
OEE im ökologischen Fokus
Kann der OEE mehr als nur Produktivität steigern? Was passiert mit Energie und Ressourcen, wenn Maschinen ungeplant stillstehen? Wie könnte ein interner CO2-Preis helfen, Produktionsverluste nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch zu bewerten? Dieser Artikel zeigt, wie Unternehmen den OEE neu denken und damit nachhaltige Effizienzgewinne erzielen können.
1. Klassischer OEE
Die Gesamtanlageneffektivität (OEE) ist eine zentrale Kennzahl zur Messung der Produktivität in der Fertigung. Sie setzt sich aus drei Faktoren zusammen:
Verfügbarkeit: Wie viel der geplanten Produktionszeit wird tatsächlich genutzt?
Leistung: Wie effizient laufen die Maschinen im Vergleich zur möglichen Leistung?
Qualität: Wie hoch ist der Anteil fehlerfreier Produkte an der Gesamtproduktion?
Ein hoher OEE-Wert bedeutet minimale Verluste in diesen Bereichen, während ein niedriger Wert auf Optimierungspotenzial hinweist. Unternehmen nutzen den OEE, um Schwachstellen zu identifizieren, Stillstandszeiten zu reduzieren und die Produktion wirtschaftlicher zu gestalten. Doch neben den ökonomischen Vorteilen birgt der OEE auch Potenzial für nachhaltige Verbesserungen – insbesondere durch die Berücksichtigung ökologischer Faktoren.
In diesem verlinkten ARTIKEL haben wir alles zusammengefasst, was Sie zum klassischen OEE wissen müssen - Zielstellung, Vorgehensweise bei der Einführung, Erfolgsfaktoren, Wasserfallmodell & Beispielrechnungen.

2. Vernetzung ökologischer Ziele
Ein häufiger Produktionsverlust resultiert aus ungeplanten Stillständen wie technischen oder organisatorischen Störungen. Diese Stillstände sind nicht nur aus ökonomischer Sicht ein Problem, da die Produktion zum Erliegen kommt, sondern haben auch eine ökologische Dimension: Energie wird weiterhin in Nebenanalgen verbraucht. Pneumatik, Strom und Dampf werden in vielen Fällen weiter produziert, obwohl die Produktion stillsteht. Die resultierende Energieverschwendung hat nicht nur Auswirkungen auf die Betriebskosten, sondern auch auf den CO2-Ausstoß eines Unternehmens.
Hier wird der OEE zu einem wertvollen Führungsinstrument, wenn man auch ökologische Ziele verfolgt. Ein Ansatz könnte darin bestehen, einen internen CO2-Preis zu entwickeln, der als Teil der OEE-Bewertung mit einfließt. Damit könnten Unternehmen nicht nur den ökonomischen Verlust durch Stillstände messen, sondern auch den ökologischen Verlust, der durch ungenutzte Energieproduktion entsteht. Dies könnte den Handlungsbedarf der Verantwortlichen klarer und dringlicher machen und eine sinnvolle Grundlage für Investitionen in effizientere Technologien und Prozesse bieten.
Die Einbindung der erweiterten OEE-Perspektive in das Shopfloor-Management erfordert eine tiefgehende Integration ökologischer Kriterien in die tägliche Produktionssteuerung. Neben der klassischen Fokussierung auf die Faktoren des OEE muss das Shopfloor-Management künftig auch den Energieverbrauch pro Produktionseinheit sowie den Energieverbrauch pro Stillstandsminute überwachen. Dies bedeutet, dass alle Beteiligten – vom Maschinenbediener bis zum Teamleiter – nicht nur auf die Maximierung der Produktionsrate achten, sondern auch auf den effizienten Umgang mit Ressourcen, insbesondere Energie. Abschaltchecklisten und Energieoptimierungsstrategien können hier wichtige Werkzeuge sein, um Stillstandszeiten nachhaltig zu minimieren und den Energieverbrauch während dieser Phasen zu senken. Ein kontinuierliches Monitoring des ökologischen Fußabdrucks auf Managementebene ermöglicht es, Potenziale für Ressourcenschonung und CO2-Reduktion frühzeitig zu identifizieren und in die tägliche Arbeit zu integrieren. So wird das Shopfloor-Management nicht nur zu einem Instrument der Produktionsoptimierung, sondern auch zu einem wichtigen Hebel für die nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens.
