Business Systemics

Business Systemics

Der Value Proposition Canvas (VPC)

#leanmagazin
am 24. 04. 2017 in LeanMagazin von Conny Dethloff


Dies ist der zweite Teil meiner Beitragsserie zu Business Systemics, in dem ich Unternehmensführung neu denke. Dabei verbinde ich vorliegende Erkenntnisse, vorrangig aus Kybernetik und Systemtheorie, zu teilweise neuen Denkgebäuden.

Ich werde in diesem Beitrag den Value Proposition Canvas, den ich im ersten Teil angerissen habe, weiter durchdeklinieren.

Dafür gehe ich auf alle 6 Segmente des VPC nachfolgend ein. Starten werde ich auf der rechten Seite mit den Kundensegmenten. In dieser gleichen Reihenfolge, wie ich die Segmente nacheinander beschreibe, hat es sich bewährt, diese in einer Diskussion in einem Team zu definieren.

Kundenaufgaben

Zuallererst beschreibt man, wie die Aufgaben seiner Kunden aussehen könnten. Was versuchen unsere Kunden zu erreichen? Welches Problem wollen unsere Kunden lösen? Es können Aufgaben sein, die es zu erledigen gilt oder Bedürfnisse, die zu befriedigen sind. Mögliche Fragen, die man dem Kunden stellen oder eigenständig definieren kann, um die Kundenaufgaben zu erfahren, sind.

  • Welche funktionalen Jobs oder Aufgaben wollen oder müssen unsere Kunden erledigen?
  • Welche Probleme wollen oder müssen unsere Kunden lösen?
  • Welche sozialen „Aufgaben“ möchten unsere Kunden erledigen, wo es beispielsweise um Macht, Status oder Nachhaltigkeit geht?
  • Welche (Grund)Bedürfnisse wollen unsere Kunden befriedigt wissen(Sicherheit, Wohlgefühl)?

Bei dieser Definition sollte man sehr vorsichtig sein, da man bereits an diesem Punkt einen Rahmen für die Bearbeitung der weiteren Segmente setzt. Dafür gebe ich ein Beispiel. Welche Aufgaben haben aus Sicht der Automobilindustrie ihre Kunden zu erfüllen. Es macht einen gehörigen Unterschied, ob man Aufgaben wie

  • „Ich möchte ein Auto besitzen, um von A nach B zu kommen.“
  • „Ich möchte eine Oberklasse besitzen, um meinen Status im Freundeskreis deutlich zu machen.“

oder

  • „Ich möchte jederzeit und kostengünstig von A nach B gelangen.“
  • „Ich möchte grundsätzlich mobil sein, ohne große Nebenkosten dafür zu haben.“

definiert. Im ersten Fall baut man als Unternehmen Autos. Im zweiten Fall bietet man beispielsweise einen Carsharingdienst an.

Des Weiteren sind hier mit Kunden nicht immer nur die Endkunden am Markt gemeint. Definiert man sich beispielsweise innerhalb eines Unternehmens als interner Dienstleister, der Produkte und Services an Fachbereiche liefert, dann sind die Fachbereiche der Kunde. Des Weiteren kann man in diesem Fall auch überlegen, in wie weit beispielsweise der Vorstand des Unternehmens Kunde ist, den man bedienen möchte oder muss.

Probleme

Nach dem Auflisten der Kundenaufgaben, beschreibt man unangenehme Situationen, die in Zusammenhang mit diesen Aufgaben stehen, und zwar aus Sicht der Kunden. Das können negative Emotionen sein, unerwünschte Kosten oder Schwierigkeiten bei der Erledigung der Aufgaben.

Mögliche Fragen, die man dem Kunden stellen kann, um seine Probleme zu erfahren, sind.

  • Was empfinden Sie als zu kostspielig?
  • Was dauert zu lange?
  • Was ist zu aufwändig?
  • Was sind die Hauptschwierigkeiten und Herausforderungen bei der Erledigung der Aufgaben?
  • Wo bleiben bereits bestehende Lösungen hinter den Erwartungen zurück (fehlende Funktionen, …)?
  • Was führt dazu, dass Sie sich schlecht fühlen?
  • Welche Risiken fürchten Sie?
  • Was für Probleme, Hindernisse und Schwierigkeiten haben Sie vor, während oder nach der Erledigung der Aufgaben?

Nutzen

Nach der Thematisierung der Probleme geht man zum Nutzen in Bezug zu den Aufgaben ein. Mögliche Fragen, die man dem Kunden stellen kann, um den Nutzen zu erfahren, sind.

