Digitalisierung im Shopfloor - der stille Vormarsch der Datenkrake
Die stille Revolution hat begonnen. Mithilfe von Sensoren und Algorithmen werden selbstlernende, vorausschauende Produktionssysteme geschaffen. Dies soll in Kombination mit Industrie 4.0 Anwendungen zu ungesehenen Effizienzen führen. Damit der Standort Deutschland global wettbewerbsfähig bleibt, ist dies auch dringend nötig. Das hat ein Wettrennen um die Vorherrschaft mit Daten und deren Auswertung in Gang gesetzt. Hier sind Amazon, Google und Co. dabei den Shop-Floor zu erobern. Hier braucht es ernsthafte Alternativen made in Germany!
AMAZON, Google, Microsoft und IBM verfügen mit etwa 80% der Cloud Angebote über massive, skalierbare Cloudressourcen. Man nennt sie auch "die Hyperscaler". Es ist davon auszugehen, dass sie mit ihrer geballten Rechenpower den deutschen Shopfloor weiter revolutionieren.
DIE IDEE
Mithilfe von Sensoren und Algorithmen werden selbstlernende, vorausschauende Produktionssysteme geschaffen. Dies soll in Kombination mit Industrie 4.0 Anwendungen zu ungesehenen Effizienzen führen. Das ist auch dringend nötig, um bei den Personalkosten und Engpässen am Standort Deutschland global mithalten zu können.
DAS ZIEL
Die Datenvorherrschaft in der deutschen Fertigungsindustrie ist das Ziel. Das erfolgreiche Geschäft von AMAZON und Co. im "Frontend" der Wirtschaft - dem eCommerce - soll jetzt auch im „Backend“ - der Produktion - wiederholt werden. Es winkt ein Milliardengeschäft mit der Ausfallsicherung von Produktionsanlagen sowie Effizienzsteigerungen durch maschinelles Lernen.
SO FUNKTIONIERT ES
Der Kunde bestückt seine Maschinen mit Sensoren und übergibt seine Daten an die Cloud. Den Rest erledigen die mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten, massiven Rechenzentren von Amazon, Microsoft, Google und IBM. Gleichzeitig werden Datenplattformen angelegt, in die sämtliche Daten aus den verschiedenen Systemen abgespeichert werden. Mit Hilfe von KI werden Muster analysiert, die in kürzester Zeit Antworten auf zuvor scheinbar unlösbare oder unsichtbare Probleme liefern.
Umso größer das Netzwerk angebundener Maschinen und Daten, desto schlauer wird der Algorithmus. Er kann z.B. mithilfe von Sensoren, die Tag und Nacht im Millisekunden-Takt Maschinen überwachen, Anomalien erkennen und vorbeugende Instandhaltungsaktionen initiieren. Mit jeder Meldung, ausgelösten Aktionen sowie dazugehörigen Ursache-/Wirkungsketten lernt das System hinzu.
Aber noch gibt es zahlreiche Haken...
DIE ALLTAGSBREMSEN
Die Realität beim Einsatz digitaler Maschinenüberwachung sieht bei vielen Betriebsleitern heute oft wie folgt aus: Firmennetze brechen beim Sensor-Daten-Tsunami zusammen, die Hardware ist für Massenanwendung zu teuer und überforderte Netzwerkadministratoren verzögern das Projekt; Robuste Datenströme in Echtzeit Fehlanzeige. Für die Analytik braucht es dann eine Mischung aus "Forensiker" und "Wunderkind". Neue Maschinen sind zwar mit Sensoren, Pumpen und Lagerdiagnostiken etc. ausgestattet. Dies sind aber in der Regel proprietäre Systeme und jeder Anbieter möchte natürlich selbst das Datengold verwalten. Hinzu kommt, dass oft gute Prozesse fehlen und LEAN zu stiefmütterlich behandelt wurde. Hier gibt es enormen Nachholbedarf.
DAS BETRIEBSLEITER DISNEYLAND
So ähnlich könnte der Traum eines Betriebsleiters aussehen: Die Echtzeit-Transparenz über alle zustandsrelevanten Maschinendaten ermöglicht eine vollautomatische Überwachung und Ausfallsicherung der Industrieproduktion, bei deutlich geringerem Personaleinsatz. Wenn kein ungeplanter Crash mehr die Anlagen stilllegt, kann wirtschaftlicher produziert werden. Es braucht weniger, ohnehin knappes technisches Personal für Entstörungen und Notreparaturen. Man spricht von vorhersagbarer Wartung (engl. Predictive Maintenance) durch digitale Zustandsüberwachung (engl. Condition Monitoring). Die Anlagen werden ausfallsicherer, die Verfügbarkeit steigt und das Kapazitätsangebot der Anlage erhöht sich. Mithilfe von Daten werden Nachfragemuster prognostiziert und Bestandsmanagement sowie Materialnachschub vollautomatisiert in Real-Time angepasst.
