36. Episode
Wer dauerhaften Erfolg haben will, muss sein Vorgehen ständig ändern. (Niccolo Machiavelli)
Das ganze Wochenende über gehen Bernd Krauss einige Gedanken nicht mehr aus dem Kopf: die bereits mit seinem Schwager Frank besprochene Strategie hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise mit RomChim. Und wie er diese bloß seinem Vater sagen sollte!
Hatte sein Vater doch mit großem persönlichem Einsatz seit Gründung der Firma erst um und dann für den Kunden RomChim gekämpft, obwohl oder vielleicht gerade weil dieser Chemiekonzern in seinem Heimatland angesiedelt ist. Aber - wie man so sagt - hat der stete Tropfen den Stein ausgehöhlt, so dass über die Jahre eine sehr vertrauensvolle, fast persönliche Beziehung gewachsen ist. Probleme jedweder Art wurden praktisch auf dem kleinen Dienstweg zwischen zuletzt Constantin Roibu, dem CEO des Chemiekonzerns, und seinem Vater bzw. Franz Großmann geregelt.
Bernd seufzt innerlich: Franz Großmann, ein weiteres und nicht zuletzt für seinen Vater ebenfalls großes ’Thema’.
Auch wenn sein Vater nicht sonderlich viel über sein Gespräch in der vergangenen Woche mit Großmann erzählt hat, mussten dabei doch wohl deutliche Worte gefallen sein, so dass Franz Großmann seit diesem Zeitpunkt das Firmengelände nicht mehr betreten hat. Bis vor zwei Wochen noch unvorstellbar.
Selbst ein Zahnarztbesuch wäre ihm beinahe lieber, als das morgige Gespräch mit seinem Vater…
Als Bernd nach einer eher unruhigen Nacht am Montag mit seinem Vater und Frank Weissenegger zusammen kommt, greift er zunächst noch einmal kurz den Ausgang des Bankgesprächs im Frühjahr auf (siehe Episoden 3, 4) auf. Und stellt zudem klar, dass ein Kredit auch heute nicht zu bekommen ist. So begreift auch sein Vater schnell, dass sie nur noch auf anderen Wegen irgendwie zu einem positiven Ausgang dieser verfahrenen Situation gelangen können.
Der alte Krauss hört sich die Vorschläge an, doch beim vierten Punkt (siehe Episode 35) verfinstert sich seine Miene drastisch. RomChim an einen längerfristigen Liefervertrag binden? Bislang lief alles ohne irgendwelche Verträge, und zwar vortrefflich. Man kannte und vertraute sich und handelte nach dem ‚Gentleman’s Agreement‘, hier zählte der Händedruck noch was!
Frank Weissenegger greift das Argument seines Schwiegervaters auf und erläutert, dass ein Vertrauensverhältnis sicher eine hervorragende Grundlage für die weitere Geschäftsbeziehung darstellt. Aber auch, dass für die langfristige Planung hier in der Krauss GmbH & Co. KG dieses nun auch zwingend mit für beide Seiten verbindlichen und damit verlässlichen Fakten und Zahlen unterlegt werden musste. Und damit sich Constantin Roibu selbst ein Bild von den Veränderungen und Fortschritten hier machen kann, schlägt Bernd vor, diesen möglichst früh im nächsten Jahr zu einem Unternehmensbesuch nach Graz einzuladen.
Gerade mit Hinblick auf die positiven Erfahrungen in Bezug auf das Nachaudit und das Ergebnis des Besuchs der Delegierten der YOHA (siehe Episode 29).
Ernst Krauss ist noch immer nicht restlos überzeugt, doch auch nach einer längeren Diskussion finden die drei – und somit auch er - keine bessere Lösung. Während Bernd und Frank die letzten Details abstimmen, schweifen Ernst Krauss’ Gedanken ab.
Was hätte wohl Franz Großmann zu diesem Vorgehen gesagt. Im Grunde genommen kann Ernst sich diese Frage selbst beantworten. Franz Großmann, der seine Konsequenzen aus der veränderten Marschrichtung hier gezogen hat. Und mit eher gemischten Gefühlen setzt Ernst Krauss dann auch sein Kürzel unter die Bestätigung des bereits schon vorläufig abgestimmten Besuchstermins.
Für Bernd Krauss und Frank Weissenegger geht es so jedoch noch in dieser Woche von Graz über Wien direkt mit dem Flieger nach Bukarest. Es ist heute erst das zweite Mal, dass Bernd RomChim besucht. Der letzte persönliche Kontakt liegt schon über 3 Jahre zurück und war zusammen mit seinem Vater.
Daher ist am Vorabend des Gesprächs zunächst ein Treffen mit Constantin Roibu und dem Einkaufsleiter vorgesehen. Die Gelegenheit, sich in entspannter Atmosphäre ein wenig näher zu kommen und im Rahmen eines gepflegten Essens Frank Weissenegger vorzustellen.
Weissenegger berichtet dann auch recht ausführlich von seinem beruflichen Werdegang und den erreichten Erfolgen. Und gespannt lauschen die Herren von RomChim seinen Ausführungen. Ja, von Lean in der Produktion haben sie wohl schon mal gehört, aber sich damit noch nicht auseinandergesetzt. Da dies doch auch eher etwas für die Automobilindustrie ist, wo diese ganze Bewegung herkommt.
Aber für die Chemische Industrie eigentlich nicht so richtig passt. Und im Übrigen
es das Tagesgeschäft auch gar nicht zulässt, über ein Leanprojekt nachzudenken.
Nicht offenkundig, doch innerlich sträuben sich bei Frank Weissenegger die Nackenhaare, als er dies hört. Denn es könnte für die spätere Zusammenarbeit noch sehr interessant werden, wenn der Lieferant Krauss GmbH & Co. KG seinem Kunden Hinweise für mögliche Verbesserungen aufzeigen würde. Zumindest ist es für Weissenegger ein Thema mit Potenzial für eine fruchtbare Zusammenarbeit, gerade auch vor dem Hintergrund des morgigen Gesprächs.
Die Verabschiedung an diesem Abend fällt aufgrund der regen Gespräche dann auch durchaus herzlich aus. Zeigen doch die Vertreter von RomChim, dass sie in Bernd Krauss und Frank Weissenegger kompetente und damit ebenbürtige Vertreter der Fa. Krauss erkennen wie in den Jahren zuvor mit Ernst Krauss.
Eine erste überwundene Hürde, die dann auch Bernd und Frank tief durchatmen lässt.
Dies und die Tatsache, dass bislang niemand nach Franz Großmann gefragt hat. Einen der schlafenden Hunde, den sie nicht wirklich wecken wollten.
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