Ernst Weichselbaum (1944-2024): Ein Nachruf

Ernst Weichselbaum (1944-2024): Ein Nachruf

Einer der bedeutendsten Management- und Lean-Erfinder aller Zeiten und ein brillanter BetaCodex-Pionier ist von uns gegangen: Am 27. Dezember 2024 verstarb mein Freund und Kollege Ernst Weichselbaum im Alter von 80 Jahren.

31. Dezember 2024 um 10:00 Uhr von Niels Pfläging | Red42


Ernst Weichselbaum wurde 1944 in Zwittau/Mähren im heutigen Tschechien geboren. Beide Elternteile waren in gestaltenden Berufen tätig: die Mutter als Schneiderin, der Vater als Tischlermeister. Der Schulweg führte Ernst über Volksschule, Gymnasium und Matura als Holztechniker zum Architekturstudium an der TU Wien. 1966 unterbrach er das Studium jedoch schon nach dem 2. Semester – „für ein bis zwei Jahre“, so sagte er damals. Aus dieser Unterbrechung wurde eine 28-jährige Anstellung bei dem Büromöbelhersteller Bene – einem österreichischen „Hidden Champion“. Dort arbeitete er zunächst als Holztechniker. Die Entwicklung dieses Unternehmens bis in die 1990er-Jahre hinein gestaltete Weichselbaum maßgeblich mit. 

Zum Glück hatte er, wie er selbst sagt, „ausreichend zu wenig Wissen“ über die Betriebswirtschaft, um unvoreingenommen, mit Phantasie sowie durch Versuch und Irrtum, gemeinsam mit Kollegen eine attraktive Alternative zur klassischen Betriebswirtschaftslehre zu entwickeln. Die Notwendigkeit dazu wurde ihm erstmals deutlich, als er einem ortsansässigen Sparkassendirektor empfehlen musste, den Weltspartag zu verschieben, da die Produktion der bestellten Einrichtung bei optimaler Fertigungssteuerung nicht rechtzeitig fertig werden würde. 

Bei Bene entwickelte Ernst Weichselbaum über die Jahre hinweg die Prinzipien und Praktiken seines Systems, wandte sie an und verfeinerte sie. Bereits 1982 war Bene Pionier der „flexiblen Arbeitszeit“. Das Unternehmen war führend bei der Entwicklung und beim Betrieb des Konzepts der Fraktalen Fabrik. Bei der Entwicklung seines Modells waren für Weichselbaum die Einfachheit, die Wirkung auf die Menschen und die Anwendung des Hausverstands von zentraler Bedeutung. Ergebnisse seiner Arbeit bei Bene waren kurze und konstante Lieferzeit; die Entwicklung eines partizipativen, ergebnisorientierten Entlohnungsmodells, das Maßstäbe setzte; das Drei-Ebenen-Modell als Ersatz für klassische Hierarchie; permanente Gewinnkontrolle statt Bilanzanalyse im Nachhinein.

„Alle Firmenprozesse durchlaufen drei Aggregatzustände: Wollen, Werden, Sein.“  (Drei-Ebenen-Modell von Ernst Weichselbaum)

Ernst war dabei stark von den Pionieren des Radikalen Konstruktivismus, Heinz von Foerster und Ernst von Glasersfeld, beeinflusst worden. „Der Mensch ist das Tagebuch seiner Begegnungen. Mit Heinz von Foerster und Ernst von Glasersfeld verbindet mich als ‘Heimatvertriebener’ das gleiche Jugendschicksal: Innerhalb kurzer Zeit lebten wir an verschiedenen Orten und lernten die Welt aus verschiedenen Blickwinkeln kennen. Dieses Schicksal half uns, neue Perspektiven als etwas Alltägliches zu empfinden. Wenn man die Welt nur aus einer Richtung wahrnimmt, hält man alle anderen Sichtweisen oft für falsch. Die Konsequenz daraus ist, dass jenseits der jeweiligen Grenzen immer die Bösen und Blöden wohnen, was für mich eine gefährliche und unmenschliche Lebensanschauung ist.“ 

Die verschiedenen Konzepte verschmolzen im Laufe der Jahre zu einer Zeitorientierten Betriebswirtschaft, einem System der Betriebsführung mit fixer, von der Auslastung unabhängiger Lieferzeit. Dieses System wurde später als das Weichselbaum-System auch über die Grenzen Österreichs hinweg bekannt.

