Chancen und Gefahren von Gamification (2)
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den Chancen und Gefahren von Gamification.
Im ersten Teil habe ich mich mit den Chancen von Gamification beschäftigt. Der zweite Teil wird nun die möglichen Gefahren von Gamification genauer beleuchten.
Wie jede Erfindung bringt Gamification die Gefahr der bewussten oder unbewussten missbräuchlichen Verwendung mit sich.
In diesem Zusammenhang sehen wir uns zuerst die Verwendung von Skinner Box Elementen an. Skinner Box Elemente sollen Menschen auf ein bestimmtes Verhalten hin konditionieren. Die effektivitätssteigende Wirkung von Skinner Box Elementen wurde in vielen Studien bestätigt und ihre Anwendung kann z.B. Patienten helfen, ihre Medikamente regelmäßig zu nehmen. Wir finden sie aber auch immer häufiger in unserem Alltag in Form von zum Beispiel Flugmeilen, Rabattmarken oder Kundenkarten. Wo ihr Wert mehrdeutig zu sehen ist.
Skinner Box Elemente finden wir in allen Spielen. Problematisch werden sie, wenn sie zum Beispiel als ständig wiederholende Aufgaben (sammle 20x, töte 10y, etc.) gestellt werden, nur um die Spieler länger im Spiel zu halten oder eine mögliche Inhaltsleere des Spiels zu überdecken. Die Verwendung von reinen Skinner Box Elementen in Unternehmen (z.B. erreiche 100 Verkäufe für einen Bonus) ist sehr verführerisch, da diese Elemente verhältnismäßig günstig, rasch implementierbar und kurzfristig sehr effektiv sind. Langfristig tritt aber ein Gewöhnungseffekt wie bei einem „Junkie“ ein. Die Dosis muss ständig erhöht werden, um dieselben Effekte zu erzielen. Dasselbe sehen wir bei Schülern, die für jedes „Sehr gut“ Geld bekommen.
Der externe Anreiz verdrängt das intrinsische Interesse am Wissen und muss immer wieder gesteigert werden.
Damit hängt auch das Ziel der Erzeugung eines ständigen Arbeitsflows bei den Mitarbeitern zusammen. Ein Flow ist eine großartige Sache, aber was passiert mit Mitarbeitern, die durch die verwendeten Methoden den Dauer-Flow nicht mehr verlassen können oder wollen? Sucht? Burnout? Working-Life-Balance?
Einige Gamedesginer werfen diese Fragen auch in der Spielbranche unter dem Begriff „human design“ auf. Spiele sollen das Leben bereichern und nicht nur Kunden von ihrem Geld trennen. Dazu gehört exemplarisch die Frage nach der Gestaltung von „exit points“. „Exit points“ können z.B. Speicherpunkte oder Zwischensequenzen sein, die es dem Spieler leichter machen, dass Spiel an einem bestimmten Punkt wegzulegen und eine Pause zumachen. Und auch Skinner Box Elemente können eine sinnvolle Bereicherung im Spiel darstellen, wenn sie zum Beispiel zur Steuerung des Pacing verwendet werden. In guten Spielen werden sie aber niemals zur handlungsleidenden Aktivität.
Wenn man also über Gamification in Unternehmen nachdenkt, müsste man ebenfalls eine „human design“ Debatte führen.
Welcher Mix an Werkzeugen kann wie verwendet werden, damit Gamification eine Bereicherung für alle darstellt. Um dieses Ziel zu erreichen, wären für mich folgende Punkte zu beachten.
Erstens wäre ein bloßes Einführen von leistungssteigernden Triggern kontraproduktiv.
Zweitens sind Spiele immer freiwillig. Ich kaufe mir ein Spiel, weil ich in diese Welt eintauchen und eine Lösungen für die Probleme finden möchte. D.h. „Spielen“ kann nicht einfach angeordnet werden.
Drittens ist Gamification ein ganzheitlicher Prozess, der durch die Unternehmenskultur mitgetragen werden muss.
Dies war ein Überblick über Gamification, ich hoffe, ich konnte zeigen, wo die Chancen und Gefahren von Gamification liegen und dass es mit Gamification dasselbe ist wie mit Dynamit und Internet, es kann damit viel Positives aber auch Negatives bewirkt werden...
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