Kaizen 2 go 365 : Lean Management in der Altersmedizin

Kaizen 2 go 365 : Lean Management in der Altersmedizin

Fragestellungen aus der Unterhaltung mit Viktor Schwerdtfeger: Was was der Impuls für das Thema? Was sind typische Leistungs- und Unterstützungsprozesse in der Altersmedizin? Was unterscheidet sie von anderen Bereichen des Gesundheitswesen? Wer sind dabei die Beteiligten? Welcher Nutzen lässt sich aus Lean Management in der Altersmedizin erzielen? Was unterscheidet Lean Management dabei von anderen Gebieten des Gesundheitswesens? Welche besonderen Herausforderungen treten dabei auf und was sind die Ursachen? Gab es Aussagen oder Sichtweisen aus den Interviews, die besonders überrascht oder beeindruckt haben? Was lässt sich wiederum auf den allgemeinen Einsatz von Lean Management übertragen?

Das Transkript ist hier verfügbar.

Kaizen 2 go 365 : Lean Management in der Altersmedizin

26. Juni 2025 um 04:30 Uhr von Götz Müller
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KI-generierte Zusammenfassung des Transkripts

In dieser Podcast-Episode begrüßt Götz Müller den Masterabsolventen Viktor Schwerdtfeger, der sich in seiner Masterarbeit mit dem Thema Lean Management in der Altersmedizin beschäftigt hat. Viktor Schwerdtfeger schildert zunächst seinen akademischen Hintergrund und erklärt, wie er über seine Interessen im Gesundheitswesen und durch seinen Tutor, einen Geriater mit betriebswirtschaftlicher Weiterbildung, auf das Thema aufmerksam wurde. Dieser hatte die Frage aufgeworfen, warum Lean Management in der Altersmedizin kaum Anwendung findet, obwohl die Herausforderungen dort sehr groß sind. Das weckte bei Viktor Schwerdtfeger die Neugier, und er entschied sich, das Thema in seiner Masterarbeit zu vertiefen.

Viktor Schwerdtfeger beschreibt die Altersmedizin als wachsenden, aber häufig vernachlässigten Bereich. Angesichts der demografischen Entwicklung mit immer mehr hochaltrigen Menschen und chronischen Erkrankungen wie Demenz oder Osteoporose steige der Bedarf an geriatrischer Versorgung stark. Gleichzeitig fehle es in Forschung und Innovation an Aufmerksamkeit. Ihn habe beeindruckt, wie sehr sich die Qualität des Alterns in einer Gesellschaft auch an der Entwicklung der Altersmedizin entscheidet.

Im Gespräch mit Götz Müller erklärt Viktor Schwerdtfeger die Besonderheiten der Altersmedizin im Vergleich zu anderen medizinischen Disziplinen. Während in der Akutmedizin klar strukturierte Abläufe dominieren, ist die Altersmedizin durch Multimorbidität geprägt: Patienten leiden gleichzeitig an mehreren chronischen oder funktionellen Erkrankungen. Dies macht Behandlungsentscheidungen komplex, da nicht die vollständige Heilung, sondern Stabilisierung, Autonomieerhalt und Lebensqualität im Vordergrund stehen. Typische geriatrische Probleme wie Immobilität, Instabilität, Inkontinenz, Schlafstörungen, Demenz oder soziale Isolation verdeutlichen diese Komplexität.

Ein weiteres zentrales Merkmal ist die Vielzahl an Beteiligten. Viktor Schwerdtfeger betont, dass Altersmedizin nur im interprofessionellen und interdisziplinären Zusammenspiel funktioniert. Neben Ärzten und Pflegekräften sind Therapeuten, Sozialdienste, Pharmazeuten, Ernährungsberater und Angehörige beteiligt. Der Geriater fungiert dabei eher als Koordinator und Moderator, nicht als Einzelkämpfer. Götz Müller vergleicht dies mit der Bauindustrie, in der viele Gewerke ineinandergreifen müssen, damit am Ende ein funktionierendes Bauwerk entsteht.

Auf die Frage nach dem Nutzen von Lean Management in diesem Umfeld stellt Viktor Schwerdtfeger klar, dass es nicht um die klassische Effizienzlogik „schneller, günstiger, mehr“ gehe. Vielmehr könne Lean helfen, Störungen zu reduzieren, Verantwortlichkeiten sichtbar zu machen und Abläufe klarer zu strukturieren. Dies ermögliche mehr Zeit für die eigentliche Fürsorge der Patienten. Er erinnert an ein Zitat eines Interviewpartners: „It’s not about opening curtains and making beds, it’s about taking care of the man or woman lying there.“ Lean könne dafür sorgen, dass Ressourcen besser eingesetzt werden und Personal entlastet wird, ohne dass die Qualität leidet.

Götz Müller greift den Gedanken auf, dass hier die Definition von Wertschöpfung neu gedacht werden muss. In der Industrie ist Wertschöpfung klar messbar, in der Altersmedizin liegt sie darin, dem Patienten Aufmerksamkeit, Zuwendung und passende Behandlung zukommen zu lassen. Viktor Schwerdtfeger stimmt dem zu und betont, dass die geschaffene Zeit für Patienten im Kern den Wert darstellt. Schon ein kleines Gespräch könne die Lebensqualität verbessern.

Ein wichtiger Unterschied zu anderen medizinischen Bereichen sei die geringe Standardisierbarkeit. Während chirurgische Eingriffe klar definiert sind, verlaufen Prozesse in der Altersmedizin unvorhersehbar. Ein Patient könne innerhalb eines Tages völlig unterschiedliche Angaben machen, was Diagnosen und Behandlungen erschwere. Lean müsse hier stärker an Kommunikation, Vertrauen und Koordination ansetzen. Hinzu komme, dass viele leitende Ärzte hervorragende Mediziner seien, aber nicht über Managementkompetenzen verfügten. Lean erfordere aber Führung, die nicht nur einzelne Werkzeuge einführt, sondern Mitarbeitende einbindet.

Besonders überrascht habe Viktor Schwerdtfeger in seinen Interviews, dass viele Fachkräfte Lean für sinnvoll halten, obwohl er anfangs mit Skepsis gerechnet hatte. Teilweise werde Lean bereits praktiziert, ohne dass es so benannt werde. Das Label „Lean“ könne sogar abschreckend wirken, weil es mit Effizienzsteigerung und Rationalisierung verbunden werde. Manche Einrichtungen führten Methoden daher ein, ohne den Begriff zu verwenden, um Ängste abzubauen. Gerade ältere Führungskräfte betrachteten Lean oft als Managementmode oder Fremdkörper. Hier sei es hilfreich, eher eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung zu fördern, als das Schlagwort Lean in den Vordergrund zu stellen.

Ein weiterer Punkt sei der internationale Vergleich. Viktor Schwerdtfeger berichtet von Eindrücken aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Schweiz, wo digitale Technologien in der Nachsorge oder Prozessgestaltung bereits viel stärker integriert seien. Solche Beispiele könnten auch im deutschsprachigen Raum Impulse setzen.

Zum Abschluss betonen Götz Müller und Viktor Schwerdtfeger, dass jeder Mensch irgendwann vom Thema Altersmedizin betroffen sein wird. Deshalb sei es umso wichtiger, Forschung, Innovation und Ressourcen in diesem Bereich zu stärken. Lean könne dabei helfen, Strukturen zu verbessern, den Fokus auf den Patienten zu lenken und die Qualität der Versorgung langfristig zu sichern.



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