Der lange Weg zu Diverse Leadership

Der lange Weg zu Diverse Leadership

Anlässlich der Festivitäten zu 100 Jahren Frauenwahlrecht hat Angela Merkel in ihrer Rede „Parität überall“ gefordert.
Seit 2016 gilt das Gesetz für gleichberechtigte Teilhabe an Führungspositionen für Frauen und Männer, das eine Quote von 30 Prozent für Frauen vorschreibt.

#leanmagazin
22. Juni 2020 um 04:30 Uhr in LeanMagazin von Gitta Peyn


Doch die Zahlen stagnieren, und global betrachtet zählt Deutschland noch zu den Ländern, die in diesen Angelegenheiten bemühter sind.

Das hat unter anderem auch damit zu tun, dass Frauen aus der benachteiligten Position heraus über die Zeit hinweg andere Perspektiven zu Leadership und Leben entwickelt haben, die zu einigem Organisationsdesign nicht kompatibel sind.

Seit vor zwei Wochen mein Artikel „Female Leadership? Human(e) Leadership!“ veröffentlicht wurde gab es viele spannende Rückmeldungen.

Vor allem der Satz „Die Zukunft ist weiblich“ hat bei einigen Männern für Aufregung gesorgt, und das, obwohl kurz danach steht „Die Zukunft ist menschlich“. Die Reaktionen gingen bis dahin, mir Sexismus vorzuwerfen – und sie waren erwartbar.

Sie haben damit zu tun, dass für gewöhnlich die Diskussion als Symmetrischer Konflikt, als Konflikt mit einander gegenseitig ausschließenden Perspektiven, geführt wird – und vor diesem Hintergrund überziehen Einige mit der Erwartung, gleich alles von der rein menschlichen Seite betrachten zu wollen.

Doch das funktioniert nicht, denn die Unterschiede wirken. Es ist nachvollziehbar, sie weg haben zu wollen, aber sowohl in Wirtschaft wie in Politik, Wissenschaft und Familie kann dieser Versuch nicht funktionieren, und ich will heute zeigen, warum das so ist.

Wer versucht, der Unterscheidungsdiskussion zu entkommen, landet im Zweifelsfall in undifferenziertem Matsch. Solcher Matsch unterdrückt zwangsläufig die Bedürfnisse, auf die eigene Problematik aufmerksam zu machen – und trägt so zur Unterdrückung langfristig mit bei.

Dasselbe gilt dafür zu versuchen, augenblicklich darauf aufmerksam zu machen, dass „auch Männer über diese Qualitäten verfügen“, wenn Frauenqualitäten angesprochen werden oder „auch Frauen unterdrücken“, wenn unterdrückerisches Verhalten von Männern als Kritikpunkt auftaucht.

Bei aller guter Absicht führen solche Versuche nicht dazu, dass die Probleme konstruktiv nach oben in Richtung Diversität und Diverse Leadership kommuniziert werden können, sondern sie fragmentieren sich durch die Gesellschaft durch.

Das gilt umso mehr, wenn die Auseinandersetzung global nicht kann, sondern sich umgehend nationalisiert – was deutsche Frauen täglich beobachten können, wenn sie auf indirekte, auf strukturelle Unterdrückung aufmerksam machen, wie ich das hier kürzlich getan habe: Der Einzelne fühlt sich angesprochen, entsprechend isoliert wird die Diskussion geführt. Einigenteils wird indirekte strukturelle Benachteiligung der Frauen in Deutschland sogar damit abgewertet, dass das nicht damit vergleichbar sei, was Frauen in anderen Ländern erleben müssen, als wäre kleineres Unrecht nicht mehr bedenkenswert, weil es woanders größeres Unrecht gibt.

Ebenso eigenartig die Abwehr der Benachteiligung von Frauen in Führungspositionen mit dem Argument, dass viele Frauen diese Positionen gar nicht wollen: Wer hat schon die Energie und innere Stärke, sich wissentlich und bewusst indirekter struktureller Unterdrückung auszusetzen?