Diese alternative Art der Unternehmensführung bei Bene bewährte sich. Nach einigen Jahren wurde Weichselbaum bei Bene Geschäftsführer mit den Verantwortungsbereichen Produktion, Logistik, Fertigung, Produktentwicklung und Organisation. „Letztendlich glaube ich, dass ich doch Architekt geworden bin“, meint er. „Meine Gebäude sind jedoch die Prozesse, die das Zusammenarbeiten von Personen und Personengruppen viabler machen; mein Mörtel ist, so gesehen, die Nahtstellenvereinbarung.“ 

Die Erfindung der Nahtstellenorganisation

„Die kleinste Einheit sind drei: zwei Menschen im Dialog.“

sagt Ernst Weichselbaum. Diese Feststellung über Zusammenarbeit ist sozusagen der Urknall der Zusammenarbeit als Nahtstellenorganisation. Denn für Organisationen und menschliche Zusammenarbeit gilt:„Nicht die Menschen stehen im Mittelpunkt, sondern die Tatsache, dass sie einander begegnen. Stünde der Mensch im Mittelpunkt der Organisation, dann wäre er das Problem, und nicht dessen Lösung. Es ist aber die Qualität unserer Interaktionen, unsere Begegnungsqualität, die der eigentliche Dreh- und Angelpunkt für Effektivität der Unternehmen ist. Mit dieser Annahme verändert sich die Rolle der Manager. Einzige Aufgabe der Manager in der Zeitorientierten Betriebswirtschaft ist es, Bewusstsein zu koordinieren. Nicht Handlungen, Prozesse, Gruppen." 

Die Idee der Nahtstelle ändert alles in unserer Wahrnehmung von Organisationen: Sie macht eine Verschiebung der Autorität weg von Managern und hin zur Vereinbarung zwischen den Akteuren möglich. "Das Bewusstsein für Vereinbarungsautorität bedeutet einen Quantensprung in unserer Vorstellung von Führung. Man führt die anderen nicht, sondern man schuldet anderen definierte Arbeitsabläufe, Erleichterungen der Arbeit und ein hohes Maß an Selbstorganisation. Hierarchie leistet das nicht, denn sie hat ein Machtgefälle."

Der Schlüssel zum Verständnis der Nahtstellenorganisation war also, die durch Nahtstellen vernetzten Akteure in Resonanz mit Markt und Kundennachfrage zu versetzten. Bei Ernst Weichselbaum klingt das so: „Die Nahtstellen sind der Ort der primären Organisation – nicht die Inhalte der Abteilungen! Die sind sekundär.“ Und:

„Wenn wir dem Kundennachfragestrom keinen Widerstand entgegensetzen, kann die Wertschöpfung schwingen.“

Die schwingende Organisation ist kein Ideal, sondern machbare Realität. Statt auf Disposition, die Verklumpung von Aufträgen zu maximal grossen Chargen oder auf Auslastungsmaximierung der Anlagen zu setzen, lassen Weichselbaum-Organisationen die Kapazität schwingen und fixieren stattdessen die Durchlaufzeit – was den meisten heutigen Managern und Praktikern immer noch als ein Ding der Unmöglichkeit erscheint. Im Weichselbaum-System dagegen stellen Organisationen den Wertschöpfungsfluss zuverlässig sicher: Durch Selbstorganisation und ein Bewusstsein für die Bedeutung der Zeit für arbeitende Menschen und ihr Menschsein:

„Der Tag hat Anfang und Ende. Dazwischen liegt ein Tagwerk.“ 

Zeitorientierung in der Betriebswirtschaft: Das unverstandene Feld

Wie ein roter Faden zieht sich der Gedanke der Zeit durch das Werk von Ernst Weichselbaum. Der Zeitbegriff, die Bedeutung von Zeit für Arbeit und Wertschöpfung ist wohl das, was das Weichselbaum-System im Innersten zusammenhält. Herausgefunden hat er das alles, so sagt er, „durch Beobachtung und mit Hausverstand“. Aber auch praktische Theorie, wie der von-Foerstersche Konstruktivismus, die Kybernetik und die Systemtheorie, prägten ihn. Und nicht zuletzt ein tief-sitzender, beharrlicher Humanismus, der sich seiner politischen Dimension durchaus bewusst ist: „Die Wirtschaft ist zu einer Kapitalverdichtungsmaschine verkommen“ sagt Ernst Weichselbaum. „Wir müssen die realen Unternehmensgestalter aus den Denkkäfigen befreien. Dieses Buch ist eine der Möglichkeiten, diese gewohnten Denkmuster mittels Provokationen durch andere Denkmuster abzulösen.“ Nicht zufällig nutzte Ernst Weichselbaum den Begriff des „Denkwerkzeugs“ bereits in den frühen 90er-Jahren.

Ernst Weichselbaum erkannte früher als die meisten, dass die mengenorientierte Betriebswirtschaft ausgedient hatte, da sie philosophisch, moralisch und praktisch ausgereizt, ausgelaugt, bankrott war. Doch was sollte an die Stelle mengen-, grössen- und skaleneffektorientierten Wirtschaftens treten? Für Ernst war die Antwort klar:

„Wir können ewig pünktlich sein, aber nicht ewig wachsen.“

Dabei erkannte Ernst Weichselbaum früh den Zusammenhang zwischen Selbstorganisation und dem Primat der Zeitorientierung in der Unternehmensführung. „Zeitorientierung", so sagte er, "ist Voraussetzung für Vernetzung und Selbstorganisation.“ Und damit auch für die Demokratisierung von Unternehmen. Die Produktivitäts- und Effektivitätszuwächse durch die Zeitorientierte Betriebswirtschaft waren bei den Anwendern des Weichselbaum-Systems so erstaunlich, dass einige von ihnen mit Fug und Recht behaupten konnten:

„Wir produzieren so schnell, wie andere ab Lager liefern.“

Aus der Unternehmensführung in die Beratung

Dieses System lehrte Ernst Weichselbaum fortan in Seminaren, Trainings und Workshops innerhalb und außerhalb seines Unternehmens Bene. Daniel Jones, Co-Autor des Weltbestsellers „Die zweite Revolution der Automobilindustrie“ wollte für eine Stunde bei Bene vorbeikommen – und blieb zwei Tage lang. Andere Pioniere zeitgemäßer Führung wie Ricardo Semler reisten nach Österreich, um ihre eigene Arbeit mit der dieses einzigartigen Pioniers der Unternehmensführung zu vergleichen. 

Dann, 1994, mit 50 Jahren, entschloss sich Ernst Weichselbaum, als Berater fortan anderen Firmen auf die Sprünge zu helfen, hinein in eine wirksamere, effektivere Welt des Denkens und Handelns. Schnell etablierte er sich als das enfant terrible der österreichischen Beraterzunft. In den gut drei Jahrzehnten seiner Selbstständigkeit nach seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bei Bene brachte er seine Konzepte in rund 120 Firmen systematisch zur Anwendung . Mehr als hundertfach bewährt! – ein derartiger Slogan wäre im Zusammenhang mit dem Weichselbaum-System keinesfalls übertrieben. „Ohne das Weichselbaum-System würde es uns nicht mehr geben“ bekennen Unternehmer wie Friedrich Blaha, mit denen der Meister zusammengearbeitete. Fast alle Weichselbaum-Klienten sind nach Einführung seines Systems nicht nur deutlich rentabler geworden, sondern sie waren auch in der Lage, dramatisch zu wachsen. 