3. Herausforderungen
Die Integration ökologischer Faktoren in den OEE stellt Unternehmen vor verschiedene Herausforderungen, die eine umfassende Anpassung bestehender Systeme und Denkweisen erfordern. Diese Anpassung geht weit über die bloße Erweiterung der Kennzahl hinaus und betrifft sowohl technische als auch organisatorische Aspekte. Die wichtigsten Herausforderungen, die Unternehmen auf diesem Weg erwarten können, lassen sich in drei wesentliche Bereiche unterteilen:
- Datenverfügbarkeit und -genauigkeit
Die Grundlage einer erfolgreichen Integration ökologischer Aspekte in den OEE ist die verlässliche Erfassung und Auswertung von Daten. Dabei müssen nicht nur die klassischen OEE-Kennzahlen wie Verfügbarkeit, Leistung und Qualität betrachtet werden, sondern auch der Energieverbrauch pro Produktionseinheit sowie der Energieverbrauch in Stillstandszeiten. Für eine präzise Messung des Energieverbrauchs je Stillstandsminute müssen Unternehmen geeignete Messsysteme installieren, die die Energieflüsse in Echtzeit überwachen. Das ist eine nicht unerhebliche Herausforderung, da viele Produktionsanlagen heute nicht auf die Erfassung solcher Daten ausgelegt sind. Eine Integration der erforderlichen Energiedaten in das bestehende Produktions- und Steuerungssystem muss erfolgen, um die relevanten Kennzahlen genau und in Echtzeit zu erfassen. Zusätzlich muss auch der Energieverbrauch bei Ausschuss detailliert erfasst und ausgewertet werden, was eine Feinjustierung der bestehenden Systeme und möglicherweise auch Investitionen in neue Messtechniken erfordert. - Veränderung des Projektmanagements
Die Einführung eines internen CO2-Preismodells als Steuerungsinstrument für die Priorisierung von Projekten und Investitionen stellt eine signifikante Veränderung des bisherigen Projektmanagements dar. Während in traditionellen Produktionsprozessen oft nur wirtschaftliche Kennzahlen wie Kosten und Zeitrahmen die Entscheidungsfindung dominieren, müssen nun auch ökologische Kriterien berücksichtigt werden. Der CO2-Preis wird als zusätzlicher Entscheidungsfaktor in die Projektbewertung integriert und beeinflusst die Auswahl von Projekten, die nicht nur aus ökonomischer, sondern auch aus ökologischer Sicht sinnvoll sind. Diese neue Dimension erfordert eine Veränderung des Denkens bei den Führungskräften und Projektverantwortlichen, die traditionelle Prioritäten wie Kostenreduktion und Produktionssteigerung neu gewichten müssen. Auch die Projektplanung und -durchführung muss in Bezug auf Ressourceneffizienz und CO2-Emissionen weiterentwickelt werden. Unternehmen müssen Methoden zur ökologischen Bewertung von Projekten etablieren, um den CO2-Impact im gesamten Projektlebenszyklus zu minimieren. - Schulungsbedarf und Akzeptanz
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Integration ökologischer Ziele in das Shopfloor-Management und die Produktion ist die Sensibilisierung und Schulung der Mitarbeitenden. Um ökologisches Denken in den Produktionsalltag zu integrieren, müssen Mitarbeitende auf allen Ebenen für die Bedeutung von Energieeffizienz und Ressourcenschonung sensibilisiert werden. Dies betrifft nicht nur das Management, sondern auch das Produktionspersonal, das täglich mit Maschinen und Prozessen arbeitet. Eine gezielte Schulung ist erforderlich, um das notwendige Wissen über den ökologischen Fußabdruck der Produktion sowie über konkrete Maßnahmen zur Energieeinsparung zu vermitteln. Das reicht von der Schulung in der richtigen Handhabung von Maschinen bis hin zu Trainings zu besten Praktiken bei Stillständen, um Energie zu sparen und den CO2-Ausstoß zu minimieren. Darüber hinaus ist es entscheidend, die Akzeptanz der neuen Maßnahmen und Ziele zu fördern. Mitarbeitende müssen die ökologischen Ziele als wichtigen Bestandteil ihrer Arbeit verstehen und sich mit den Veränderungen identifizieren. Das kann durch transparente Kommunikation und die aktive Einbindung in den Veränderungsprozess erreicht werden.
Sie fanden diesen Denkanstoß interessant? Lesen Sie HIER unseren Ansatz einer grünen Wertstromanalyse oder HIER, wie Lean als ökologischer Katalysator dienen kann.

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