
Andenken, hinterfragen – wie geht das?
Kurt saß auf seinem Schemel und stütze seinen schweren Kopf mit seinem Arm ab, so sehr war er in Gedanken versunken. Als Silhouette glich er Rodins einprägsamen Werk, das man, wenn man eine negative Phantasie hat, der klassischen – WC Haltung sehr nahe kommt: der Denker.
Gerade wechselte Kurt vom linken auf den rechten Arm als Stütze (jetzt sitzt er wie bei Rodin) und sein Gesichtsausdruck spiegelt eine verdeckte Qual, eine Unzufriedenheit, ja eine Unglaubwürdigkeit wider. ‚Das kann doch nicht sein‚ sprach er unhörbar zu sich selbst.
Er haderte mit dem Wort, erst als Verb dann als Substantiv, ‚andenken‘.
Was war das eigentlich, welcher Akt, welche vorsätzliche Handlung ist damit gemeint? Um es zu vergleichen, versuchte er es mit dem Wort ‚ankommen‘. Es schien ihm, dass es ein Ausdruck der Bewegung ist, der aber eine Ungewissheit enthält. Man ist noch nicht am Ziel, aber man bewegt sich darauf zu. Eine Unvollständigkeit, die auf einen Abschluss wartet. Erst mit dem Angekommen sein, ist die Bewegung abgeschlossen. Rückwärts betrachtet ist ein Ankommen also eine zweckgerichtete Bewegung. Alles andere ist dann ein Umherirren ohne ein Ziel.
‚Kann ich so ein ‚andenken‘ beurteilen?‚ fragte er sich immer noch verwirrt. Als kleiner Junge hatte er das Wort ‚Andenken‘ immer mit Souvenir verknüpft. Er hatte also Erinnerungstücke (eine Tasse, Löffel, Wimpel, ein Bild), die ein Wieder’erleben‘ auslösen, zielgerichtet aber dennoch abgeschlossen.
Nimmt er nun das Verb ‚andenken‘, dann wäre das in seiner parallelen Unvollständigkeit der Handlung, so unscharf, dass er sich fragte: denke ich schon, wenn ich andenke, oder habe ich da schon etwas gedacht? Dann wäre das ‚andenken‘ wie ein ‚anlassen‘: es dreht sich etwas, aber vorwärts kommt man nicht. Denn wenn ich gedacht habe, ist der Gedanke ja ‚fertig‘, der hinführende Vorgang ist somit abgehakt.
Wenn aber das ‚andenken‘ bereits das Denken beinhaltet, kann es als Vorstufe ja nur ein ‚gedankenloses Denken‘ sein. Alles klar?
Das könnte man ja mal hinterfragen, dachte er unsauber. Sofort war er wieder auf dem gleichen Gleis der unbestimmten Wahrnehmung. ‚Ein Etwas hinter der Frage?‘-Aufwerfendes, was könnte das sein? Wieder eine Frage, eine Vertiefung, eine Erläuterung? Dann wäre doch aber die Frage unvollständig oder gar falsch – wenn es eine geschlossene Frage ist, gibt es nichts, was dahinter liegt: ein ja oder nein tut es ohne Hinterfragung. Ist es eine offene Frage, dann sind alle Pfade der Erweiterung und Erläuterung, ja sogar der Vertiefung, offen.
Fazit:
Ein ‚Andenken‘ ist kein aktives Denken, kein Gedanke entsteht. Eine Hinterfragung ist Ausdruck einer ungeschickten, eher schlechten, unvollständig gestellten Frage, deren Beantwortung dem der fragt, nicht in den Kram passt.
Beide Vorgehensweisen sind unterschwellige, versteckte Manipulationen oder Versuche derselben.
Über einen ‚Vordenker‘ will ich mich erst gar nicht auslassen…
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Hallo liebe Leser, Ich habe kein BWL, sondern Biologie studiert und bin auf dem Weg in die Lean Welt gerutscht. Seit dem beschäftige ich mich mit der Frage, wie Prozesse und Arbeitsplätze gestaltet werden sollten, damit jeder seine Arbeit sicher und stressfrei erfüllen kann und am Ende qualitativ hochwertige Ergebnisse vorliegen. Und mit der Frage was es für Verhalten braucht, um Lean zu...

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