Der Deming Österreichs

Im Laufe der Jahrzehnte wurden Ernst Weichselbaum und seine Arbeit mit vielen Begriffen in Verbindung gebracht. Natürlich mit Supply Chain Management, mit Lean, mit praktischem Konstruktivismus und der Fraktalen Fabrik. Leider bislang, aus meiner Sicht, zu selten mit „moderner BWL“ und „modernistischer Unternehmensführung“. Immerhin wurde Weichselbaum mit Titeln wie „Rockstar der Fraktalen Organisation“ bedacht. Zu Recht.

Denn in der Domäne der Unternehmensführung bzw. der Betriebswirtschaft sucht die Arbeit Ernst Weichselbaums ihresgleichen. Vermutlich ist das Weichselbaum'sche Werk, im Hinblick auf Charakter, Originalität und Wirkmächtigkeit in der Praxis am ehesten mit dem des Amerikaners W. Edwards Deming (1900-1993) vergleichbar. Die Parallelen zwischen der Wirkweise Weichselbaums und derer Demings sind im Grunde genommen sogar frappierend. Beide agierten lange abseits vom Applaus des Mainstreams, weitgehend unbeachtet von Moden und akademischer Lehre. Beide erlangten ihren Einfluss zunächst vor allem in der betrieblichen Praxis: Der eine transformierte den industriellen Mittelstand im deutschsprachigen Raum, der andere die japanische Industrie, einschließlich Toyotas und des Toyota Production Systems. Deming kann als Pionier der komplexitätsrobusten, industriellen Großserien-Fertigung gesehen werden. Was nun Deming für die Massenfertigung leistete und was später als „Lean“ internationalen Durchbruch erlangte, das hat Ernst Weichselbaum für die Arten von Produktion vollbracht, die oft als „Serienfertigung“ oder als „Einzelfertigung“ bezeichnet werden. Ernst Weichselbaums besondere Liebe galt dabei dem Mittelstand, wobei er auch große Unternehmen wie Palfinger beraten und beeinflusst hat. 

Beide, Deming und Weichselbaum, eint der Wortwitz. Die Schlagfertigkeit. Der zuweilen scharfzüngige Humor. Der Mut zur Begriffsneuschöpfung. Die Liebe zum Aphorismus. Beide scheuten sich nie, einen ganz eigenen Stil zu pflegen: in der Beratung, in ihren Seminaren wie auch auf öffentlichen Veranstaltungen. Ernst Weichselbaum hat einfach stets sein eigenes Ding gemacht. Hat getan, was funktioniert. Und stets dazugelernt. Alleine das nötigt mir Respekt ab.

Die Leitsätze des Ernst Weichselbaum wurden im Laufe der Jahre auf das Mindeste reduziert. Kompakt. Zu Essenzen verdichtet. Auf Wirksamkeit getrimmt, nicht auf Effekt. Wenn Ernst Weichselbaum besonders stolz auf einen seiner Leitsätze war, dann sagte er Dinge wie: „Da ist kein Wort zu viel!“ 

In jedem Unternehmen steckt ein besseres

Das eigene Buch kam ausgesprochen spät in der Karriere, da war Ernst schon 75 Jahre alt. "Meine Unternehmerkunden haben mich gequält: ‘Wann machst du endlich dein Buch‘ Diesen Satz habe ich nicht selten gehört. Sissi, meine Geschäftsführerin, hat immer gewollt, dass ich ein Buch schreibe und so etwas wie allgemeine Anerkennung erfahre. Mich haben die Mutationen des Themas bei meinen Kunden mehr interessiert." 

