Die klare Arbeitsanweisung – Warum die Überschrift so wichtig ist
Was haben Türsteher, Wegweiser und schmutziges Geschirr mit Schreiben und Lesen zu tun? Dieser Artikel gibt einen kleinen Einblick in die Arbeit von „Deutsch im Job“.
„Die richtige Handhabung von Trittleitern“ oder „Auf diese 5 Dinge musst du achten, wenn du eine Trittleiter benutzt“ – Die Formulierung einer Überschrift hat großen Einfluss darauf, ob das Folgende gelesen wird und – wenn es gelesen wird – wie es gelesen wird.
Aus der Hirnforschung wissen wir, dass pro Sekunde etwa 10 Mio. Informationen auf unser Hirn treffen. Ca. 20 Informationen nehmen wir bewusst wahr, alles andere geht an uns vorbei.
Ich stelle mir den Hippocampus, der für dieses Filtern verantwortlich ist, gerne wie einen Türsteher vor, an dem man nur vorbeikommt, wenn man ihm gefällt. Das Motto dieses Türstehers lautet: „Sei relevant!“
Aus diesem Grunde ist die direkte Anrede bei Arbeitsanweisungen so wirkungsvoll. Sie erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das Folgende gelesen wird, enorm.
Ein guter Nebeneffekt der direkten Anrede: Sie erspart es uns, einen Text zu gendern – oder eben auch nicht. Das Gendern von Texten dient nicht der Verständlichkeit.
Kommen wir zurück zur Überschrift. Durch die direkte Anrede habe ich die Chance erhöht, dass die, für die ich eine Anweisung geschrieben habe, diese auch lesen.
Lesen ist aber nicht gleich lesen. Es gibt diverse Lesestrategien: kursorisch, selektiv, detailliert und viele andere mehr.
Die Formulierung der Überschrift fungiert wie ein Wegweiser, der dafür sorgt, dass ich mit der passenden Lesestrategie an den Text gehe.
Die Überschrift „Die richtige Handhabung von Trittleitern“ weist in Richtung: detailliertes Lesen, die passende Strategie, wenn man sich gründlich in ein Thema einarbeiten und sich selbst ein Bild machen möchte. Detailliertes Lesen passt zu: Schreibtisch, Notizzettel zum Mitschreiben und zum Erstellen von Schaubildern und Mindmaps, Leuchtstift zum Markieren und so weiter. Für eine Arbeitsanweisung also nicht.
Die Überschrift: „Auf diese 5 Dinge musst du achten …“ weist in Richtung selektives Lesen und gibt bereits ein paar unausgesprochene Botschaften mit: Gleich kommen 5 Informationen. Du musst sie alle verstehen, alle ernst nehmen und alle berücksichtigen, wenn du das nächste Mal eine Trittleiter benutzt.
Diese Art der Überschriften, die uns in Richtung „passende Lesestrategie“ stupsen, nutzen den sogenannten Priming-Effekt. Mit Priming bezeichnet man den Effekt, dass ein Reiz beeinflusst, wie wir einen folgenden Reiz wahrnehmen. Unsere Wahrnehmung wird in eine bestimmte Richtung hin gelenkt.
Diesen Effekt können wir nutzen, um die Verständlichkeit von Texten zu erhöhen. Das ist besonders wichtig, wenn unsere Texte sich an Menschen richten, die nicht gerne lesen, nicht oft lesen oder nicht oft Texte in der Sprache lese, in der ich schreibe. Die Zahl der Menschen, die ohne diese „Navigationshilfe“ stranden, ist hoch.
Aber auch wenn Menschen geübt im Umgang mit umfangreichen und sprachlich herausfordernden Texten sind, heißt das noch lange nicht, dass sie alles vor ihrer Nase lesen oder dass eine Botschaft an ihrem inneren Türsteher vorbeikommen. Wer kennt nicht Kaffeeküchen in Lehrerzimmern, in Büros oder WG-Küchen, in denen sich benutzte Teller und Tassen stapeln, direkt unter dem Aushang: „Geschirr bitte immer in Maschine stellen!“
Mit "Deutsch im Job" unterstützen Christiane Carstensen und ich Unternehmen dabei, unnötige sprachliche Hürden am Arbeitsplatz zu beseitigen. Wir übertragen - gemeinsam mit Ihnen - Ihre Dokumente in einfache Sprache, führen Fortbildungen zu einfacher Sprache durch und überlegen gemeinsam mit Ihnen, wie Sie die Mehrsprachigkeit in Ihrem Unternehmen - auch mithilfe der KI - vorteilhaft einsetzen können.
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