Liebe Berater-KollegInnen, wofür lasst Ihr Euch missbrauchen?

Liebe Berater-KollegInnen, wofür lasst Ihr Euch missbrauchen?

Nicht immer werden wir Berater engagiert, weil ein Unternehmen in unserer Expertise Hilfe sucht.

Manchmal müssen wir auch für ganz andere Motive herhalten und die Frage die sich jeder Berater stellen sollte:

"Lasse ich mich dafür missbrauchen"?

11. März 2024 um 04:30 Uhr von Andreas Kopp


Liebe Berater-KollegInnen, wofür lasst Ihr Euch missbrauchen?

Habt Ihr Euch schon einmal ernsthaft die Frage gestellt, wofür Eure Kunden Euch eigentlich wirklich engagieren?

Klar, normalerweise werden wir gerufen, wenn es gilt, die "Kuh von Eis zu holen", wenn fehlendes Know-How kompensiert werden soll, wenn im Unternehmen Ressourcen fehlen, wenn aufwendige Analysen zu machen sind, um Lösungen für konkrete Probleme zu generieren usw. usw.

Kurzum: Wir werden gerufen, wenn wir dem Unternehmen weiterhelfen sollen!

Aber ganz sicher kennt Ihr das!?

Schon während des Erstgesprächs habt Ihr irgendwie das Gefühl, dass Euer gegenüber gar keine Hilfe will, oder gar keine Hilfe braucht, sondern dass möglicherweise ganz andere Motive dazu geführt haben, dass man Euch engagiert hat.
Manchmal passiert es auch, dass Ihr lange intensiv an Lösungen für ein Problem gearbeitet habt. Ihr präsentiert die Lösungsmöglichkeiten dem Management und plötzlich spürt Ihr, wie die Richtung umschlägt. Die Lösungen werden angezweifelt, es werden Bedenken angemeldet, man versucht die Lösung aufzuweichen und zu sabotieren, oder man "braucht erstmal eine ausgiebige Bedenkzeit und muss das weitere Vorgehen intern diskutieren"...

Nachtigal ick hör Dir trapsen!

Nein, manchmal werden wir eben nicht engagiert, weil das Unternehmen wirklich Hilfe braucht! 

Manchmal werden wir einfach engagiert, weil das Management (z.B. gegenüber dem Vorstand) Zeit gewinnen will, um notwendige, manchmal unangenehme Entscheidungen aufschieben zu können. Mitunter ist man bereit, sehr sehr viel Geld für diesen einfachen Aufschub zu bezahlen.

Noch spannender wird es, wenn das Management mit Eurer Arbeit einfach nur (z.B. dem Vorstand) zeigen, oder sich selbst beweisen will, dass es ja eigentlich schon bevor Ihr engagiert wurdet alles richtig gemacht hat. Dann werdet Ihr zu "Kompromissen" in Euren Ergebnissen gedrängt, Eure Lösungen werden sabotiert usw.

Entscheidend ist immer der Anspruch an die eigene Arbeit!

Ich habe mir angewöhnt, mich schon während des Erstgespräches zu fragen, ob ich den Motiven glauben schenke, die mir mein Gegenüber zu vermitteln versucht. Braucht und will er wirklich Hilfe? Ist er bereit meine Hilfe anzunehmen?
Dasselbe Hinterfragen mache ich aktiv auch während der Projektphasen regelmäßig und immer wieder.

Und wenn mir kleinste Zweifel kommen, dann konfrontiere ich ihn aktiv damit.

Ich habe für mich selbst entschieden, dass ich mich nicht zum "Zeitschinden" missbrauchen lassen und auch nicht, um zu zeigen, dass es nicht geht!
Konsequenterweise lege ich in diesen Fällen mein Mandat nieder.

Nun die Frage, die sich jeder von Euch selbst beantworten muss:

Was ist Euer Anspruch an Eure eigene Arbeit?
Wen lasst Ihr gewinnen?
> Auftrag und Umsatz?
 oder 
> den Anspruch an Euch selbst, Unternehmen mit Eurer Expertise zu helfen?

...eine echte Gewissensfrage...



Kommentare

Ralf Volkmer
Ralf Volkmer, am 09. Februar 2024 um 11:50 Uhr
Ich glaube ja das meisten aus ihrem Anspruch heraus handel. Wahrscheinlich gewinnt meist der Umsatz.
Andreas Kopp
Andreas Kopp, am 12. Februar 2024 um 15:04 Uhr
Leider sehe ich immer öfter, dass offenbar der Auftrag (bzw. der damit verbundene Umsatz) schwerer wiegt, als der eigene Anspruch.

Wir Berater reden oft und gerne davon, dass man den Kunden "den Spiegel vorhalten" müsse, um sie mit ihrem Verhalten und ihren Entscheidungen konfronieren und sich selbst kritisch zu hinterfragen.

Dasselbe ist natürlich auch für Berater von Zeit zu Zeit hilfreich

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