Ernst Weichselbaum und ich lernten uns 2015 kennen. Eines schönen Tages rief er mich aus heiterem Himmel an, nachdem ich beim österreichischen Radio ein einstündiges Interview über Komplexithoden gegeben hatte. In den darauf folgenden Jahren blieben wir stetig in Kontakt. Wir telefonierten häufig und trafen uns einige Male, manchmal gemeinsam mit Kunden von ihm, oder mit ehemaligen Kunden wie dem Unternehmer Friedrich Blaha. 2019 trat ich mit einer konkreten Idee dazu an Ernst heran, wie wir gemeinsam ein Buch zum „Weichselbaum-System“ herauszugeben könnten, in dem nicht lange Texte und Erläuterungen, sondern seine sprachlich raffiniert geformten Kernprinzipien in den Vordergrund gestellt werden sollten. Das Buch würde sozusagen um rund 90 "Weichselbaum-Kernaussagen" herum konstruiert sein. 

Wir wurden uns schnell einig und konnten den wunderbaren Dennis Brunotte vom Vahlen-Verlag für das Projekt begeistern. In den darauf folgenden Monaten setzten Ernst und ich uns in seinem Haus in Niederösterreich zu einer Reihe von Interview-haften Gesprächen zur Vervollständigung des Rohmaterials für das Buch zusammen. Herausgeberschaft, Textredaktion und Design des Buchs übernahm ich selbst - das Projekt wurde für mich zu einer befriedigenden, aber auch ausgesprochen aufwendigen Sudoku-Aufgabe für den ersten Covid-Lockdown. Als das Manuskript fertig war, gab es für Ernst kaum noch etwas daran zu korrigieren. Das Buch zum Weichselbaum-System wurde schliesslich im Sommer 2020 unter dem Titel In jedem Unternehmen steckt ein besseres beim renommierten Verlag Vahlen veröffentlicht. 

"Für mich ist dieses Buch die Bestätigung, dass mein Lebenswerk schlüssig ist." sagte Ernst über das Buch. "Mein Lebenspuzzle ist riesengroß. Jetzt habe ich das Gefühl, das Puzzle ist fertig. Aber es lebt: Zum Glück verändern sich einzelne Steine – und an einigen Stellen auch die Kontur des Puzzles. In diesem Lebenspuzzle kenne ich mich aus. Moden und Schlagwörter brauche ich als Sicherheit nicht."

Ein Prophet der Zukunft der Betriebswirtschaft

Ernst Weichselbaum war eine außergewöhnliche Persönlichkeit: Neugierig und eigensinnig, warmherzig und doch unabhängig im Denken, lebendig und zugleich fest verwurzelt in der Familie und in seiner Heimatstadt Waidhofen an der Ybbs.

Im ersten Satz des Buchvorworts beschrieb ich Ernst folgendermaßen: „Ernst Weichselbaum ist ein Zeitreisender. Er ist aus der Zukunft zu uns gekommen, um uns zu zeigen, was sein kann.“ Er nahm die Dinge nie so hin, wie sie waren, und war sich darum auch der politischen bzw. sozialen Dimension der Organisationsgestaltung sehr bewusst. Ernst Weichselbaum war kein Mann der Mittelmäßigkeit oder des Inkrementalismus. In seiner Beratungstätigkeit verzichtete Ernst gänzlich auf eine Analyse des Ist-Zustands (des so genannten "Status Quo"). Denn er verstand: „Vom Standpunkt des Alten ist das Neue immer falsch“. Statt zu fragen: „Geht es nicht besser?“, fragte Ernst Weichselbaum lieber: “Geht es nicht anders viel besser?“

Ernst Weichselbaum war ein echter Berater. Auch darin sehe ich ihn als Vorbild. Stets betonte Ernst, die wichtigste Aufgabe des Beraters bestehe darin, seinen Kunden beizubringen, wie sie anders und effektiver denken könnten – und dass es nicht seine Aufgabe ist, seinen Kunden zu gefallen. 