Dabei wirken folgende Machtreaktionen in allen Diskussionen über strukturelle Unterdrückung dieselbe verstärkend, wie gerade an dem Konflikt „Black Lives matter | All Lives matter“ deutlich wird:

  1. Fallumkehrung: „Die war aber auch böse!“
  2. Generalisierungsrhetorik: „All Lives matter!“
  3. Vereinzelung: „Der reichste CEO in USA ist eine Frau!“
  4. Rollenframing/Sexismus: „Mit weiblichem Charme/weiblicher Erotik uns Männern was beibringen!“
  5. Absurditätsargument: „Diese Diskussion ist absurd/veraltet/brauchen wir nicht!“

Dabei geht es um Deutungshoheit:

  1. Schau da nicht hin!
  2. Schau da nicht hin!
  3. Schau da nicht hin!
  4. Schau da nicht hin!
  5. Schau da nicht hin!

Der Vorschlag in meinem Artikel vom 08. Juni 2020 hat folgende FORM:
(Achtung: die FORMen sind veranschaulichend gemeint.)

Ich habe dazu angeregt, den Fokus auf Frauen zu richten und das mit der Frage:

Welche Qualitäten entwickeln Frauen (zwangsläufig) aus der unterdrückten Position heraus?

Der Kreis symbolisiert, dass ich darauf fokussiert und dann diese FORM markiert habe.
Die grauen Rauten symbolisieren, dass es sich bei „Frauen“ und „Männer“ um unklare FORMen handelt, die zu bestimmen uns gesamtgesellschaftlich schwer fällt.

Wir nennen solche FORMen „SelektionsFORMen“.
Wir richten einfach unseren Fokus auf „Frauen“.

Wollten wir unseren Fokus auf Männer richten, sähe die FORM folgendermaßen aus:

Hier markieren wir „Männer“ im Kontext von „Frauen“. Auch hier ist uns nicht wirklich klar, was wir unter „Männer“ und „Frauen“ eigentlich verstehen wollen. Ich denke dabei an Reaktionen wie „echte Männer“ und „echte Frauen“, in denen Klischees unterschiedlichster Art wirken. Welche genau, wissen wir nicht. Vielleicht ahnen wir Sexismus?

Unterschiede trennen nicht nur, sie verbinden auch:

Will ich die Sache genauer untersuchen, Unterschiede FORMulieren und mich dafür entscheiden, die eine und nicht die andere Seite nun tatsächlich als EntscheidungsFORM abzubilden, sieht die FORM noch etwas konkreter aus.

Am Beispiel Frauen und Männer möchte ich über Frauen sprechen. Ich entscheide mich dafür, dass ich das im Kontext von Männern tue, und ich mache klar, dass diese Entscheidung keine Frage der Wahl ist, auch über Männer zu sprechen.

Ich ziehe einen äußeren Kreis und „Frauen“ und „Männer“, mit Hilfe dessen Fokus ich die Frage stelle: Worüber will ich nachdenken oder sprechen? Frauen oder Männer? Und dann ziehe ich einen zweiten Kreis und entscheide mich für „Frauen“.

Die Männer sind jetzt mal nicht Thema. Ich fokussiere nicht nur, ich fälle konkret eine Entscheidung: Reden wir über Frauen, nicht über Männer.

Das habe ich im letzten Artikel getan: Ich habe den Fokus auf „Frauen und ihre Fähigkeit, aus Zitronen Limonade“ zu machen, gerichtet und darüber gesprochen, dass und wie die so gewonnenen Unterschiede dazu führen können, insgesamt Leadership weiblich(er) zu gestalten.

Die Reaktion einiger Männer war folgende:

„Du musst die Männer sehen!“, „Auch Männer haben diese Fähigkeiten!“, „Frauen unterdrücken auch Männer!“ und so weiter.

Was dann in diesem Augenblick passiert, ist das hier:

Auf der linken Seite: „Schau dies an („Frauen“)!“
Auf der rechten Seite: „Nein, schau dies an („Männer“)!

So funktionieren Symmetrische (kontravalente) Konflikte: Einer fordert dazu auf/bittet darum, den Fokus auf A zu legen, der Andere geht darauf nicht ein, sondern fordert dazu auf/bittet darum, den Fokus auf B zu legen.

Guck mich an, nicht Dich | Nein, guck mich an, nicht Dich!

Bei allen Themen mit Polarisierungstendenz finden wir diese FORM.

Und nun?

