Strategie ist ein Denkprozess – keine Checkliste
Strategiearbeit wird häufig missverstanden. Zu oft herrscht die Annahme, dass sie sich in vorgefertigten Modellen, Formularen oder kurzen Meetings erschöpfen lässt. Doch diese Sichtweise greift zu kurz und führt in der Praxis häufig zu Problemen. Eine gute Strategie ist kein Produkt standardisierter Abläufe. Sie entsteht durch intensives Nachdenken, Diskussionen und das Zulassen von Divergenzen. Dies erfordert Zeit, Raum und Leadership – ohne Kompromisse.
Warum Strategiearbeit scheitert – ein Beispiel aus der Praxis
Ein Unternehmen, das bereits anderthalb Jahre an seiner Strategie gearbeitet hatte, kontaktierte uns. Trotz klar formulierter Ziele fehlte scheinbar die Energie, um die Umsetzung voranzutreiben. Irgendwo hakte es. Die Ursache? Ich vermutete, dass die strategische Arbeit wesentliche Elemente übersprungen hatte, insbesondere die Auswirkungen auf die Geschäftsprozesse.
Nach Einzelinterviews zeigte sich, dass die übergeordneten Ziele allen Beteiligten bekannt waren, jedoch mit leicht abgewandelten Zielsetzungen interpretiert wurden. Das führte zu einer Art «unscharfem Bild» der Strategie. Erst durch intensive Workshops konnten wir dieses Bild schärfen. Besonders wertvoll waren die kontroversen Diskussionen, die nicht nur Meinungsverschiedenheiten aufdeckten, sondern auch den notwendigen Konsens ermöglichten. Wenn intensive Diskussionen gemieden oder nur dem persönlichen Plan gefolgt wird, dann bringen wir unsere Organisation nicht weiter. Dann laufen wir Gefahr, lediglich aktuelle Probleme zu lösen, die morgen sowieso irrelevant sind. In meinem Beispiel kam der Durchbruch im dritten Workshop – mit klaren Entscheidungen und einem gemeinsamen Commitment. Erst danach konnte die Strategie effektiv ausgestaltet und umgesetzt werden.
Effektivität vor Effizienz – der Kern der Strategiearbeit
Strategiearbeit unterscheidet sich grundlegend von operativen Prozessen. Sie zielt darauf ab, die Zukunft zu gestalten, nicht die Gegenwart zu optimieren. Hier liegt der Unterschied zwischen Effektivität und Effizienz: Effektivität bedeutet, die richtigen Dinge zu tun, während Effizienz darauf abzielt, Dinge richtig zu tun. Kontinuierliche Verbesserungsprozesse sind wichtig, um bestehende Abläufe zu optimieren. Strategiearbeit jedoch greift tiefer – sie verändert die Grundausrichtung und schafft neue Perspektiven. Ohne diese Denkprozesse wird eine Organisation keine nachhaltige Transformation erleben.
Arbeit am System, nicht im System
Strategiearbeit ist systemisch. Sie betrachtet Strukturen, Dynamiken und Funktionsweisen einer Organisation und entwickelt diese weiter. Im Gegensatz zur Arbeit im System, die sich mit operativen Aufgaben befasst, ist die Arbeit am System langfristig angelegt und zukunftsorientiert. Diese Ebene des Denkens ist entscheidend, um eine Organisation nachhaltig aufzustellen. Es geht darum, den Rahmen für zukünftige Erfolge zu schaffen und nicht lediglich aktuelle Herausforderungen zu lösen.
Strategisches Denken als Führungsaufgabe
Strategiearbeit verlangt Kreativität, Zeit und Führung. Sie ist ein kontinuierlicher Denkprozess, der Diskussionen und Divergenz zulassen muss, um am Ende Klarheit und Fokus zu schaffen. Unternehmen, die strategische Diskussionen vermeiden oder sich auf Standardprozesse verlassen, gefährden ihre Zukunft. Strategiearbeit ist keine Effizienzmassnahme – sie ist Arbeit an der Effektivität. Und genau hier liegt der Schlüssel, um Organisationen nicht nur für die Herausforderungen von heute, sondern auch für die Anforderungen von morgen zu rüsten.
In meinem Buch: «Der dynamikrobuste Strategieprozess: Strategiearbeit für unsichere Zeiten» erhaltet ihr viele Impulse, wie Unternehmen flexibel bleiben, indem sie dynamische Strategien entwickeln, die sich schnell anpassen lassen.
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