"Das ist Lean" - eine klare Definition der Management Philosophie?

"Das ist Lean" - eine klare Definition der Management Philosophie?

Über 220.000 verkaufte Exemplare. In 14 Sprachen übersetzt. "Das ist Lean - die Lösung des Effizienzparadoxons" gehört zu den Bestsellern der schwedischen Managementliteratur. Dieses Buch zielt darauf ab, Einzelpersonen und Unternehmen das Lean-Konzept leicht zu vermitteln. Dadurch ist es unklar, ob es eher für Lean-Anfänger oder Fortgeschrittene geeignet ist. Wir haben das Buch für Euch gelesen.

#leanmagazin
Podcast, am 02. 01. 2023 in LeanMagazin von LKB Redaktion*)


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Lean - ein Konzept, das in der Unternehmenswelt weitverbreitet ist. Es wird branchenübergreifend angewendet und ist gleichzeitig immer wieder in der Debatte. Denn es herrscht immer noch Uneinigkeit darüber, was Lean konkret ist. Entsprechend groß sind die Missverständnisse über diese Managementphilosophie. Das vorliegende Buch, so werben die Autoren Niklas Modig und Pär Åhlström, verfolgt das Ziel, das Lean-Konzept dank seiner konkreten und klaren Sprache sowie seiner Beispiele verständlich zu machen.

Schwedische Lean-Experten werden zu Mittelspersonen?

Die Autoren erlauben sich dieses Vorgehen aufgrund ihrer langjährigen und umfassenden Kenntnisse auf dem Gebiet der schlanken Produktion. Niklas Modig schöpft sein Wissen über Lean und dessen Anwendung außerhalb der Fertigungsindustrie aus stundenlanger Erfahrung in Toyotas Serviceorganisation. Unterdessen gilt Pär Åhlström mit zahlreichen Veröffentlichungen und mehr als 20 Jahren Forschung im Bereich Lean als Pionier auf diesem Gebiet.

Gemeinsam definierten sie den Begriff des Effizienzparadoxons. Sie vertraten die Ansicht, dass Organisationen oft eine falsche Vorstellung davon haben, was Effizienz eigentlich ist. Überdies würden sie oft dazu neigen, sich zu sehr auf die effiziente Nutzung von Ressourcen zu konzentrieren. Als Gegenentwurf dazu führten sie dementsprechend eine neue Dimension der Effizienz ein: die Flusseffizienz.

Durch Beispiele Lean näher bringen

"Mit seinen eindrucksvollen Beispielen hat dieses Buch das Konzept Lean näher gebracht", wird auf der Website des Buches angepriesen. Die ersten fünf der insgesamt 11 Kapitel zielen dementsprechend darauf ab, durch anschauliche Darstellungen die folgende Frage zu behandeln: Wie kann ein Verdachtsfall zu einer medizinischen Diagnose führen?

Im ersten Fall muss die fiktive Patientin insgesamt 42 Tage darauf warten, um ihren Befund zu erhalten. Der Grund dafür sind viele Zwischenstationen, die sie zuerst durchgehen musste: mehrere medizinische Prozesse an verschiedenen Institutionen und Kontakt mit verschiedenen Ansprechpartner:innen. Demgegenüber setzen die Autoren eine zweite fiktive Person, die bei dem gleichen Verdachtsfall in ein spezielles Brustkrebszentrum geht. Dort findet sie alle nötigen Ansprechpartner:innen, Geräte und Labore, die für die Diagnose notwendig sind, an Ort und Stelle. Innerhalb eines Vormittags erhält sie die korrekte Diagnose.

Ressourceneffizienz versus Flusseffizienz

Doch warum diese Beispiele? Die Autoren wollen vorrangig zwei Konzepte erläutern. Das erste Beispiel veranschaulicht die Ressourceneffizienz: Jede Abteilung, jede Einheit beschäftigt sich ausschließlich mit dem Aufgabenbereich, für den sie zuständig ist. Wenn die Ressourcen nur für zehn Proben pro Tag zur Verfügung stehen, aber 50 Patienten pro Tag eine Probe abgeben, stapelt sich die Arbeit. Erst, wenn wieder Ressourcen vorhanden sind, können neue Proben untersucht werden.

Das Zweite reflektiert die Flusseffizienz: Die Bedürfnisse des Kunden stehen im Mittelpunkt, und die Dienstleistungen werden um den Kunden herum aufgebaut. Wenn sich jemand mit einem Anliegen meldet, sind alle Beteiligten bestrebt, dass dieses Anliegen umgehend und gemeinsam behandelt wird. Auf diese Weise wollen die Autoren vermitteln, dass Flusseffizienz mehr Vorteile mit sich bringt: kürzere Warteschlangen, freie Kapazitäten, effiziente Prozesse und verbesserte Qualität.