Als Paula Stone Williams in einem ihrer TEDx-Talks zu Male Privileges gefragt wurde, was Männer tun können, damit Frauen mehr Privilegien bekommen, lautete ihre Antwort: „Gebt den Frauen Eure Privilegien!“

Dieser einfache, kleine Satz hat bei vielen Männern für interessante Abwehrreaktionen gesorgt.
Warum?

Weil sie auf symmetrischer Ebene reagieren und sich nicht die Frage stellen, welche Chance darin liegt. Einige wollten gleich ganz, also auch für die Frauen, auf Privilegien verzichten – eine grundsätzlich gute Idee, die wir aber praktisch überhaupt erst umsetzen müssen. Männer können das nicht für Frauen entscheiden – das gilt erst recht dort, wo es sich um Privilegien handelt, die Frauen gar nicht haben. Denken wir hier bitte immer auch gleich global.

Fokussieren wir in der ersten FORM Männer im Kontext von Frauen.
Machen wir daraus im zweiten gedanklichen Schritt eine EntscheidungsFORM und sagen: Wir entscheiden uns dafür zu untersuchen, welche Qualitäten Männer daraus gewinnen können, Privilegien an Frauen abzugeben, bzw. noch besser, auf Privilegien zu verzichten.

Das ist eine Möglichkeit, Symmetrische Konflikte aufzulösen.

Die Perspektive: „Es geht um Frauenrechte!“ bleibt beibehalten, aber wir sprechen über Männer und ihre Potenziale in einer veränderten, bzw. sich verändernden Welt.

Unterschiede trennen nicht nur, sie verbinden. Durch die Grenzziehung sehe ich zwei Seiten, entscheide mich dann für (die Betrachtung/Untersuchung) eine(r). Ich tue das aber immer im Kontext der anderen Seite, und das sorgt für Relationierung.

Wer (nur) in Symmetrischen Konflikten denkt, übersieht die Relation. Es spielt durchaus eine Rolle, dass Frauen und Menschen anderer Herkunft seit langer Zeit mit Unterdrückung zu tun haben. Wir können das berücksichtigen und aus der Tatsache Chancen herausschälen.

Privilegien bewusst für diejenigen aufzugeben, die sie (bislang) (so in der Form) nicht hatten, macht etwas mit einem. Das, was darin wächst, kann gewaltige neue Potenziale öffnen oder Symmetrische Konflikte vertiefen. Es hängt von Bewusstheit und Stärke des Individuums ab, worauf der Fokus gelegt wird, es aushalten zu können, dass er nicht auf einem selbst liegt. Und für Wirtschaft und Politik spielt es sich als verlorene Gelegenheit aus, die Komplexität der Möglichkeiten zu unterschlagen.

Historisch gesehen ist der Versuch Privilegien zu erhalten, am Ende immer gescheitert. Es reicht auch nicht, Privilegien zu übertragen, wir müssen sie im Übertragungsbemühen abschaffen, denn Privilegien sind Merkmal von Unterdrückung. Wir müssen Privilegiertheit durch Kompetenz ersetzen. Leader sollten nicht durch Vorrecht, sondern durch Fähigkeit – oder sogar durch seine oder ihre (kulturell) besondere Fähigkeit – in Positionen kommen und zwar in solche, die nachhaltig und zukunftsfähig funktionieren.

Wer „Parität überall!“ fordert, muss auch mit berücksichtigen, was daraus alles folgt und folgen kann. So für sich allein stehend, kann dieser Satz dazu führen, dass wir das Kind mit dem Bade ausschütten. Wer die Unterschiede einfach nur weg haben oder weg denken will, ohne mit zu berücksichtigen, dass sie nun einmal kulturell, milieubedingt und individuell da sind und wirken, der kann nicht klar denken und handeln.

Wer aus in Kultur, Milieu usw. gewachsenen Unterschieden allerdings „natürliche Unterschiede“ kreieren will, der muss sich durchaus den Sexismus- oder Rassismusvorwurf gefallen lassen.

Wir können uns auch dafür entscheiden, auf das Angebot einzugehen, über (von Frauen und Männern) unterdrückte Männer zu sprechen:

(Ich füge das in Hook-FORM ein, da das Bild sonst zu groß wird, aber es bedeutet dasselbe: Worüber der innere Haken liegt, darauf richten wir unseren Fokus, dafür entscheiden wir uns.)

Wir können das so machen, wir müssen aber nicht.

