Höhen und Tiefen, aber niemand hat gesagt, dass sie es nicht schaffen. Im Gegenteil. Sie alle hatten immer die Ziele im Auge. Dafür haben sie den Preis bekommen.
Für mich hört sich an, dass Ivan als Director of Operations der Ideen-Sponsor war. Ich frage daher Dich Svenja: War Ivan der Initiator dieser ganzen Lean-Initiative innerhalb des Unternehmens?
Svenja Beyer: Klare Antwort: Ja, auf jeden Fall. Seit er ins Unternehmen gekommen ist, vor fast fünf Jahren, hat die komplette Veränderung ihren Lauf genommen. Er hat Methoden und Denkweisen ins Unternehmen hereingebracht und die Möglichkeit geschaffen, sie auszuleben.
Ivan Zubcic: Ich möchte es nicht auf meine Person einschränken. Wie vorhin ausgeführt, waren wir deswegen so erfolgreich, weil der Team-Gedanke im Mittelpunkt stand. Ergänzen möchte ich auch, dass ohne die Unterstützung aus den USA und ohne den CEO von Europa Michael Hengl, dieser Erfolg nicht möglich gewesen wäre. Wir sind frei in unserem Tun und das ist das Coole an unserer Arbeit.
Das ist bemerkenswert, aber trotzdem war es nicht immer nur Bergsteigen, sondern das war mit Höhen und Tiefen verbunden. Was waren so die Tiefpunkte?
Ivan Zubcic: Unser Sitz befindet sich in einer ländlichen Region. Die meisten gehen ihren gewohnten Gang. Ein Umstand, bei dem viele Prozesse einschlafen können und eine Müdigkeit gegenüber notwendigen Veränderungen eintritt. Daher sind wir irgendwann zur Einsicht gelangt, dass wir schieben statt ziehen müssen. Zumindest für eine gewisse Phase, bis sich erste Erfolgserlebnisse einstellen ...
Svenja Beyer: ... und bis Vertrauen sich entwickelt hat. Dass man sich untereinander viel mehr vertrauen und auch zutrauen kann, war eine bedeutungsvolle Lernerfahrung.
Diese ganze Entwicklung scheint auch die Unternehmenskultur stark verändert zu haben. Wie hat sie sich verändert?
Ivan Zubcic: Das ist richtig. Den Arbeitsplatz zu verändern und neue Methoden einzuführen, stellt aber nicht nur riesige Veränderungen dar, sondern hat in unserem Unternehmen neue Werte geschaffen.
Welche beispielsweise?
Svenja Beyer: In der Vergangenheit befanden sich manche Kolleginnen und Kollegen in Silos. Heute hat sich der Blick verändert, nicht nur, was den Team-Gedanken und das gegenseitige Vertrauen anbelangt. Wir sind insgesamt kundenorientierter geworden. Wer ist mein Kunde? Was ist meine Aufgabe als Dienstleister? Wie helfe ich meinem Kunden bei seinen Problemen? Das sind ganz neue Perspektiven, die wir im Unternehmen eingenommen haben. Auch eine neue Fehler- und Lernkultur hat sich herausgebildet. Heute sind wir offener geworden. Denn wir tabuisieren Fehler nicht, sondern sehen sie als Gelegenheit, daraus zu lernen und besser zu werden. Vor vier, fünf Jahren, war das ein No-Go. Und das ist heute anders.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Kamuran Sezer von futureorg Institut - Forschung und Kommunikation für KMU.
*) Mit der Erstellung dieses Textes wurde von uns das futureorg institut beauftragt, welches wiederum Herrn Kamuran Sezer hiermit beauftragt hat.
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