2. Episode
Wolken am Horizont
Wie wir bereits erfahren haben, durfte das Unternehmen Krauss GmbH & Co. KG den 40er noch mit steigenden Umsatzzahlen begehen, bevor es in den darauf folgenden Jahren in erste Turbulenzen geriet.
Bernd Krauss – wie nun ebenfalls bereits bekannt – verantwortet seit etwas mehr als 5 Jahren „offiziell“ die Ergebnisse des Grazer Traditionsunternehmens.
So richtig angekommen ist Krauss Junior bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch nach fünf Jahren dennoch nicht. Kennt er doch noch immer nicht die Bedürfnisse und Tagesprobleme dieser.
Insbesondere hat Franz Großmann mit Krauss Junior, dem „Kugelschreiberminenquäler“ wie er ihn, wenn es Streit gibt – und den gibt es in der letzten Zeit immer häufiger – nennt, so seine Probleme. Muss Großmann sich doch von diesem „Jungspund“ nach all den langen Jahren nun anhören, dass nicht alleine die Technik und deren Berrschung für den Fortgang und den Erfolg eines Unternehmens eine Rolle spielen.
Seinen Missmut darüber hat Großmann in jüngster Zeit offen zur Schau getragen, auch in Anwesenheit von anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ja sogar in Anwesenheit des „Alten“.
Weitere Wolken ziehen am Horizont auf und treffen das Unternehmen in einer Phase, die kaum unglücklicher gewählt sein könnte. Hatte sich die 68köpfige Besatzung des ins Schlingern geratenen Schiffes doch kaum von Einschneidungen aufgrund fallender Gewinnmargen und dem ständigen Wechsel von externen Beratern, deren Ergebnisse das Unternehmen nicht wirklich voran gebracht haben, erholt.
Droht nun auch noch der Verlust des wichtigen südkoreanischen Kunden, der YOHA Co. Ltd., aufgrund des unterschiedlichen Verständnisses der Begriffe „In Time“ und „In Quality“. Denn YOHAs CEO, Mun Jau-Kwan, ist bei weitem – trotz vieler Verhandlungen im zurückliegenden Jahr – nicht überzeugt, dass sein bisher wichtigster europäischer Lieferant die Kurve bekommt, sich an vereinbarte Termine hält und ein Verständnis davon entwickelt, was „Qualität“ für ihn und seine Kunden bedeutet.
Zusätzlich wird für einen weiteren, wichtigen Kunden, der RomChim S.A. mit Sitz in Timisoara, welcher rund ¼ des Umsatzvolumens der Krauss GmbH & Co. KG ausmacht, die Anschaffung einer neuen Montageanlage nötig.
Zig bereits geführte Gespräche lassen Bernd Krauss befürchten, dass das langjährige Finanzinstitut des Unternehmens, die Grazer Capital Bank, sich endgültig gegen die Vergabe des Kredits für eine neue Anlage entscheiden würde. Und er musste Constantin Roibu, CEO des Chemiekonzerns dann unterbreiten, dass die Krauss GmbH & Co. KG den gestiegen Bedarf nicht würde bedienen können.
Die damit verbundenen Konsequenzen kann Krauss Junior erahnen. Früher oder später wird der Kunde abspringen oder bestenfalls sein Engagement bei der Krauss GmbH & Co. KG auf einen niedrigen, einstelligen Umsatzanteil reduzieren. Entlassungen von langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden sich wohl kaum mehr verhindern lassen…
Während Bernd Krauss halbblind durch den Grazer Nieselregen fährt, fragt er sich, wie er all dies seinem Vater beibringen soll…
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