
Methoden beherrschen ist nicht gleich Methodenkompetenz !
In Unternehmen verfügen wir meist über ein riesiges Repertoir am Methoden für verschiedenste Zwecke und Themen, z.B. für Lean Management, Agile, Change Management, oder für Projekt Management.
Wir verfügen über Manager und Experten, die diese Methoden in- und auswendig beherrschen und trotzdem scheitern wir (unter anderem) immer wieder, weil uns die nötige Methodenkompetenz fehlt.
Klingt seltsam? Aber genau hier liegt oft der sprichwörtliche Hase im Pfeffer!
Was genau ist eigentlich der Unterschied zwischen Methoden beherrschen und Methodenkompetenz?
Zunächst einmal sollten wir klären, was eigentlich eine Methode ist.
"Eine Methode ist ein regelhaftes Vorgehen, um zu einem angestrebten Ziel zu gelangen".
Oft enthalten Methoden auch Angaben darüber, welche Werkzeuge oder Hilfsmittel dafür zu verwenden sind.
Im Grunde kann man eine Methode also mit einem Rezept zum Backen eines Kuchens vergleichen, oder mit einem Routenplan, um von A nach B zu gelangen, oder auch mit einer Bauanleitung für ein ikao 😉 Regal.
Im Lean Management kennen wir z.B. die "5S" Methode, im Change Management das "8 Phasen-Modell nach Kotter", im Projektmanagement die "Methode des kritischen Pfades" und "Kanban" wäre (u.a.) eine Agile-Methode.
Werkzeuge hingegen sind Hilfsmittel, die wir bei der Anwendung der Methoden nutzen können, z.B. das Kanban-Board, oder MS-Project. Die Wahl der Werkzeuge ist flexibel, sie müssen aber ihre Aufgabe erfüllen. So kann ein Kanban-Board z.B. klassisch analog als Pinnwand mit Kärtchen sein, aber auch z.B. digital auf einem Smartscreen. Die Pinnwand, oder der Smartscreen können aber auch als Werkzeuge für andere Methoden und Zwecke verwendet werden.
Lean, Agile, Change Management, Projektmanagement sind nicht scharf voneinander getrennt. Um Lean oder Agile ins Unternehmen zu bringen, braucht es immer auch Change Management und Projektmanagement. Zudem finden viele Methoden und Werkzeuge in verschiedenen Themenbereichen gleichermaßen Anwendung!
Sprechen wir über Methodenkompetenz, dann ist die erste wichtige Frage:
Welche Methode ist für die vorliegende Problemstellung, Fragestellung, Aufgabenstellung die richtige und beste Wahl, um das zuvor definierte, angestrebte Ziel bestmöglich zu erreichen?!
In der Regel gibt es nicht die eine Methode, die uns sicher zum angestrebten Ziel führt.
Jede Situation und auch jede Zielvorgabe sind individuell und in der Regel gilt es bei der Auswahl der besten Methode (und auch der dafür zu verwendenden Werkzeuge) sehr viele zu beachtende Parameter!
Das bedingt auch, dass wir schon im Vorfeld Abweichungen vom Standardvorgehen der Methode planen müssen!
Stellen wir uns einmal vor, wir wollen einen ganz bestimmten Käsekuchen backen, nämlich einen mit einem besonders dünnen Boden und mit Blaubeeren in der Frischkäsemasse.
Zunächst einmal müssen wir das richtige Rezeptbuch (Methodensortiment) wählen, denn es macht wenig Sinn, ein Rezeptbuch für "Suppen und Eintöpfe" nach einem geeigneten Rezept für Kuchen zu durchsuchen.
Im Rezeptbuch für Kuchen finden sich nun aber mehrere Rezepte für Käsekuchen, aber keines davon entspricht exakt dem Käsekuchen, den wir uns vorstellen...mit dünnem Boden und Blaubeeren.
Also wählen wir das Rezept, das unseren Vorstellungen am nächsten kommt und entsprechend unseren Wünschen wandeln wir es bevor wir mit dem Backen beginnen ab.