Optimist bis zuletzt

Ernst Weichselbaum sagte: „Ich bin voller Optimismus für Europa. Ich bin überzeugt: Die nächste Generation des Denkens darüber, wie wir miteinander umgehen, die nächste Generation der Betriebswirtschaft, das wird in Europa geboren. Der nächste Schritt dazu ist die Demokratisierung der Arbeitswelt. Wenn wir uns nicht die Schädel einschlagen, dann muss dabei etwas herauskommen. Eher kommt diese Innovation von den Mittelständlern, den KMUs.“ 

„Wenn du die Welt verändern willst, beginne bei den Mustern in deinem Kopf. Denn da steht dir niemand im Weg."

Das Weichselbaum-System selbst strahlt den gleichen Optimismus aus. Man kann dieses System durchaus als ein praktisches Manifest für die konsequentere Demokratisierung der Arbeitswelt verstehen. „Ich bin der Überzeugung, dass wir bei der Demokratisierung auf einem guten Weg sind und Fortschritte machen“, sagt Ernst Weichselbaum. „Demokratie ist ja nicht die Abstraktion, also die ‚Abstimmungsdemokratie‘. Sondern vor allem das gelebte demokratische Handeln selbst. Man könnte das auch die ‚Leistungsdemokratie‘ nennen. Ein Beispiel sind Familien- und Genderfragen: Da hat sich seit den 1970ern viel getan, auch wenn noch lang nicht alles gut ist. Die Arbeit außerhalb der Erwerbsarbeit ist ein weiteres Beispiel von vielen: von der freiwilligen Feuerwehr über die Flüchtlingshilfe hin zu Deutschkursen für Ausländer. Diese Fortschritte im gelebten Leben in unseren Demokratien stimmen mich positiv.“

„Verhalte dich stets so, dass du die Summe des Lächelns erhöhst.“

Ernst Weichselbaum ist von uns gegangen. Aber das Weichselbaum-System wird aufgrund seiner unvergleichlichen philosophischen Qualität, seiner sprachlichen Eleganz, aber auch durch seine verblüffende praktische Anwendbarkeit für immer Bestand haben. Die gute Nachricht: Diese bessere Form des Organisierens existiert bereits – und das schon seit Jahrzehnten! Die Zukunft hat sich schon bewährt. Und natürlich hält Ernst Weichselbaum auch hierzu einen passenden Denkspruch parat:

„Anfangen besteht ausschließlich aus Anfangen.“



Kommentare

Thomas Prušnik
Thomas Prušnik, am 02. Januar 2025 um 09:26 Uhr
Für mich ist Ernst Weichselbaum der „Familienaufsteller“ unter den Unternehmensberatern. Was Konstruktivisten wie Ernst von Glasersfeld oder Paul Watzlawick wissenschaftlich erforscht haben, hat Ernst Weichselbaum zu praxistauglichen Werkzeugen für die Unternehmensführung entwickelt. Mein Lieblingszitat: Ein Unternehmen ist mehr als die Definition von Besitzgrenzen, ein Unternehmen ist all das was sich bewegt wenn ein Kunde einen Auftrag unterschreibt.
Niels Pfläging | Red42
Niels Pfläging | Red42, am 02. Januar 2025 um 11:05 Uhr
Danke für den schönen Kommentar!
Silke Hermann
Silke Hermann, am 30. Dezember 2024 um 14:59 Uhr
Eine treffende und wunderschöne Hommage. Ich bin überzeugt davon, dass sie Ernst gefallen würde. In den verdichteten Aussagen von Ernst Weichselbaum stecken so beeindruckend viele Angebote zum zuversichtlichen Handeln. Und genau diese braucht es in unserer Zeit. Seine Erkenntnisse werden weitergetragen werden und noch mehr Anwendung finden. Um es mit den Worten von Bertold Brecht zu sagen: "Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt."
Insofern wird Ernst noch lange bei in der Welt und bei uns sein.

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