Stellt Euch nicht so an!
In der Geschichte der industriellen Entwicklung haben Unternehmen selten von sich aus den Anstoß gegeben, Maßnahmen für den Arbeits- oder Umweltschutz zu ergreifen. Es bedurfte stets eines erheblichen gesellschaftlichen und politischen Drucks sowie der Einführung verbindlicher Vorschriften, um entsprechende Veränderungen zu bewirken.
Heute, da die Gefahr, bei der Arbeit sein Leben zu verlieren oder in einer durch industrielle Prozesse vergifteten Umwelt leben zu müssen, weitgehend gebannt ist – zumindest hierzulande - hat sich eine breite Akzeptanz dieser Regeln etabliert. Die Mehrzahl der Akteure in der Wirtschaft hat nicht nur Wege gefunden, diese Vorschriften zu erfüllen, sondern erkennt auch deren Nutzen an.
Nun jedoch stehen neue Herausforderungen im Raum: Nachhaltigkeit und Fairness drängen mit Macht in das Bewusstsein der Gesellschaft und der Wirtschaft. Mit Begriffen wie „Nachhaltigkeitsberichterstattung“ und „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ tauchen neue, scheinbar komplexe Anforderungen auf, die in den Chefetagen vieler Unternehmen auf Ablehnung stoßen. Die Argumentation, dass der bürokratische Aufwand zu groß sei und die Margen gefährde, wird dabei häufig ins Feld geführt.
Folgt man dieser Logik bis zu ihrem Ende, ergibt sich daraus eine beunruhigende Schlussfolgerung:
Der Erhalt der Ertragskraft wird über den Schutz unserer Lebensgrundlagen sowie den Respekt vor den Menschen gestellt, die außerhalb des eigenen Unternehmens tätig sind.
"Nein, nein", heißt es dann: so ist das doch gar nicht gemeint.
Kommt aber so an.
Und warum nicht gleich einen Schritt weiter gehen? Warum nicht auch fordern, sämtliche Regelungen zum Arbeits- und Umweltschutz zurückzunehmen? Schließlich verursachen auch diese Vorschriften Aufwand.
Das tut natürlich niemand.
Denn es ist allgemein anerkannt, dass die bestehenden Regelungen gut und notwendig sind. Ebenso wie der Schutz natürlicher Ressourcen und der faire Umgang mit Menschen als wertvolle Ziele gesehen werden. Die Frage, ob das Ausfüllen von Formularen und die Erfüllung bürokratischer Verpflichtungen tatsächlich zu diesen Zielen beitragen, kann sicherlich diskutiert werden. Wer bessere, effizientere Vorschläge hat, sollte diese einbringen.Gleichzeitig erscheint es jedoch angebracht, den Unternehmen entgegenzuhalten: „Stellt euch nicht so an.“ Denn der Umgang mit regulatorischen Anforderungen sollte nicht nur als Bürde, sondern als Chance verstanden werden. Anstatt sich gegen etwas zu stemmen, das ohnehin kommt – und zwar weltweit- könnte die Wirtschaft Vorreiter sein. Wenn es absehbar ist, dass der politische Druck weltweit zunehmen wird und sich niemand diesen Forderungen auf Dauer entziehen kann, dann bietet der souveräne Umgang mit diesen Anforderungen einen echten globalen Wettbewerbsvorteil.
Die Steigerung der Effizienz auf dem Shop Floor gehört zum täglichen Geschäft der Produktion. Warum sollte es nicht auch möglich sein, die Effizienz im Umgang mit den Regeln für eine bessere und gerechtere Welt zu steigern?"
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