Die Zutatenliste muss angepasst werden, Mengenangaben und Mischverhältnisse ändern sich, vielleicht sogar die Backzeit!?
Also: Methoden sind niemals absolut. Es muss einerseits die am besten geeignetste Methode gewählt werden und diese Methode ist dann auf die jeweilige Situation und auf das anzustrebende Ziel anzupassen.
Methodenkompetenz bedingt weiterhin ein kontinuierliches Überprüfen und ggf. Anpassen der Methodenparameter während ihrer Anwendung!
Nicht selten kann es passieren, dass die Ausführung unterbrochen werden muss, um im Exkurs weitere Informationen, oder Daten zu sammeln. Es kann vorkommen, dass Methodenschritte ausgelassen, übersprungen, oder wiederholt werden können oder müssen. Und es ist auch möglich, dass sich im Verlauf herausstellt, dass sich die Methode zur Zielerreichung doch als ungeeignet herausstellt.
Methodenkompetenz bedeutet, eben diese Dinge zu erkennen, zu akzeptieren und entsprechend darauf zu reagieren, oder noch besser: diese rechtzeitig zu antizipieren.
Last but not least gehört eine intensive Nachbetrachtung zur Methodenkompetenz.
Wie weit war die gewählte Methode zur Lösung der Aufgabenstellung geeignet, hat sie zum gewünschten Erfolg geführt usw.
Insgesamt weit mehr, als nur die ungeliebten "Lessons learnt".
All diese Aspekte, von der Auswahl der Methode, über deren Durchführung, bis hin zur intensiven Nachbetrachtung, zu berücksichtigen und richtig einzuordnen bedeutet Methodenkomeptenz und ist weit mehr, als nur das Beherrschen von Methoden!
Das beherrschen von Methoden ist die Pflicht - Methodenkompetenz ist die Kür
Zum Abschluss noch ein reales Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung.
Es liegt zwar schon etliche Jahre zurück, aber ich bin mir sicher, viele Leser haben schon ganz ähnliches erlebt:
Zusammen mit Kollegen war ich zu einem "Brainstorming" eingladen, das durch einen externen Berater moderiert wurde.
Nach dem Sammeln der Ideen sollten diese - dem nächsten Schritt in der Brainstorming-Methode folgend - geordnet und Kategorien zugeordnet werden.
Sämtliche Teilnehmer waren sich jedoch sofort nach dem Sammeln der Ideen aufgrund ihrer technischen Kenntnisse und Erfahrungen einig, dass letztendlich nur eine einzige der vielen vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten wirklich erfolgsversprechend war.
Der Moderator bestand nun aber darauf, mit der Kategorisierung und Bewertung aller Lösungsmöglichkeiten fortzufahren.
Und es kam, was kommen musste...
Es folgten endlose Diskussionen und am Ende stand eine ganz andere Lösung auf dem Papier, weil für eben diese mehr Pluspunkte gesammelt wurden, als für alle anderen und weil für sie weniger Minuspunkte zu Papier standen, als für die von allen Beteiligten bevorzugte Lösung.
Das Ergebnis resultierte auch nicht zuletzt aus der Tatsache, dass die Art der Gewichtung der einzelnen Argumente vom Moderator vorgegeben und durchgesetzt wurde.
Der Moderator kommunizierte die gefundene Lösung über die Köpfe der Teilnehmer hinweg an die Geschäftsleitung, diese entschied sich für die Durchführung der am besten bewerteten Lösung und ... das Projekt scheiterte grandios.
Böse Zungen mögen behaupten, der Grund fürs Scheitern seien Self-Fulfilling-Prophecy, oder interne Widerständen gewesen...
Nein! Die Methode hat (obwohl eigentlich rechtzeitig erkannt) zu einem falschen Ergebnis geführt. Schlimmer noch: sie wurde zu einem falschen Ergebnis geführt, indem eine notwendige Abweichung von der Methode verweigert wurde.
Sicherlich beherrschte der Moderator die Methode Brainstorming hervorragend. Methodenkompetenz hatte er jedoch nicht, denn alle oben genannten Aspekte, die eine echte Methodenkompetenz ausmachen, hat er hartnäckig ignoriert.
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