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Eine widerstands- und anpassungsfähige Beschaffungslogistik 4.0 erfordert ein ganzheitliches Management des Supply-Chain-Netzwerks. Daher müssen Inbound-Prozesse auf ein stabiles Fundament gestellt werden. 

25. Januar 2024 um 04:30 Uhr von Rainer Oszcipok


Beschaffungslogistik 4.0 

Inbound-Prozesse auf ein stabiles Fundament stellen 

Supply Chains nutzen eng getaktete Transport- und Lieferzeitfenster und reduzieren Warenbestände, Transportkosten sowie Durchlaufzeiten. Sie sind jedoch anfällig gegen Störungen von außen. Schwer einschätzbare Eintrittswahrscheinlichkeiten und Schadenshöhen haben im Vergleich zu operativen Risiken wie Nachfrage- und Preisschwankungen meist deutlich gravierendere Folgen. 

Globale Lieferketten unterliegen generell einem hohen Beeinträchtigungsrisiko. Importeure kämpfen seit Monaten mit Frachtraumknappheit und leiden massiv unter explosionsartigen Kostensteigerungen. Die Auswirkungen betreffen jedoch nicht nur die unmittelbar beteiligten Wirtschaftsakteure. Auch nachgelagerte Glieder der Wertschöpfungskette wie Lkw-Transporteure müssen einen Spagat schaffen zwischen der Warenabfuhr aus den Häfen und anderen Transportaufträgen im Stückgut, LTL- und FTL- Bereich. Der Ukraine-Krieg und das drohende Katastrophenszenario im Konflikt zwischen China und Taiwan verschärfen die Situation zunehmend. Ein probates Mittel gegen diese Krisensituation ist die Anwendung des „PPRR-Modells“. Durch Prevention (Vorbeugung durch den Aufbau von Lagerbeständen, Multiple Sourcing und Risikomanagement), Preparedness (Vorbereitung mit reaktiven Maßnahmenplänen und Backup-Szenarien), Response (Reaktionsfähigkeit zur Ausführung vorhandener Notfallpläne) und einem Recovery-Plan (Rückkehr zum normalen Geschäftsbetrieb) lassen sich die schlimmsten Aus- wirkungen angemessen bewältigen. 

Um die bestehenden Beschaffungssysteme neu aufzustellen, zu flexibilisieren und widerstandsfähig zu gestalten, ist es wichtig, typische Fehler zu vermeiden. Hier seien vier Fallstricke genannt, die tunlichst umgangen werden sollten. Die fehlende Aussagefähigkeit zum Lieferstatus der bestellten Ware verhin- dert eine korrekte Produktionsplanung und ist die Ursache signifikanter Folgeschäden wie Produktions- staus oder -ausfälle und Lieferschwierigkeiten an die Endkunden. Mit cloudbasierten Software-Tools und einer lückenlosen „End-to-end“-Überwachung der gesamten Lieferkette inklusive Frühwarnsystem ist dieses Problem leicht lösbar. Der weitaus größte Teil der Lieferkonditionen lautet „frei Haus“. Damit legen Sie die Transportorganisation und auch Auswahl der Transportdienstleister in die Hände ihrer Lieferanten. Ihre Handlungsmöglichkeiten bei mangelhafter Transportzuverlässigkeit oder Störungen im Trans- portablauf sind gleich null. Eine Veränderung der Frankatur gibt Ihnen die Hoheit zurück, und kann die Transportleistung schlagartig verbessern.

Supply-Chain-Risk-Management 

Als dritter Fallstrick zeigt sich das Fehlen von Notfall- und Back-up-Plänen. Bei Störungen im Trans- portablauf ist das Vorhalten erprobter und aktivierbarer Transportalternativen, die Unternehmen aus der Schublade ziehen können, oftmals die Rettung vor dem „Liefer-GAU“. Der vierte Fallstrick ist meist ein hausgemachtes Problem: Die Logistikabwicklung fristet in vielen Unternehmen nach wie vor ein Schattendasein. Es fehlt ein professionelles Prozessmanagement bei der Warenanlieferung. Hier gilt es, ein vernünftiges Zeitmanagementsystem zu etablieren, um Chaos-Situationen bei der Lkw-Entladung und Warenvereinnahmung ins Lager zu vermeiden. Nicht selten müssen Lagerarbeiter als Streitschlichter zwischen Lkw-Fahrern agieren, die sich um den vordersten Platz an der Rampe streiten. 

Globale Lieferketten entwickeln sich zunehmend unvorhersehbar. Zahlreiche Bedrohungsrisiken aus verschiedenen Richtungen müssen berücksichtigt werden. Um den Gefahren der Lieferketten-Instabilität zu begegnen, ist die Einführung und Nutzung eines Supply-Chain-Risk-Managements (SCRM) sinnvoll. Für das erfolgreiche Aufsetzen eines SCRM-Systems müssen die vier zentralen Handlungsfelder Transparenz, Risikobewusstsein, Flexibilität und Kooperation berücksichtigt werden. Ein umfassendes SCRM-System besteht aus den vier Teilbereichen Identifikation, Bewertung, Steuerung und Überwachung von Liefer- kettenprozessen. Im Rahmen der Identifikation möglicher Risiken entlang der Supply Chain helfen Big Data und künstliche Intelligenz mit der Analyse von Wirkzusammenhängen und Szenarienprognosen da- bei, Entscheidungen fundiert zu unterstützen. Eben- so hilft diese Technologie, zusammen mit Internet- Crawlern, bei der Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeit disruptiver Störungen. Die Steuerung ist das Herzstück im Riskmanagement durch die Vernetzung der Planungs- und Kommunikationsprozesse, und bei der Initiierung vorbereiteter Notfallpläne. 

Transparenz und Kooperation 

Die Grundlage für eine schnelle Reaktionsfähigkeit bei Störfällen ist die Überwachung durch Monitoring-Plattformen wie z. B. DHL Resilience 360, Risk Radar oder Resilinc. Diese visualisieren Informationen und stellen über eine Dashboard-Ansicht einen zentralen Überblick zur Verfügung. Ergänzend sei hier auch die Nutzung von Echtzeit-Trackern über Technologien wie RFID, IoT und 5G empfohlen. Ausschlaggebend für die wirkmächtige Nutzung eines SCRM-Systems sind ausreichende personelle Ressourcen im Supply-Chain-Team und die Investition in die notwendige IT-Technologie. 
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Weg zu einer widerstands- und anpassungsfähigen Beschaffungslogistik 4.0 ein ganzheitliches Management des Supply-Chain-Netzwerks ist. Dieses umfasst die Transparenz über alle Schnittstellen, Prozesse und Beteiligten, sowie ein integratives Zusammenspiel der Instanzen Management, Planung, Operations und IT. Durch die Prüfung bestehender Einkaufskonditionen und Handelsvereinbarungen lassen sich finanziell und operativ nachteilige Bedingungen feststellen und verändern. 



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