Willkommen bei Lean

Erst in Kapitel sechs wird Toyotas interne Produktionsphilosophie mit folgendem Spruch eingeführt: "Welcome to the Wild West ... Wir nennen es Lean". Zu diesem Zweck wurde zunächst ein Blick in die Vergangenheit geworfen. Taiichi Ohno begann 1932 seine Karriere bei der Toyoda Familie. Er wird als der Gründervater vorgestellt, der die Philosophie des Toyota-Produktionssystems über einen Zeitraum von sechzig Jahren kontinuierlich weiterentwickelte. Das Zitat "Wir tun nichts anderes, als die Zeitlinie zu analysieren, die mit dem Eingang des Kundenauftrags in unserem Werk beginnt und endet, wenn wir das Geld in Händen halten. Wir analysieren lediglich die Zeitlinie, indem wir die nicht-wertschöpfenden Verschwendungen reduzieren", aus Ohnos Buch Toyota Production System: Beyond Large-Scale Production, wird von den Autoren geschickt eingesetzt. Um zu veranschaulichen, dass die Toyota-Philosophie die Flusseffizienz zum Standard ihres Betriebs erklärt hat.

Daraufhin werden die Kernprinzipien von Lean aufgelistet: Teamarbeit; das effiziente Nutzen von Ressourcen und das Eliminieren von Verschwendung; Kommunikation und kontinuierliche Verbesserung. Gefolgt von einer Darstellung der bahnbrechenden Literatur im Bereich Lean. Von Krafciks The Machine that Changed the World, in dem Daniel Roos und T. Jones einen umfassenden Überblick über das Phänomen der schlanken Produktion geben. Zu Womack und Jones Lean Thinking: Ballast abwerfen, das Organisationen lehrt, wie es lean werden kann. Zu Toyotas Kernwerte-Vorstellung in The Toyota Way und schließlich Jeffrey K. Likers gleichnamigen Buch, in dem er seine eigene Interpretation der Toyota-Philosophie beschreibt.

Eine wichtige Anekdote

Mit Beispielen beginnt das Buch, mit einer Anekdote endet es. Ein Fremder, der in Japan unterwegs ist, besucht Toyota. Und lässt sich von einem hohen Manager, der Schwede ist, die Grundlagen des Lean Management erklären. Es ist unklar, ob es sich um eine autobiografische Schilderung des Sachverhalts handelt. Herausragend ist jedoch die Art und Weise, wie der Manager die Dinge darstellt: Am Anfang von allem stehen Wertvorstellungen. Es geht nicht darum, das Produktionssystem eines Unternehmens um 180 Grad zu drehen. Vielmehr stehe die Frage, welchen Wert das Unternehmen vermitteln will, im Zentrum aller Aktivitäten. Diese Frage müsse man dann herunterbrechen und schließlich die Methoden und Verfahrensschritte anpassen. Das sei die richtige Reihenfolge, die oft missverstanden werde: Das Handeln folgt zunächst der Philosophie und dem Wert, den ein Unternehmen für sich selbst definiert.

Viele Leser:innen schätzen genau diese Vermittlung bei Das ist Lean. Hier geht es nicht um die Lean-Tools, sondern um essenziellere Aspekte: "Ein sehr gut geschriebenes Lean-Buch, das sich nur wenig mit den klassischen Lean-Methoden, sondern viel mehr mit dem Thema der Grundprinzipien von Lean und der erforderlichen Kultur und Mindset-Veränderung befasst", beschreibt ein Rezensent auf Amazon.

Appetizer oder tiefgreifend?

Gleichzeitig hilft es den Leser:innen, sich schrittweise ein eigenes Verständnis des Flussprinzips zu erarbeiten. Ein Leitfaden, der zunächst Schritt für Schritt mit Beispielen in das Thema einführt. In der zweiten Hälfte folgt dann der eigentliche Gehalt des Buches. Dort findet man konkrete, sachliche Erklärungen, wie es zu Lean kam, was die Toyota-Philosophie ist, wie das System funktioniert. Und abschließend ein Ausklang, der durch eine Anekdote im Gedächtnis haften bleiben soll: das eigentliche Wirkungsprinzip von Lean.

Die Kritiken zu diesem Buch fallen jedoch unterschiedlich aus. Während viele das Buch loben und es als perfekte Lean-Einführungsliteratur bezeichnen, gibt es auch solche, die auf Schwierigkeiten stoßen. Ein geringer Erklärungsgehalt, da die Informationen eher durch fiktive Beispiele oder Idealmodelle als durch reale Informationen dargestellt werden. "Für mich eher ein Appetizer als wirklich tiefgreifend", heißt es in einer weiteren Rezension.

Für Menschen, die mit dem Thema Wirtschaft, geschweige denn mit Unternehmensphilosophien, nicht viel am Hut haben, könnte es dadurch umso schwieriger werden, den Sinn des Buches zu erfassen. Denn obwohl das Buch sprachlich einfach verfasst ist, könnte es für Menschen, die nicht in diesem Themengebiet bewandert sind, verwirrend sein. Es werden immer wieder neue Begriffe eingeführt, ohne dass diese explizit erklärt werden. Für diejenigen, die mit Lean vertraut sind, oder für unternehmerisch Interessierte ist dies jedoch eine umso geeignetere Literatur, wenn es darum, um an die Grundprinzipien des Systems erinnert zu werden.

*) Mit der Erstellung dieses Textes wurde von uns das futureorg institut beauftragt, welches wiederum Frau Sali Abbas und Herrn Kamuran Sezer hiermit beauftragt hat.



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