Warum es beim Visual Management auf die Richtung ankommt
Grundsätzlich ist Visual Management ein Führungsinstrument im Lean Kontext. Das drückt sich ja schon im Namensanteil „Management“ aus. Ebenso muss man sich auch über den anderen Teil „Visual“ eigentlich keine Gedanken machen, weil er sich eins zu eins als „visuell“ ins Deutsche übersetzen lässt. Also einfach „visuelles Management“ und das Thema ist erledigt. Sollte man meinen.
In meinen Augen fängt das Thema aber jetzt erst an interessant zu werden, weil sich aus den beiden Teilen schon noch einige weitere Aspekte ergeben. Wer führt denn hier und wer wird geführt? Was ist denn an der Führung visuell und was wird eigentlich dargestellt?
Einige der Antworten sind dabei vergleichbar mit dem Kontext von Kennzahlen. Auch dort dreht sich eine entscheidende Frage um das, was mit den Kennzahlen erreicht werden soll. Schon die Formulierung des Erreichens lässt primär mal ein Ergebnis vermuten. Trotzdem wird bei Kennzahlen ganz entscheidend zwischen Ergebnis- und Prozesskennzahlen unterschieden. Während die Ergebniskennzahlen im Grunde nur eben ein dann schon existentes Ergebnis beschreiben, kommt m.E. die wichtigere Bedeutung den Prozesskennzahlen zu, weil sich nur im Verlauf des Prozesses das Ergebnis noch beeinflussen lässt.
Diese Dualität zeigt deutlich die Herausforderung auf, die sich im Zusammenhang mit Prozesskennzahlen ergeben. Zwar ist auch die Formulierung von Ergebniskennzahlen nicht immer einfach (zumindest solange Unklarheit über das gewünschte Ergebnis herrscht), aber die Schwierigkeit der Formulierung einer Prozesskennzahl zu einem gewünschten Ergebnis liegt nochmal ein ganzes Stück über der „nackten“ Ergebniskennzahl.
Zurück zum Visual Management deutet sich dadurch die enge Verwandtschaft der beiden Begriffe an, wenn man statt der Kennzahl den englischen Begriff „Key Performance Indicator“ verwendet (ich verwendet bewusst nicht bloß „Metric“). Da steht jetzt eben nicht bloß „Key Result Indicator“, sondern „Performance“ deutet eben wieder auf den Prozess hin.
Visual Management ist also zu einem ganz erheblichen Teil ein Überbau über die Kennzahl(en) und deren Beschreibung des Prozesses (egal, ob es sich um einen Produktionsprozess, um einen Service-Prozess oder einen anderen eher nicht physisch-offensichtlichen Teil der Geschäftstätigkeit handelt).
„Alles, was sich zu lange hinschleppt, ehe es zu etwas nur irgend Sichtbarem wird, verliert an Interesse.“ — Alexander von Humboldt
Im Zusammenhang mit visuell stellt sich jetzt auch die Frage nach dem Betrachter dessen, was da dargestellt wird. Primär kann es darauf erstmal nur zwei mögliche Antworten geben. Entweder ist die Führungskraft (oder das so genannte Management im Allgemeinen) der Betrachter oder es ist der Mitarbeiter (im Prozess).
An dieser Stelle kann man sich eine ähnliche Frage wie bei den Ergebnis- und Prozesskennzahlen stellen. Welche Form der Kennzahlen erlaubt den direkteren Einfluss auf das Ergebnis, so paradox die Frage im ersten Anschein vielleicht erscheinen mag? Die Antwort darauf hatte ich oben schon gegeben.
Mit der gleichen Schlussfolgerung ergibt sich daraus auch die Richtung des Visual Management, also der Betrachter der visuellen Darstellung der Kennzahl. Visual Management richtet sich also auf die Mitarbeiter im Prozess, weil diese es sind, die den primären Einfluss auf den Prozess und dann in der Folge auf das Ergebnis haben.
Sicherlich kann man nicht schlussfolgern, dass Visual Management, das sich am Management also der Führungskraft (oder gar darüber) nicht auch Effekte haben kann. Aber allein die Mehrstufigkeit der Einflussnahme, die resultierende zeitliche Verzögerung und mögliche Zusatzaufgabe für die Führungskraft sollte deutlich machen, dass sich der gewünschte Effekt der Ergebnisverbesserung nur indirekt ergeben kann.
Der Fokus der Führungskraft sollte sich also auf Überlegungen konzentrieren, wie das Visual Management im Zusammenspiel mit den Kennzahlen gestaltet werden kann, damit der Mitarbeiter selbst die direkte Schlussfolgerung ziehen kann, ob seine Arbeit im Prozess die gewünschten Effekte hat und welche direkten Maßnahmen bei Abweichungen zu treffen sind.
Das gilt sowohl für reine Performance-Aspekte des Prozesses, ebenso wie für Qualitätsthemen im Prozess wie allgemein für jegliche Abweichung von definierten Standards und darüber hinaus auch für deren Verbesserung. Dazu ist auf jeden Fall auch zu sagen, dass der gesamte Kontext des Prozesses in Verbindung mit dem Visual Management nicht von der Führungskraft alleine gestaltet werden sollte, sondern der Mitarbeiter immer darin einbezogen werden muss, um dann die letztlich gewünschten Effekte zu erzielen.
Nach der Gestaltung des Visual Management kann die Führungskraft (und deren Führungskraft) dann bspw. mittels Layered Process Audits dessen Wirksamkeit regelmäßig überprüfen und geeignete Anpassungen bzw. Verbesserungen initiieren oder sogar darüber hinaus, von innen heraus angeregte Initiativen anstoßen und ermöglichen.
Wenn Sie wissen möchten, wie die Einführung von Layered Process Audits in Ihrem Verantwortungsbereich aussehen können, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf (siehe bspw. mein LeanNetwork-Profil, LinkedIn-Profil oder meine Website).
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