
Nennt es gefälligst beim Namen und sagt nicht #Lean dazu!
In all den Jahren, in welchen ich mich nun mit dem befasse, was seit über 30 Jahren als Lean oder gar als Lean Transformation bezeichnet wird, meinte sehr oft mein Gegenüber in Wirklichkeit Produktivitätssteigerung. Nicht dass ich etwas gegen die Steigerung der Produktivität hätte, aber ich frage mich immer wieder, wie man auf die Idee kommt, dies als Lean zu bezeichnen.
Lean, in Wirklichkeit ein Kunstwort, hat – zumindest bei Toyota – vereinfacht ausgedrückt zwei wesentliche Merkmale. Zum einen geht es um die kontinuierliche Verbesserung (KVP) und zum andern um Respekt vor den Menschen. Was nun hierzulande als KVP bezeichnet wird, ist leider sehr oft nur die (sinnfreie) Anwendung von Methoden und Tools; jedoch geht es bei der kontinuierlichen Verbesserung darum, ständig alles in Frage zu stellen. Und meiner Ansicht nach ist die „eigentliche“ Leistung dabei, ein Umfeld zu schaffen, in welchem Menschen kontinuierlich lernen können und Veränderung nicht nur akzeptiert wird, sondern ausdrücklich gefördert wird. Organisationen, welche Lean bzw. die Transformation dorthin ernst nehmen, reduzieren alle Aktivitäten nicht nur auf ihre Prozesse, sondern haben eine Idee davon, wohin sich die Organisation selbst langfristig entwickeln soll. Dazu gilt es, Führungskräfte zu Coaches zu entwickeln und eine Umgebung zu schaffen, in welcher alle Mitarbeitende experimentell Probleme lösen können.

Leider ist es nun seit einigen Jahren so, jedenfalls aufgrund meiner Beobachtungen, dass eine Vielzahl der Aktivitäten in Organisationen lediglich dazu dient, kurzfristige Ziele zu erreichen, um die Aktionäre zufriedenzustellen. Ich möchte nicht falsch verstanden werden! Geld zu verdienen, ist nichts Schlechtes. Doch wenn dies dazu führt, dass „ständig“ Spitzenpositionen von außen neu besetzt werden, so kann keine langfristige Idee entwickelt werden, wohin sich die Organisation z.B. in den kommenden fünf bis 10 Jahren entwickeln soll. Umgekehrt hat dies zur Konsequenz, dass nicht mehr in die Mitarbeitenden investiert wird, keine Bargeldreserven gebildet werden und nur noch bedingt in Forschung & Entwicklung investiert wird.
Seit vielen Jahren kennen wir von Jeffrey K. Liker die 14 Managementprinzipien des Toyota-Weges, welche Liker letztlich in einem 4P-Modell (Philosophie, Prozess, Personal und Problemlösung) abgebildet hat. Wir sollten also wissen, nun jedenfalls alle, die sich damit beschäftigt haben, dass alldiejenigen, die sich nur mit ihren Prozessen beschäftigen und dabei ihre bevorzugten Methoden & Tools anwenden, nur Produktivitätssteigerung erreichen (wollen). Dazu die Idee von Lean nicht verstanden haben, schon überhaupt nicht dessen, was hinter dem großen Begriff Transformation steckt.
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