Teil 4: Aus der Hexenküche eines Interimmanagers

Teil 4: Aus der Hexenküche eines Interimmanagers

„Der Kunde steht bei uns im Mittelpunkt – und damit immer im Weg.“, so lautet ein gängiger Satz, den man landauf, landab, in jedem Unternehmen hört. Zu dumm aber auch, dass man den Weg über den Kunden und seinen Geldbeutel nehmen muss, um zum angestrebten Ziel, mag es nun Umsatz oder Profit sein, zu gelangen.

#leanmagazin
Podcast, 05. Januar 2021 um 04:30 Uhr in LeanMagazin von Dr. Bodo Antonic


Der dabei zentrale Leitsatz – Du musst Gewinn machen –  fusst dabei auf zwei grundfalschen Annahmen. 1. Der fixen, wie auch falschen Idee, daß Gewinn das oberste Ziel eines Unternehmens sei und 2. der grundfalschen Annahme, daß man „Erfolg“ – hier Unternehmenserfolg – von hinten, von der Ergebnisseite, zu betrachten und zu planen hätte, um diesen gewünschten Erfolg zu erzielen.

Das falsche Unternehmensziel

Stellen Sie sich bitte für den Moment vor, daß das oberste Ziel Ihres Unternehmens nicht vor vornherein festgelegt und zwangsläufig Gewinn sei. Nun, da Sie dieses oberste Ziel des Unternehmens abgeräumt haben, ist ein Zielvakuum entstanden, welches es aufzufüllen gilt. Damit sind wir bei der Frage, was denn nun das oberste Ziel eines Unternehmens sinnvollerweise sei. Nun, es bieten sich viele Dinge an. Purpose ist derzeit megahipp, auch die CSR, die hochgelobte Corporate Social Responsibilty, könnte eine Antwort sein. Nachhaltigkeit und Enkeltauglichkeit klingen doch viel besser am sonntäglichen Kaffeetisch.

Darf´s ein Viertel, eine weitere Scheibe „Geschwurbelmortadella“ mehr sein? Oder dann doch lieber das Ding mit den altbekannten Sparkassen-Fähnchen? Wäre schon verlockend, einfach mit Umsatz und Rendite weiterzumachen, versteht ja nun wirklich jeder, oder?

Nun, ich finde Umsatz und Rendite klasse, aber reichlich fad – und Geschwurbel schlichtweg überflüssig, wenn nicht gar unerträglich. Damit verbleibt das Vakuum.

Motorradfahrer wissen: Wo ich als Fahrer hinschaue, fährt meine Maschine hin. Also gilt es den Blick weg vom Umsatz, hin zum anderen Ziel zu wenden. Oder, als Motorradfahrer gesprochen: Weg vom weißen Fahrbahnrand, hin zur Fahrbahnmitte. Sonst liegt das Unternehmen oder die eigene Karre im Straßengraben. Tut weh und kostet Geld, oder?

Mein Angebot an Sie lautet daher: Das neue Ziel heißt Überlebensfähigkeit. Diese ist nach meinem Dafürhalten ein Ziel, für das es sich zu streiten lohnt. In der Regel geht Überlebensfähigkeit mit Umsatz und Rendite einher, womit selbst das einfachste Gemüt befriedigt sein sollte. Mehr Umsatz und mehr Rendite macht den Geldbeutel prall und rund und lässt zudem ein Mehr an Investitionsmittel für den Innovationsbereich zu. Und, auch nicht ganz verlockungsfrei daherkommend, zwingt uns die nun als oberstes Ziel deklarierte Überlebensfähigkeit unseren Blick weg vom Endergebnis, hin zum Kunden zu wenden.

Aus „Gewinnzentrierung“ wird „Kundenzentrierung“ und „Überlebenszentrierung“. Und zieht massive Konsequenzen nach sich. Wenn ich all mein Denken und Trachten nicht auf den Gewinn, sondern auf den Kunden fokussiere, wird nahezu zwangsläufig auch ein Vorteil für mein Unternehmen daraus resultieren. Herausragende Produkt- und Dienstleistungslösungen erzeugen zufriedene, kaufende und weniger den Preis hinterfragende Kunden. Und dies erzeugt im Nachgang Umsatz und Rendite.

Schauen wir uns noch, um der Vollständigkeit willen, meine zweite Behauptung an, daß man Erfolg nicht vom Ende her zu planen hätte. „Von woher dann, wenn nicht von hinten?“ mögen Sie nun fragen, egal ob es denn nun Umsatz und Rendite oder meinetwegen auch Überlebensfähigkeit sei. Meine persönliche Erfahrung und damit zugleich mein Angebot an Sie, ist es den Planungsprozess von vorne und nicht von hinten vorzunehmen. Lassen Sie uns schauen, ob dieser Perspektivenwechsel einen Vorteil bringt.

Lassen Sie uns dafür 2 Tonnen Stahl, 1 Tonne Plastik und weitere Rohstoffe zu Autos verarbeiten. Hinzu kommen noch weitere Produktionsmittel wie Arbeit, Strom und Wasser. Nun lassen wir die Material- und Produktionsplanung einen guten Job machen und heraus kommt ein idealerweise gut und ressourcenschonend produziertes Fahrzeug. Bringt dieser Perspektivenwechsel nun den großen Fortschritt. Um ehrlich zu sein, nicht wirklich.

Aber, und nun wird es spannend, zwingt uns der Perspektivenwechsel eine Leistung ab, die von enormer Bedeutung ist: Sich mit dem Kunden auseinanderzusetzen. Denn dieser steht schlichtweg auf dem Weg vom Ausgangs- zum Zielpunkt im Weg. Während man, so man von hinten denkt und plant, ganz wunderbar sich einfach nur auf den Zielpunkt, also Umsatz und Rendite konzentrieren und dabei den Weg dorthin, der immer über den Kunden führt, vergessen kann, ist dies bei der Betrachtung vom Ausgangspunkt zum Endpunkt schlichtweg nicht möglich.

Kurzum und damit zugleich praktisch: Sprechen Sie daher bitte nicht ständig über Umsatz und Rendite. Denn dies lässt jeden im Unternehmen nur ständig genau daran denken. Worüber wir reden, erzeugt unsere Realität. Und wenn wir ständig nur von %en und Euros reden, sprechen wir damit zwangsläufig zu wenig über den Kunden. Diesem sind aber unsere Euros einfach nur egal, zumindest wenn wir so viel davon haben, daß wir gerade noch so überleben, um ihn, den Kunden mit guten Lösungen zu unterstützen.

Reden wir bitte anstatt dessen über den Kunden und seine Bedürfnisse. Denken wir in Dimensionen, die dem Kunden relevant sind. Sie werden sehen, daß Sie damit zu besseren Lösungen und zugleich auch zu einem Mehr an Umsatz und Rendite kommen werden.

Lassen wir ab, von unnotwendigen Meetings, sinnentleerten und dysfunktionalen Prozessen, in dem wir nur noch die Meetings und Prozesse leben, die uns helfen den Kunden und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen. Machen wir aus langweiligen und nicht zielführenden Meetings zum Thema „Warum stimmt denn schon wieder der Umsatz nicht?“ doch lieber Veranstaltungen, in denen wir uns fragen, wie wir die Kunden und ihre Bedürfnisse besser verstehen und bedienen können.

Ihre Kunden, Ihr CFO, Ihre Anteilsinhaber und Mitarbeiter werden es Ihnen danken.
Business statt Theater!



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