Das Fehlermodell nach Reason: Eine Analyse der Sicherheit in komplexen Systemen

Das Fehlermodell nach Reason: Eine Analyse der Sicherheit in komplexen Systemen

Das Fehlermodell nach James Reason, auch bekannt als das Swiss Cheese Model, ist zu einem grundlegenden Konzept in der Fehlerforschung geworden. Es bietet einen Rahmen für die Analyse von Sicherheitsproblemen in komplexen Systemen, indem es die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Faktoren aufzeigt, die zu Fehlern führen können. Dieser Artikel untersucht das Fehlermodell nach Reason genauer und illustriert seine Anwendung anhand von Beispielen aus verschiedenen Branchen.

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06. Mai 2024 um 04:30 Uhr in LeanMagazin von LKB Redaktion


Das Fehlermodell nach James Reason, auch bekannt als das Swiss Cheese Model, ist ein konzeptionelles Rahmenwerk zur Analyse von Sicherheitsproblemen in komplexen Systemen. Es wurde entwickelt, um zu erklären, wie Fehler entstehen und zu Unfällen führen können, indem es die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Faktoren aufzeigt, die in einem System vorhanden sind.

Das Modell stellt die Sicherheitssysteme metaphorisch als Schichten von "Schweizer Käse" dar. Jede dieser Schichten repräsentiert eine Sicherheitsmaßnahme, sei es technische Systeme, Standardverfahren, Ausbildung oder Überwachung. Die Löcher in den Käsescheiben symbolisieren potenzielle Schwachstellen oder Fehler in diesen Maßnahmen. Wenn die Löcher in den Schichten ausgerichtet sind, entsteht ein "Fehlerdurchbruchspfad", durch den ein Fehler hindurchgelangen kann, ohne von einer anderen Sicherheitsmaßnahme aufgehalten zu werden.

Das Modell unterscheidet zwei Hauptkategorien von Fehlern:

  • Aktive Fehler: Dies sind die unmittelbaren Handlungen oder Entscheidungen, die zu einem Vorfall führen können. Aktive Fehler sind oft leicht zu erkennen, da sie direkt mit einem Ereignis verbunden sind. Beispiele für aktive Fehler sind etwa ein Pilot, der eine falsche Entscheidung trifft, ein Bediener, der einen Schalter falsch betätigt oder ein Techniker, der einen Fehler in einem System nicht bemerkt.

  • Latente Bedingungen: Diese Fehler sind weniger offensichtlich und beziehen sich auf die zugrunde liegenden Probleme in den Systemen, Prozessen und Strukturen einer Organisation, die dazu beitragen können, dass aktive Fehler auftreten. Latente Bedingungen können sich über einen längeren Zeitraum hinweg aufbauen und bleiben oft unentdeckt, bis sie zu einem Vorfall führen. Beispiele für latente Bedingungen sind etwa unklare Kommunikationswege, unzureichende Ressourcen oder eine mangelhafte Sicherheitskultur in einer Organisation.

Das Fehlermodell nach Reason betont die Bedeutung einer ganzheitlichen Betrachtung der Sicherheit, indem es nicht nur auf aktive Fehler, sondern auch auf die zugrunde liegenden latenten Bedingungen fokussiert. Indem es die komplexen Wechselwirkungen zwischen diesen beiden Kategorien von Fehlern aufzeigt, hilft das Modell dabei, die Ursachen von Sicherheitsproblemen zu verstehen und geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit zu ergreifen.

Beispiele aus verschiedenen Branchen

  1. Luftfahrt: In der Luftfahrtbranche kann das Fehlermodell nach Reason auf verschiedene Sicherheitsvorfälle angewendet werden. Zum Beispiel könnte ein Pilot, der aufgrund von Ermüdung oder Ablenkung eine falsche Entscheidung trifft (aktiver Fehler), durch ineffektive Kommunikation zwischen Piloten und Fluglotsen (latente Bedingung) unterstützt werden. Diese Kommunikationsprobleme könnten auf organisatorische Mängel oder unzureichende Trainingsprogramme zurückzuführen sein.
  2. Gesundheitswesen: Im Gesundheitswesen können Fehler in der Medikamentenverabreichung als aktive Fehler auftreten. Ein Beispiel dafür wäre eine falsche Dosierung eines Medikaments aufgrund unklarer Etikettierung oder schlechter Überprüfungsprozesse. Die latenten Bedingungen könnten hier organisatorische Probleme in Bezug auf die Medikamentenverwaltung sein, wie z.B. unzureichende Schulungen für das Pflegepersonal oder ineffektive Überwachungsmechanismen.
  3. Kernenergie: In der Kernenergieindustrie könnten aktive Fehler bei der Bedienung von Kontrollsystemen auftreten, die zu einem unerwünschten Ereignis führen. Latente Bedingungen könnten sich hier auf das Design der Kontrollsysteme beziehen, das möglicherweise nicht ausreichend robust ist oder nicht alle potenziellen Fehlerquellen berücksichtigt.
  4. Chemieindustrie: Ein Beispiel aus der Chemieindustrie könnte ein unzureichendes Sicherheitstraining für Mitarbeiter sein, das zu unsachgemäßem Umgang mit Chemikalien führt (aktiver Fehler). Die latenten Bedingungen könnten hier in einem Mangel an Sicherheitsprotokollen oder einer unzureichenden Sicherheitskultur in der Organisation liegen.

Das Fehlermodell nach Reason bietet eine wertvolle Perspektive für die Analyse von Sicherheitsproblemen in verschiedenen Branchen. Indem es die komplexen Wechselwirkungen zwischen aktiven Fehlern und latenten Bedingungen aufzeigt, hilft es dabei, die zugrunde liegenden Ursachen von Fehlern zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit zu ergreifen. Durch die Betrachtung von Beispielen aus unterschiedlichen Branchen wird deutlich, wie universell anwendbar dieses Modell ist und wie es dazu beitragen kann, die Sicherheit in komplexen Systemen zu erhöhen.



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