Wir müssen Fehler machen dürfen!
"Wir müssen Fehler nicht nur tolerieren, sondern sie akzeptieren.”
“Die Null-Fehler-Toleranz verhindert Innovationen.”
Solche Sätze hört man häufig, wenn man auf Veranstaltungen zum Thema Change Management, Lean und Innovation unterwegs ist.
Ich frage mich dann immer, wie diejenigen, die solche Sätze propagieren, reagieren würden, wenn in Ihrer Amazon-Bestellung nicht das von ihnen Bestellte enthalten ist, oder wenn nach dem Kundenservice an ihrem Auto eine Schelle der Bremsleitung nicht ganz angezogen wurde, oder der Pilot und/oder Arzt, dem wir unser Leben anvertrauen, gerade ein “Experiment” durchführen würde.
Die im letzten Jahr durchgeführte Umfrage „Quo vadis“ Lean Management? ergab, dass viele Unternehmen Fehler als etwas Negatives begreifen.
Schaut man in diese Unternehmen, so erkannt man, dass immer noch diejenigen bestraft werden, die den Fehler begingen und nicht diejenigen, die durch die Gestaltung schlechter Prozesse oder durch schlechte Unterweisung der Mitarbeiter die Entstehung der Fehler erst möglich machten. Dass solch eine Kultur dazu führt, dass Mitarbeiter sich nicht trauen, etwas zu wagen, lieber den Kopf einziehen und versuchen, ihre Probleme und Fehler zu verstecken, ist nicht verwunderlich.
Die zu Beginn des Artikels zitierten Sätze bezogen sich genau auf diese Unternehmenskulturen. Oberstes Ziel eines Unternehmens muss es sein, zu wachsen. Ohne stabiles nachhaltiges Wachstum kann ein Unternehmen nicht überleben. Mit Wachstum meine ich aber nicht nur das wirtschaftliche, sondern auch die Kompetenzen der Mitarbeiter. Die Welt um uns herum wandelt sich so schnell, dass jeder von uns mutig sein muss und neues ausprobieren sollte. Bei diesem Ausprobieren kann auch mal was schief gehen. Aus dem, was schief gelaufen ist, können wir dann lernen und uns verbessern. Also sollten Führungskräfte versuchen einen Raum zu schaffen, in dem die Mitarbeiter experimentieren dürfen und sich sicher sein können, dass Fehler nicht nur toleriert, sondern auch als Lernerfolg akzeptiert werden. Denken Sie an die Piloten, die neue Verfahren im Simulator üben.
Auf der anderen Seite sollte uns klar sein, dass eine Null-Fehler-Kultur als solche nichts Schlechtes ist. Man sollte hierbei den Ausspruch “Null-Fehler” mit dem Zusatz “… beim Kunden” erweitern, um zu verdeutlichen, was unser Anspruch sein muss. Kein Kunde unserer Arbeit, sei es intern oder extern, wird sich mit der Aussage zufrieden geben: “Oh, da habe ich ein Experiment gemacht, hat wohl nicht so geklappt.” Denken Sie nur mal an Microsoft, das seine Kunden häufig als Beta-Tester seiner unvollständigen Software genutzt hat und was für einen Ruf das Unternehmen in kürzester Zeit erhielt.
Die Prozesse im Unternehmen müssen so gestaltet sein, dass der Kunde vor unseren Fehlern geschützt wird.
Dies bedeutet aber auch, dass wir jedem die Möglichkeit geben sollten auf Fehler hinzuweisen, sobald er diesen entdeckt, sei es ein eigen- oder ein fremdverschuldeter. In diesem Moment sind die Führungskräfte gefordert, die Quelle des Fehlers zu finden und nachhaltig abzustellen, ohne dabei die Person zu beschuldigen. Dabei hilft es, im Hinterkopf zu behalten, dass der Mensch Fehler macht und wir deshalb unsere Prozesse so gestalten, dass diese menschliche Schwäche bestmöglich abgestellt wird.
Lassen Sie uns also die Null-Fehler-Kultur beim Kunden begrüßen und nicht verteufeln. Sie wollen doch auch nicht, dass der Pilot beim nächsten Mal “eine Abkürzung ausprobiert.”
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