Green Events: "Können wir ihre Teppiche mitnehmen?"
Mit dieser Frage hat das Familienunternehmen senne products unsere Aufmerksamkeit gewonnen. "Ja, was wollt ihr damit machen?". Die Antwort darauf eröffnete den Blick auf ein Unternehmen, das damit wirbt, Neues auszuprobieren: von einer wertschätzenden Führung über Umweltschutz bis zur Ausdauer, marktreife Produktinnovationen zu entwickeln.
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Ein Unternehmen, 75 Mitarbeiter:innen. Senne products, mit Sitz in Hövelhof, ist Aussteller beim diesjährigen LeanAroundTheClock im März in Mannheim. Als Experten für Folienverarbeitung, Klebetechnik sowie Sieb- und Digitaldruck sind sie auf Sonderanfertigungen von Büro- und Werbeartikeln spezialisiert. "All das, was man im normalen Büro-, Fach- oder Onlinehandel nicht finden kann", verrät Geschäftsführer Carsten Fest stolz.
Das Unternehmen ist seit 50 Jahren im Besitz der Familie. Gegründet wurde es 1971 von Carstens Vater und Onkel. Seine Mutter war ebenfalls an der Leitung beteiligt. 2008 folgte sein Einstieg in das Unternehmen: "Mein ursprünglicher Plan war ein ganz anderer. Ich wollte in die Hotellerie oder Gastronomie gehen. Aber dann ist derjenige, der nach der geplanten Pensionierung meines Vaters, das Unternehmen übernehmen sollte, kurzfristig abgesprungen. Zum Glück würde ich heute sagen."
Verschiedene Generationen - verschiedene Konflikte
Eine neue Generation in der Unternehmensführung bedeutet oft Veränderungen. Bei senne products war es nicht anders. Dies betraf in erster Linien den Führungsstil. "Meiner Meinung nach", erklärt Carsten, "war der Führungsstil meiner Eltern für damalige Verhältnisse schon relativ locker. Allerdings kann man das nicht mit heute vergleichen." Schließlich stand das Unternehmen damals vor anderen Herausforderungen als heute.
"Insofern ist es normal, dass die Sichtweisen anders waren. Entsprechend traten Diskussionen, die man als Generationenkonflikte bezeichnen kann. Das war jedoch nicht schlimm. Denn ich habe mal von einem Psychologen gehört, dass jede Familie, in der es keine Konflikte gibt, eine kaputte Familie sei." Carstens Stil wirkt unkonventionell. So verrät er bei seiner Personenvorstellung auf der offiziellen Website des Unternehmens, dass er ein Tomatenzüchter ist. Er selbst aber beschreibt sein unternehmerisches Handeln eher als logisch denn als unkonventionell.
Weil das für mich keinen Sinn ergeben hat
"Ich habe mich immer gefragt, warum ein Unternehmer oder eine Führungskraft so handeln sollte, wie es allgemein erwartet wird. Es hat für mich einfach keinen Sinn ergeben." Oft war diese Haltung die Ursache für die Konflikte im Unternehmen, als Carsten nicht der Inhaber war. Als er schließlich selbst zum Unternehmer wurde, empfand er als Glücksfall. "Mit der Übernahme des elterlichen Betriebes konnte ich endlich mein eigenes Bild von einem Unternehmer umsetzen."
Dies beginnt etwa damit, dass Carsten eine neue Fehlerkultur einführte und eine "wertschätzende Methode" etablierte. "Ich komme ursprünglich aus der Hotellerie. Wenn dort ein Fehler passiert, wird der Schuldige identifiziert und vor aller Augen niedergemacht. Was damit bewirkt werden sollte, ist klar: Exempel statuieren. Jeder sollte wissen, dass Fehler nicht passieren dürfen."
Für ihn ist diese Herangehensweise, damals wie heute, falsch. Denn sie führt dazu, dass sich Mitarbeitende nicht mehr erlauben, Fehler einzugestehen: "Das ist meiner Meinung das Schlimmste, was in einem Unternehmen passieren kann. Die Folge ist nämlich, dass der Fehler sich konsequent bis zum Ende durchzieht. Und dann landet er beim Kunden." Er hingegen ermutigt seine Mitarbeiter, Fehler zu entdecken und zu melden. "Fehler sind in der Regel eine Verkettung von unglücklichen Umständen. Ich kenne niemanden, der absichtlich Fehler macht." Mitarbeitende, die Fehler melden statt vertuschen, bekommen nicht nur von Carsten, sondern vom ganzen Team Anerkennung. "Es gibt keine Schelte, sondern einen Schulterklopfer."
