24. Episode
Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile
Der Tag der Ergebnispräsentation im kleinen Kreis, welche bereits vor der Durchführung der Fabrik im Seminarraum (FiS) mit dem Beratungs- und Trainingsdienstleister vereinbart war, wurde bereits mit Spannung erwartet. Und so sitzen heute neben den Moderaten Frank Weissenegger, Bernd Krauss und auch der „Alte“ erwartungsvoll am Konferenztisch.
Nach der Begrüßung und ein paar erläuternden Worten zur Fabrik im Seminarraum (FiS) steigen die beiden Moderatoren dann auch umgehend in die Ergebnispräsentation ein. Der Ablauf der beiden Tage wird anhand ausgewählter Bildern dargestellt, denn eine Bewertung in Form von Worten bedarf es nicht.
Bereits die ersten Bilder des ersten Tages der Fabrik im Seminarraum (FiS) sprechen eine eindeutige Sprache. So zeigen diese einerseits, dass es scheinbar „harmonisch“ während der ersten Simulationsrunde zuging. Aber andererseits auch, wie Großmann – insbesondere während der Gruppenarbeit – dirigiert und wie wenig „Bewegung“ in den Gesichtern der anderen zu erkennen ist.
Frank Weissenegger betrachtet die Bilder der Veranstaltung eher nebenbei, fühlt er sich doch an seine damalige Teilnahme an einer solchen Veranstaltung bei GE erinnert.
Er beobachtet jedoch aufmerksam aus dem Augenwickel Ernst Krauss, der nachdenklich seinen Blick von einzelnen Fotos nicht lösen kann. Krauss Senior, welchem unwillkürlich Alois Mayrhofers Worte von vor ein paar Tagen in den Kopf kommen: „Aber weißt Du, Ernst, ich weiß nicht … ich will jetzt nicht vorpreschen und dann gefällt das dem Franz Großmann nicht …“
Der zweite Teil der Präsentation beginnt mit einer Bilderserie, welche eine engagierte Franziska Steiner aufzeigt.
Die Bilder zeigen aber auch einen Franz Großmann, der sich vollkommen zurückgezogen zu haben schien. Doch ist hier eindeutig zu erkennen, wie sich nun scheinbar das „Blatt gewendet“ hat, denn alle arbeiten zusammen, diskutieren und engagieren sich.
Zum Abschluss der Präsentation wird von den beiden Moderatoren - wiederum unkommentiert – zusätzlich ein Videomitschnitt von rund fünf Minuten der beiden Tage vorgespielt.
Frank Weissenegger lehnt sich zurück und wartet auf eine Reaktion von Ernst Krauss, doch zu seiner Überraschung wendet sich Bernd Krauss zu seinem Vater und sagt:„Hast Du jetzt gesehen, was unser Problem ist?“
Der Alte wirkt betroffen, ja gar ein wenig angeschlagen, haben doch die letzten Wochen ihm ziemlich zugesetzt. Und einmal mehr verstärken sich seine Gedanken und Sorgen um seinen Sohn, der mit der Übernahme der Geschäftsführung in dieses Haifischbecken geraten war. Aber er versteht nun auch, was sein Schwiegersohn Frank mit „mehr Eigenverantwortung der Mitarbeiter“ am Rande von Bernds’ Geburtstagsfeier (siehe Episode 5) meinte.
Was ihm jedoch dazu ziemlich zu schaffen macht, ist die Erkenntnis, dass er selbst ein Teil dieser scheinbar veralteten „Führungskultur“ ist. Ja mehr noch, er selbst diese noch vor Jahren gemeinsam mit Großmann geprägt hatte.
So bittet dann auch Ernst Krauss die Moderatoren eindringlich um Vorschläge. Hat doch das gezeigte Bildmaterial seine Ratlosigkeit noch verstärkt.
„Wir haben den Eindruck, dass in ihrer „Mannschaft“ ein großes Potential steckt. Sicherlich fehlt es an methodischem Wissen einerseits und andererseits bedarf es eine Veränderung im „Denken“.
Das Denken und Handeln muss sich weg von der Funktionsorientierung hin zur Prozessorientierung verändern. Wir können uns vorstellen, mit Blick zu Ernst Krauss, dass Sie sich in einer Zwickmühle befinden. Dennoch erwarten Ihre Kunden eine hohe Flexibilität und die entsprechende Dynamik, um deren Tempo mitzugehen. Mit einem autokratischen Führungsstil werden sie weder dem Anspruch ihrer Kunden noch dem Ihrer Mitarbeiter gerecht. Denn sicher ist, dass die Mitarbeiter welche an der Fabrik im Seminarraum (FiS) teilgenommen haben, nun auch erwarten, dass ihre Bedürfnisse und Vorstellungen stärker berücksichtigt werden. Beiden Entwicklungen gerecht zu werden bedeutet, alte Pfade zu verlassen.
Das wichtigste aber – und dies empfehlen die Moderatoren sehr nachdrücklich - ist zunächst, dass die Geschäftsführung selbst bereit ist, diese Veränderungen nicht nur mit zu tragen, sondern mit „gutem Beispiel“ voran zu gehen.“
Ernst Krauss erinnert sich erneut an das erst kürzlich geführte Gespräch mit Alois Mayrhofer, welcher sagte „… ich weiß nicht, ob Ihr das von der Geschäftsleitung auch wirklich wollt.“ Und er begreift, dass die Zeiten, in welchen er und auch ein Franz Großmann „alleine“ und damit über die Köpfe der Mitarbeiter hinweg Entscheidungen getroffen haben, vorüber sind. Dass die Mitarbeiter in die Entscheidungsprozesse mit einbezogen werden müssen.
Während der Verabschiedung sagt einer der beiden Moderatoren zu Ernst Krauss: „Es ist völlig klar, dass es in Krisenzeiten Persönlichkeiten mit einer starken Ausstrahlung braucht. Jemand der Dinge nach vorne bringt, aber auch Zuversicht vermittelt. Erlauben Sie Diskussionen. Dazu sollten Fehler als Chance gesehen und nicht bestraft werden. Und haben Sie keine Sorge, dass Sie - wie auch andere hier im Unternehmen - so Ihre Autorität verlieren, ganz im Gegenteil!“
Der Alte erkennt, dass auch er sich trotz seines hohen Alters verändern muss. Wenn er auch weiterhin – zumindest in kleinem zeitlichen Umfang - dazu beitragen möchte, sein Lebenswerk die Krauss GmbH & Co. KG zu erhalten. Zudem sieht er, dass er seinem Sohn Bernd mehr Raum für seine Ideen und Ansichten geben muss.
Aufgewühlt, aber dennoch überwiegend mit sich im Reinen verlässt Ernst Krauss das Firmengelände. Wohl wissend, dass sich die zwingend notwendigen und nun auch anbahnenden Veränderungen ohne seinen Schwiegersohn Frank Weissenegger so nicht ergeben hätten …
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