Wir haben die Wahl, ob wir versuchen wollen, den vorgeschlagenen Fokus zu verändern oder ob wir uns darauf einlassen.

Die Frage lautet: Was erreichen wir?

Es kommt nicht unbedingt darauf an, was wir wollen. Kommunikation funktioniert so nicht.
Antworten wir kontravalent, sollte uns nicht wundern, wenn die Gegenreaktion kommt.

Da Unterdrückung von Frauen global immer noch ein wichtiges Thema ist und sich daran viele Möglichkeiten anschließen lassen, Leadership diverser zu gestalten, halte ich es für sinnvoll, den Fokus auf Frauen zu halten, wenn der Vorschlag zur Diskussion von einer Frau kommt.

Das ist die einfachste Möglichkeit, den Symmetrischen Konflikt zu verlassen: Man lässt sich auf Thema und Fokus ein.

Wir sollten berücksichtigen, dass, stellen wir den Anspruch an jene, die sich unterdrückt fühlen, das gelassen(er) zu nehmen, wir von ihnen eine Moral fordern, der es an Funktionalität gebricht:

Erstens kommt der Aufstand aus der Unterdrückung nicht gleich mit Political Correctness, zweitens wird Political Correctness von jenen gefordert, deren Sprache unterdrückerische oder sogar gewaltbereite Elemente Unterdrückten und Minderheiten gegenüber enthält und drittens enthält diese Forderung unterdrückerische Elemente.

Ich möchte nun einige FORMen vorführen, die ahnen lassen, welche Komplexität wir wegschneiden, wenn wir versuchen, „Diverse Leadership“ über Symmetrische Konflikte zu entscheiden:

Spielen Sie mit den FORMen ein wenig herum, machen Sie sich vertraut mit den jeweiligen Perspektiven.

Wir entscheiden uns für Diverse, nicht für Männer. Wo und wann wäre das sinnvoll?

Wir fokussieren Diverse im Kontext von Frauen.
Wo und wann wäre das sinnvoll?

Links: Wir entscheiden uns für Diverse, nicht für Frauen.
Wo und wann wäre das sinnvoll?

Wir fokussieren Diverse Weiße im Kontext von Diversen Hautfarben.
Wo und wann wäre das sinnvoll?
Welche Perspektiven ergeben sich?

Wir fokussieren Diverse Hautfarben im Kontext von Diverse Weiß.
Welche Perspektiven sehen Sie?

Wir entscheiden uns für Frauen und nicht für Männer, und wir tun das im Kontext von Diversen.
Welche Situationen fallen Ihnen ein, in denen das sinnvoll wäre, welche Situationen fallen Ihnen auf, in denen Sie das problematisch finden?

Wir entscheiden uns für Männer, nicht für Frauen, und wir tun das im Kontext von Diversen.
Welche Perspektiven öffnet Ihnen das? Welche Chancen sehen Sie darin? Wo sehen Sie täglich, dass das ein Problem ist?

Und hier?

Was ist mit dieser FORM?
Wie entscheiden wir hier?
Welche Lesarten sehen Sie?
Wie würde eine Personalabteilung beispielsweise mit dieser FORM wann arbeiten?

Wir können diese FORMen gesellschaftlich durchdeklinieren und werden dabei einiges gewinnen:

  • Höhere Dimensionierung unserer Entscheidungsmöglichkeiten
  • Höhere Differenzierung unserer Entscheidungen
  • Sinkende Symmetrische Konflikte
  • Steigende Perspektivität unserer gesellschaftlichen Betrachtung

Der Weg zu Diverse Leadership kann nicht darüber laufen, es zu fordern, ohne die Unterschiede zu diskutieren, die aus der jeweiligen Unterdrückung und auch aus Verzicht auf Privilegien für die Beteiligten kommen.

Unternehmen, die Diverse Leadership anstreben, sollten die Kompetenzfrage völlig neu stellen und den Fokus tatsächlich nicht nur nachhaltig, sondern zukunftsfähig darauf legen, wer welche Qualitäten mitbringt und sich an den Konflikten erarbeitet, um daraus wegweisende Modelle und Handlungen ableiten zu können.