Traditionen behalten, aber verbessern
Und trotzdem muss Carsten bei bestimmten Themen pragmatisch bleiben. "Wir sind eben klassische Folienverarbeiter", erklärt der Geschäftsführer mit Hinblick auf die Tatsache, dass sich manche Dinge doch nicht einfach ändern lassen. "Folien sind nun mal in Verruf gekommen." Umso mehr arbeitet das Unternehmen an bestimmten Zukunftsthemen. Dennoch sei es im Moment noch utopisch zu glauben, dass man Plastik einfach so abschaffen könne, meint Carsten. "Die Abschaffung von Strohhalmen, zum Beispiel, ergibt Sinn. In anderen Bereichen ist es noch schwieriger. Wie bei Blutbeuteln, wo es momentan noch keine Alternativen gibt", fügt er hinzu.
Umso wichtiger sei es, vernünftig abzuwägen, welche Produkte tatsächlich Kunststoff für ihre Herstellung benötigen. Und ein Bewusstsein bei den Kunden dafür zu schaffen. "2013 wollten wir etwa eine Bio-Folie einsetzen und wurden dafür noch ausgelacht, weil andere glaubten, dass man so was ja nicht benötigt. Wir haben drei Jahre lange danach gesucht, mussten aber einsehen, dass in unserem Bereich noch keinen Bio-Kunststoff oder Ähnliches gibt." Für Carsten kein Grund zur Resignation.
Weil Umweltschutz ein wichtiger Wert ist, trieb ihr ökologisches Bewusstsein Carsten und sein Team an, einen Schritt weiterzudenken. "Etwa, was man mit den Produkten nach ihrem Gebrauch machen kann: Ich kann sie entweder in den Müll schmeißen oder zusehen, dass sie recycelt werden. Viele sind überrascht, dass dies bei vielen Kunststoffen möglich ist", erklärt der senne products Inhaber. Das einzige, was seiner Ansicht noch fehlt, sei der Wille dazu. Zum Teil, weil es kostspielig ist. "Wir gehen den Weg trotzdem, auch wenn er uns etwas mehr kostet. Einfach, weil es ökologisch Sinn ergibt", fügt Carsten hinzu.
Vorwärts zu den Wurzeln
So führte das eine zum anderen. Aus Alt mach Neu heißt bei senne products nun: Messeteppiche zu Taschen, Accessoires und Ähnlichem zu recyceln. "Dies begann damit, dass ein befreundeter Messebauer ankündigte, uns 1500 Quadratmeter gebrauchten Teppich vorbeizubringen. Daraufhin haben wir halt eine Näherei aufgebaut, und angefangen, Designs zu entwickeln."
Bei senne products war diese Entwicklung jedoch nicht so verrückt, wie sie vielleicht klingen mag. Vielmehr hat sie sogar einen historischen Bezug: "Produkte, wie Präsentations- und Organisationsmittel, bestanden aus dicken Leder-Materialien, die von Sattlern vernäht wurden. Als dann Folien aufkamen, haben diese Sattler vom Nähen aufs Schweißen umgeschwenkt." Mit diesem Schritt in Richtung Nachhaltigkeit kehrte senne products zu den Wurzeln der Folienverarbeitung zurück.
"Allein dadurch haben wir bei unserer Kundschaft Wände eingerissen. Wir haben gezeigt, dass sich ein Folienverarbeiter Gedanken macht, wie er nachhaltig Gutes tun kann." Die Kund:innen akzeptieen die höheren Preise der Produkte. "Wir haben Gesetzesauflagen und andere Energiekosten als in Asien oder Osteuropa. Insofern ist unser Kostenvolumen pro Artikel einfach viel größer." Dennoch bemühen sie sich unentwegt, die Produkte für alle erschwinglich zu machen. Denn alle Menschen sollen in der Lage sein, als Konsumenten für die Nachhaltigkeit zu entscheiden.
senne products live beim LATC erleben
Seither sucht senne products viele Messen und Messebauer auf, die sie entsprechend unterstützen und mit Materialien versorgen können. So kam es, dass sie die Organisatoren des LeanAroundTheClock (LATC) nach ihren Messeteppichen fragten. Es stellt sich jedoch eine Frage: Was treibt einen Folienverarbeiter auf das LATC? "Ich teile die Werte, die hinter dem LATC stecken; angefangen bei der Wertschätzung der Menschen und dem ökologischen Bewusstsein, bis zum selbstkritischen Hinterfragen der eigenen Rolle als Unternehmer und der damit einhergehenden Verantwortung."
Nicht zuletzt ist seine Teilnahme am LATC eine gute Investition, findet Carsten. Nicht nur wegen der Geschäftsopportunitäten, die sich für das Unternehmen ergeben könnten. "Für mich ist es ein hervorragendes Mittel zur Mitarbeiterbindung", erklärt Carsten.
Entsprechend haben die Besucher:innen die Möglichkeit, senne products und Carsten Fest persönlich auf dem LATC am 16. und 17. März kennenzulernen. Weitere Informationen und Tickets findet ihr hier: https://leanbase.de/latc
*) Mit der Erstellung dieses Textes wurde von uns das futureorg institut beauftragt, welches wiederum Frau Sali Abbas hiermit beauftragt hat.
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