DIE HERAUSFORDERUNGEN
In Deutschland liegt das durchschnittliche Maschinenalter allerdings bei ca. 16-20 Jahren. Die Herausforderungen sind vor allem das Retro-Fit von Maschinen und die Überwachung im Brownfield-Scenario, also in einer bestehenden Produktionsumgebung. Bislang sind die meisten Bestands-Netzwerke und WLAN-Setups oft nicht ausreichend performant oder stabil genug für eine kontinuierliche Überwachung. Interferenzen bzw. bauliche Rahmenbedingungen stören die Signalübertragung. Eine 100%ige Netzstabilität ist aber die Grundvoraussetzung für ein effektives Condition Monitoring. Außerdem mangelt es an IT bzw. Datenanalysten und der grundlegenden Weitsicht, daraus Wettbewerbsvorteile zu generieren.
TECHNOLOGIEN FÜR DEN DURCHBRUCH
Beim Thema Netzwerk kann ein industrielles 5G-Industrienetzwerk helfen. Mit Latenzzeiten, die von 98 auf unter 1 Millisekunde sinken und einer 10-fachen LTE-Geschwindigkeit wird 5G die Digitalisierungswelle im Shopfloor anschieben.
Die Sensoren selbst werden zum Billigprodukt und die Daten werden zentral mit ungesehener Power analysiert! Nimmt die Vielfalt der angebundenen Aggregate zu, entsteht mit den sensorischen Mustern ein digitales Gedächtnis, das schnell adaptiert werden kann. Man sieht an dem Scenario eindeutig, dass Big Data ein Geschwindigkeitswettbewerb ist. Allerdings fehlt unserer Old-School Maschinenbau-Kultur oft die Neugierde, aus all den Daten Erkenntnisse und Wettbewerbsvorteile zu gewinnen. Die Aufgabe ist auch nicht trivial, zumal es das Berufsbild des Datenanalysten auch erst einige Jahre lang gibt. Speziell seit den 2010er Jahren, mit dem Aufkommen von Big Data, Cloud Computing und maschinellem Lernen, ist die Nachfrage nach Data Analysten sprunghaft angestiegen und hat sich als eigenständiges und wichtiges Berufsfeld etabliert. Entsprechend rar sind Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt.
VORMARSCH DER HYPERSCALER
Der Durchbruch der Hyperscaler in der Fertigung ist damit vorprogrammiert. Der Wettbewerb ist bereits im vollen Gange. Moderne Systeme werden auch in schwierigen Brownfield-Bedingungen den Datentsunami kontinuierlicher Maschinenüberwachungen meistern.
Instandhalter und Techniker müssen nicht nur mit dem Schraubenschlüssel umgehen können, sondern sich mit auch Sensorik und Datenanalytik auseinandersetzen. In jedem Fall müssen sie sich warm anziehen, denn die Tauschwährung für die Digitalisierung ist Effizienz!
Weitere Inhalte
Kennst Du schon LeanDownloads?
-
Kostenfreie und kostenpflichtige Downloads zu Lean, Agile, Leadership und vielem mehr
-
Lade Dir z.B. Checklisten, Formulare, eBooks und Präsentationen herunter
-
Stelle selbst Deine kostenpflichtigen und kostenfreien Download-Angebote ein
Methodenkarte: Six Sigma DMAIC-Roadmap
Hier findest Du eine Methodenkarte zu Six Sigma DMAIC-Roadmap, welche Du Dir kostenfrei herunterladen und diese für Dich selbst verwenden kannst. Du kannst diese Methodenkarte aber auch Deinen …
4D Feedback Karte
Die 4D Feedback Methode durchläuft vier Schritte, die jeweils auf verschiedene Persönlichkeitstypen abzielen. Durch das klare Hervorheben von Daten, Gefühlen, Ursachen-Hypothesen und …
Weitere Inhalte auf LeanPublishing
Kollaboration aller Projektbeteiligten verbessern - Effiziente Planung und Koordination am Bau
Sauberes Planungsmanagement durch optimierte Koordination: Ein klarer Kommunikationsfluss ist das A und O bei Planung, Entwurf und Konstruktion von Bauprojekten. Damit die Kollaboration aller …
OEE-Steigerung mit Industrie 4.0 zum Mieten
Industrie 4.0 ist das Schlagwort der aktuellen Zeit. Industrie 4.0 und Lean Production stehen sich aktuell noch skeptisch gegenüber. Aber es gibt auch Beispiele, wie beide Konzepte Hand in Hand …
#JanineFragtNach bei Conny Dethloff
#JanineFragtNach bei Conny Dethloff, Business Intelligence Division Manager bei der OTTO GmbH & Co. KG und außerdem schreibender Mathematiker und Organisationsforscher.
oee.cloud: OEE-Optimierung mit Industrie 4.0 Technologie
Die Overall Equipment Effectiveness (OEE) ist eine mächtige Kennzahl zur Analyse und Optimierung der Anlagenproduktivität. Eine präzise Datengrundlage zu haben ist jedoch üblicherweise eine …
Kommentare
Bisher hat niemand einen Kommentar hinterlassen.
Kommentar schreiben
Melde Dich an, um einen Kommentar zu hinterlassen.
Teilen