Trennendes und getrenntes Denken wird nicht überwunden, indem die Trennung (künstlich) für aufgehoben erklärt wird. Diversität bedeutet nicht, alles in grauen Matsch zu verwandeln, sondern im Gegenteil die Vielfalt individueller Gestaltungsmöglichkeiten als Stärke zu betrachten und sich in kollektiver Intelligenz emergieren zu lassen.

Wer jene, die für die Unterdrückten sprechen oder aus der Unterdrückung heraus, direkt in die Schublade „Aktivismus“ steckt, vertut Chancen – und das nicht nur für die Auseinandersetzung, sondern auch für die Welt.

Wer von jenen, die von Unterdrückung erzählen, umgehend erwartet, die andere Perspektive einzunehmen, vertut ebenfalls Chancen: die sich aus den Unterschieden ergebenden neuen unterschiedlichen Qualitäten.

Deshalb wird Diverse Leadership zunächst aus der Unterdrückung heraus neu formuliert.

Deshalb ist es funktional, darauf zu verweisen, dass die Zukunft weiblich ist, um das dann, wenn die Vielfalt, die sich aus emanzipierten Perspektiven und aufgegebenen Privilegien für Unterdrückte ergibt, tatsächlich praktiziert werden kann, in „Die Zukunft ist menschlich“ zu verwandeln.

Menschlichkeit setzt voraus, Unterdrückung zu beenden und auf Privilegien zu verzichten.
Alles andere frisst nicht nur die eigenen Kinder, sondern gleich unsere Überlebensebensmöglichkeiten mit auf.

Es als Symmetrischen Konflikt interpretieren und auf der Ebene reagieren heißt, Myriaden an Chancen zu vertun.

In Symmetrischen Konflikten zu denken und auf sie zu reagieren, heißt im Zweifelsfall immer auch Engführung des Problems mit Fragmentierung in der Nische.

Wer Fragen des Female oder Diverse Leadership heute allein Deutsch denken will, übersieht die damit verbundenen globalen Konflikte und Ungerechtigkeiten, die die meisten Unternehmen von heute nicht mehr als „da hinten in Asien/Afrika/Indien/Polynesien ...“ denken und handeln können, bzw. sollten, denn sie globalisieren sich und landen schlussendlich auf einem runden Planeten hinter unserem eigenen Rücken. Wir Frauen sind global an Leadership interessiert. Wir wollen uns einbringen, und wir bringen aus der Unterdrückung heraus besondere Fähigkeiten mit.

Der sich unter dem Brennglas selbst engführende und fragmentierende Konflikt schaufelt sich in ein vergangenes Zeitalter, in dem die Errungenschaften, Konflikte und Verwerfungen sich zunehmend globalisierender Gesellschaften, Organisationen und Menschen ausgelagert werden. Er verstärkt damit soziale Ungerechtigkeiten aller Art, wie wir hier in Deutschland unsere Beteiligung an globaler Ausbeutung am Abendbrottisch invisibilisieren, um nicht an Schamgefühl zu ersticken – oder, weil wir es nicht anders lernen möchten.

Die unterschiedlichen FORMen, die mit Diverse Leadership unter globalisierter Perspektive kommen, bringen neue Potenziale mit sich. Wir werden sie nicht realisieren können, wenn wir die Unterschiede nicht kommunizieren, denn aus ihnen ergeben sich besondere Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten.

Unterdrückung von Frauen, Menschen anderer Hautfarbe und Herkunft, Ausbeutung von Kindern, strukturelle Gewalt, sprachliche und konditionierte Diskriminierung und Zurückstellung sind eine globale Tatsache. Vor dem Hintergrund der Klimakrise, die als Metakrise sämtliche Subsysteme von Gesellschaft betrifft, muss sich Leadership differenzierter denken. Es muss sich außerdem dimensionierter denken, und das bedeutet: Halten wir die Konflikte und unangenehmen Gefühle aus, fragen wir nach den Besonderheiten und Chancen. Weichen wir nicht symmetrisch aus, sondern spiralen wir uns immer weiter nach oben.

Diverse Leadership erhebt sich aus der Unterdrückung. Es ist ein langer Weg, aber wenn wir ihn von Anfang an divers denken, gewinnen wir mehr FORMen und können lernen, mehrperspektivisch ehemals Symmetrische Konflikte in konstruktive und kreative verwandeln.



