43. Episode
Wir können die Zukunft nicht komplett voraussehen…
Aber wir können unsere Organisationen, Denkweisen, Systeme „evolutionstauglicher“ gestalten.
Am heutigen Abend werden die Delegierten des RomChim-Konzerns eintreffen. Die Unterbringung der Vertreter von RomChim in Graz war wohl überlegt, da doch auch diese einen kleinen Teil zu einem für die Krauss GmbH & Co. KG erfolgreichen Unternehmensbesuch beitragen sollte. Und gerade das Hotel zum Dom in dem geschichtsträchtigen Palais Inzaghi aus dem 14. Jahrhundert spiegelt wider, dass Altes und damit Bewährtes sich mit Neuem sehr wohl vereinbaren lässt ...
Die weiteren und wesentlichen Maßnahmen zur Vorbereitung des Unternehmensbesuchs, wie beispielsweise die Ausweitung der 5A/S- Methode auf alle Produktionsbereiche, hatten Bernd Krauss und Frank Weissenegger ebenfalls noch am Ende des vergangenen Jahres abgestimmt.
Zumal es insbesondere Frank Weissenegger sehr wichtig ist zu demonstrieren, dass man es mit der Umsetzung von neuen Methoden bei der Krauss GmbH & Co. KG auch wirklich ernst meint. Und darüber hinaus die bereits langjährigen Mitarbeiter im Unternehmen dieses gleichermaßen mittragen und dahinter stehen.
Denn nur zu gut erinnert er sich an seine Auslandsaufenthalte. Gerade in den USA hatte ihn immer wieder die Mentalität des ‚Window dressings‘ mehr als nur geärgert. Wurden doch damals in großen Worten und mit bunten Präsentationen Ergebnisse vorgestellt, welche es zum Teil nicht einmal Wert waren, überhaupt vorgetragen zu werden. Denn nicht die optische Gestaltung des Bilanzbildes war und ist entscheidend für den zukünftigen Erfolg eines Unternehmens, sondern Maßnahmen, die zur dauerhaften Verbesserung der gesamten Struktur beitragen. Authentizität einhergehend mit der notwendigen Ehrlichkeit sollte doch die Devise in (s)einem Unternehmen sein.
Dazu haben Krauss Junior und Frank Weissenegger die Einrichtung von so genannten ‚ProKIC‘ (Produktions-, Kommunikations- und InfoCenter) initiiert. In beiden Produktionsbereichen jeweils eines dauerhaft an einer Stelle, an welcher die Mitarbeiter für kurze Diskussionen über Veränderungen und Verbesserungen zusammenkommen können. Ausgestattet mit Flipchart, einer Pinnwand sowie Moderationsmaterial, um so Ideen und Maßnahmen gleich sichtbar für alle festzuhalten und dazu den Arbeitsfortschritt zu dokumentieren. Von dieser Idee waren auch die Herren Jandl und Gruber bereits in einem ersten Gespräch angetan, so dass die Standorte für diese ProKIC-Ecken schon zu Beginn des neuen Jahres zügig bestimmt werden konnten.
Doch trotz aller Maßnahmen sind Bernd und Frank sich darüber im Klaren, dass sie alleine mit diesen Vorgehensweisen die von RomChim gewünschten Produktionsmengen nicht erreichen können. Und es daher zu Beginn der erhöhten Produktionsmengen unumgänglich sein wird, zeitweise zusätzliches Personal einzustellen. Sie dazu aber auch versuchen müssen, RomChim für einen möglichst präzisen Forecast zu ‚begeistern‘, um ausreichend Vorlaufzeit für Einstellungen und die Einarbeitung zu haben.
Am Nachmittag vor dem Besuch ‚inspizieren‘ Frank und Bernd noch einmal mit Ernst Krauss die Produktionsbereiche. Und gerade der zuletzt Genannte ist schon beeindruckt von dem, was inzwischen entstanden ist:
An einer Montagestation sieht man an verschiedenen Materialien die roten Karten, die für den ersten Teilschritt im 5A/S-Prozess benötigt werden.
Die beiden Ecken für Kurzbesprechungen wurden geschaffen, wobei die in der spanenden Fertigung bei Jakob Jandl bereits voll bestückt ist. An der Pinnwand sind erste Kennzahlen dargestellt, an denen die Verbesserungen aus dem 5A/S-Prozess ablesbar sind. Verschiedene Fotos dokumentieren den Ausgangszustand. Was Weissenegger gestern noch auf die Idee brachte, einige Fotos, welche sie bereits im Audit der Firma YOHA Co. Ltd. (siehe Episoden 9, 10) verwendet haben, an einer Tafel im großen Besprechungsraum aufhängen. Ist er sich doch sicher, dass die Vertreter der RomChim und insbesondere Constantin Roibu (siehe Episode 37) sich noch gut an den ‚Allgemeinzustand‘ in der Produktion erinnern werden.
Zwar sind die Vorbereitungen für den Unternehmensbesuch abgeschlossen, doch möchten Frank und Bernd die noch verbleibende Zeit bis zum Eintreffen der Delegierten nutzen, um sich gerade mit Krauss Senior ein wenig abzustimmen. Ernst Krauss, welcher aufgrund seiner langjährigen Geschäftsbeziehung das Unternehmen sowie Constantin Roibu gut kennt und darüber hinaus sehr schätzt, wird am heutigen Abendessen mit den Vertretern von RomChim teilnehmen. Und sicherlich die „richtigen“ Worte, auch den ‚Fall Großmann’ betreffend, finden.
Nach einer freundlichen Begrüßung und einem Aperitif erläutert dann auch Ernst Krauss zunächst seinen Gästen im Groben einige Veränderungen in der Krauss GmbH & Co. KG und damit die Umstände, die zur Trennung von Franz Großmann beigetragen haben.
Es ist zu erkennen, dass man seitens RomChim schon berührt ist. Aber dennoch nachvollziehbar ist, dass gerade vor dem Hintergrund ihrer eigenen Anforderungen ein Franz Großmann möglicherweise nicht mehr der geeignete Ansprechpartner gewesen sei.
Dies und die offene sowie freundliche Atmosphäre während des weiteren Abends lassen Krauss Senior dann doch ein wenig aufatmen. Zumal er erkennt, dass die Herren von RomChim sowohl in Bernd als auch in Frank zwar zwei andere, dafür aber zeitgemäße und darüber hinaus kompetente Partner sehen. Und sich vielleicht sogar insgeheim Kerle wie diese für ihr Unternehmen wünschen …
Trotz oder gerade wegen ihres "neumodischen Krams".
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