  • Wo möchten Sie sich etwas ersparen (Zeit, Geld, Aufwand, Arbeit)?
  • Was kann die Lösung eines Problems von Ihnen erleichtern?
  • Wonach suchen Sie?
  • Wovon träumen Sie?
  • Was lieben Sie an bestehenden Lösungen?
  • Was für Ergebnisse und Vorteile wünschen Sie sich?
  • Was sind erforderliche, erwartete oder erwünschte Gewinne?
  • Was wäre eine große Arbeits- oder Zeiterleichterung für Sie?

Die gefundenen Ergebnisse je Segment lassen sich priorisieren. Das ist insbesondere genau dann wichtig, wenn man viele Punkte in den jeweiligen Segmenten gefunden hat.

Nun gehen wir auf die linke Seite des VPC. Wir wissen was unsere Kunden umtreibt, wo ihre Schmerzen bei der Erledigung ihrer Aufgaben liegen und was sie sich wünschen. Nun setzen wir diese Erkenntnisse in Produkte und Services um, die wir den Kunden liefern, um ihnen zu helfen.

Produkte/ Services

Es werden in diesem Segment alle eigenen Produkte und Dienstleistungen aufgelistet, mit denen man sein Werteversprechen an die Kunden erfüllen möchte. Wie gesagt, es geht darum mit diesen Produkten und Services einen konkreten Mehrwert beim Kunden im Kontext der in den ersten drei Segmenten definierten Antworten zu generieren. Mögliche Fragen, um seine Produkte und Dienstleistungen zu definieren, sind.

  • Welche Produkte oder Dienstleistungen biete ich an, die meinen Kunden helfen, Aufgaben zu erledigen?
  • Welche Produkte oder Dienstleistungen biete ich an, die meinem Kunden helfen, Grundbedürfnisse zu befriedigen?
  • Welche Produkte oder Dienstleistungen helfen meinem Kunden in seiner jeweiligen Rolle darüber hinaus?

Problemlöser

An dieser Stelle werden die so genannten „Schmerzkiller“ definiert, frei nach dem Motto: Auf welche Art und Weise lösen die eigenen Produkte und Dienstleistungen die Probleme meiner Kunden? Hier wird beschrieben, wie das eigene Angebot negative Situationen verhindern oder lindern kann. Mögliche Fragen, um diese Schmerzkiller zu erfahren, sind.

  • Wie setze ich den Schwierigkeiten und Herausforderungen meiner Kunden ein Ende?
  • Wie und womit liefere ich eine bessere Lösung als etablierte Anbieter?
  • Wie vermeide ich negative Konsequenzen für meine Kunden?
  • Wie lösen meine Produkte und Services die Probleme der Kunden?
  • Welche Einsparungen (Kosten, Zeit, Mühe) können damit erzielt werden?

Nutzenstifter

Zuallerletzt beschreibt man, auf welche Art und Weise man dem Kunden nützlich ist. Es geht darum den Nutzen zu beschreiben, den der Kunde erwartet, sich wünscht oder über den er sich freuen würde, wenn er ihn per Zufall erhält. Mögliche Fragen, um seine Nutzenstifter zu erfahren, sind.

  • Wie erleichtere ich das Leben meines Kunden?
  • Womit und wie erfülle ich Kundenbedürfnisse?
  • Wie kann ich das bieten, was sich Kunden wünschen?
  • Wie können die Produkte und Services Gewinn schaffen?
  • Welche Ergebnisse und Vorteile werden erzielt?
  • Wodurch wird unser Wertangebot zur „perfekten“ Lösung für den Kunden?

Es hat sich bewährt den VPC als Poster mehrmals aufzuhängen und dann die oben aufgelisteten Fragen in Form von Antworten auf Post Its in die jeweiligen Segmente zu kleben.

Mit dem VPC hat man im Unternehmen einen ersten wichtigen Schritt zur Definition seiner Identität getan. Nun müssen diese Erkenntnisse in einen oder mehrere Business Model Canvas (BMC) gegossen werden. Das werde ich im nächsten, dem dritten, Beitrag dieser Beitragsserie ausführen. Dabei werde ich dann auch auf Mehrwertströme im Unternehmen eingehen. Wie vorhin bereits angemerkt, gibt es mehrere Arten von „Kunden“ im Unternehmen, was gleichbedeutend mit mehreren Mehrwertströmen ist.

Zu jedem VPC gibt es dann ein BMC. Ein Unternehmen, als lebensfähiges System beschrieben, ist rekursiv aufgebaut und besteht aus vielen verschiedenen lebensfähigen Systemen. Jedes lebensfähige System im Unternehmen besitzt dann mindestens ein VPC und BMC. Diesen Fakt werde ich im kommenden Beitrag am Beispiel eines Handelsunternehmens demonstrieren.



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