Kommentare

Dominik
Dominik, am 23. Juni 2020 um 14:33 Uhr
Zugegeben, ich habe diesen Text mehr als einmal gelesen, mag aber einmal das Thema verlassen das hier zu diesem Artikel geführt hat - auch wenn es ein Paradebeispiel dafür ist, was bei uns Menschen wahrlich falsch läuft, der mangel an Perspektivierung.

Wir Menschen tun uns schwer den Fokus auf spezifische Perspektiven zu richten, "kühl und analytisch" vor zu gehen und dabei zu verstehen das "kühl und analytisch" nicht die Menschlichkeit, das Miteinander und auch nicht den Einzelnen ausschließt. Aber es setzt voraus, sein Inneres, sein "Ich" fuer einen Moment aufzulösen, zu verlassen - wohlgemerkt - zum wohle aller UND für sich selbst.

Natuerlich frage ich mich, wie kann das gelingen? Wie lerne ich das? Aber um ehrlich zu sein, fängt das Problem genau da an. Es liegt viel mehr an mir selbst, an meinem Beitrag und an meiner Veränderung - als zu verlangen das alle anderen sich verändern. Letzteres ist doch im Grunde genommen nur eine Ausrede, und im großen Kontext zu dem was meine Kinder einmal erwarten wird - und wenn ich das Perspektivieren nicht übe, auch irgendwie ein stück Feigheit. Nein mehr noch - sich der Verantwortung zu entziehen.

Beste grüsse aus Dænemark ;)
Gitta Peyn
Gitta Peyn, am 24. Juni 2020 um 18:31 Uhr
Herzlichen Dank, lieber Dominik!

Ja, das Artikel-Thema eignet sich sehr gut dafür, um polykontexturales - oder mehrdimensionales oder multiperspektivisches - Denken zu veranschaulichen.

Ich habe mich sehr über Deinen Kommentar gefreut - vielen Dank.

Analytisch-kühles Denken, rein verstanden als lineares Denken, kann Menschliches oft schwer einbeziehen. Ganz anders sieht es aus, wenn es mehrdimensional wird, hohe Komplexitäten berücksichtigen und gleichzeitig respezifizieren kann. Es braucht aber dafür Beobachter, die erkennen können, was da passiert, siehe unten Komplexitätsmanagement.

Eine Möglichkeit das zu lernen, besteht darin, die Kontextfrage so vielgestaltig wie einem das gerade gelingt, zu stellen.

Eine andere, bzw. eine erweiternde darin, gleich zu üben, mehrere Dimensionen an das Thema anzulegen.

Ich habe das hier einmal an Ideologie vs. Weltanschauung vorgeführt:
https://carl-auer-akademie.com/blogs/systemzeit/2017/12/28/im-gleichschritt-marsch-1-die-funktion-der-ideologie/

(der Artikel hat 3 Teile, die umzugsbedingt jetzt direkt beim Magazin des Carl Auer Verlags gefunden werden können:
https://www.carl-auer.de/magazin/systemzeit?fbclid=IwAR0gRglhwSCcD0UamVR3Vl7uQb9OOmejrSsDJ7rdookndO8TqV8E8jqL_CQ)

Hier das Modell dazu, wie wir empirisch zwischen verschiedenen Stufen/FORMen von Komplexitätsmanagement unterscheiden und uns so die Fragen beantworten können:

- Welches Komplexitätsmanagement beobachte ich gerade (bei mir, anderen, in Welt)?
- Welche KomplexitätsmanagementFORMen benötige ich, benötigen Andere, benötigt Gesellschaft, um dieses/diese Problem/e funktional zu managen?
- Wie wirken sich Diskrepanzen in Komplexitätsmanagement in Organisation und Gesellschaft als Konflikte aus?
- Welche KomplexitätsmanagementFORMen muss ich wählen, um sozial kompatibel zu adressieren?
- Wie stelle ich Teams usw. komplexitätsadäquat auf?
...

https://www.carl-auer.de/magazin/systemzeit/komplexitatsmanagement-modell-stufen-formen

Ich würde grundsätzlich von Anderen nicht erwarten sich zu verändern, sondern, genau, immer zuerst von mir selbst. Ich würde das auch vor dem Hintergrund der Metakrisen unserer Zeit nicht tun, denn dann vertue ich wertvolle Zeit.

Herzliche und dankbare Grüße aus dem Wendland zurück
Gitta

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