Raus aus der strategischen Verschlossenheit
Oder: Wie Unternehmen sich von der Konkurrenz abheben
Wie geht das eigentlich – eine eigene, sich vom Markt differenzierende Strategie zu entwickeln und diese dann auch erfolgreich umzusetzen?
Julia Hautz, Professorin für strategisches Management an der Universität Innsbruck, hat auf diese Frage eine Antwort: „Open Strategy“ – die Bereitschaft, andere, dritte Stimmen in den Strategieprozess einzubinden. Doch das ist komplexer, als es sich im ersten Moment anhört.
Zunächst braucht es seitens des Managements erst einmal das Bewusstsein, dass Impulse von außen helfen könnten.
Dass es heutzutage nicht mehr reicht, Führungskräfte zusammenzutrommeln, Benchmarking zu betreiben, Best Practices zu suchen und dann im kleinen Kreis auf Basis von Zahlen und Fakten eine Strategie zurechtzuzimmern.
Als zweites braucht es dann auch den Mut des Managements einzuräumen, dass es nicht alles weiß.
Dass es nicht alle neuen Entwicklungen im Blick hat. Dass Expertise abseits des Führungskreises nützlich sein könnte. So etwas zu sagen, ist alles andere als trivial, wie Hautz erklärt. Es erfordert einerseits eine gewisse Demut, andererseits die Selbstsicherheit, dass die Aura des Vorstands oder der Geschäftsführung nicht darunter leiden wird.
Wenn der innere Widerstand, das persönliche Ego überwunden ist, dann braucht es Plattformen, Tools und Prozesse. Wie genau kommt die Führung in den Dialog mit Dritten? Wann sind digitale Mittel besser, wann analoge Formate? Braucht es eine Moderation, um beide Seiten ins Gespräch zu bringen? Und mit wem wollen wir eigentlich reden?
In unserem Gespräch für die „SMP LeaderTalks“ hat Julia Hautz hier auf einen – wie ich finde – besonders spannenden Aspekt von „Open Strategy“ hingewiesen: dass Führungskräfte sich sowohl externe als auch interne Stimmen suchen sollten. Erstere zahlen vor allem auf die Strategie ein, letztere vor allem auf deren Umsetzung.
Bei Stimmen von außen geht es primär darum, andere Perspektiven zu gewinnen, neue Entwicklungen kennenzulernen und gewohnte Denkmuster zu verlassen. Führungskräfte eines Unternehmens verfügen häufig über eine ähnliche Ausbildung und ähnliche Erfahrungen. Das führt zu ähnlichem Wissen, zu ähnlichen Heuristiken und kognitiven Verzerrungen. Diese heißt es zu überwinden.
Bei Stimmen von innen gilt grundsätzlich das Gleiche. Was die Mitarbeiterin im Vertrieb oder der Verkäufer in der Niederlassung zu erzählen haben, ist wertvolles Wissen aus dem Tagesgeschäft, zu dem viele Vorstände den Zugang verloren haben.
Hinzu kommt aber noch etwas anderes: Werden zum Beispiel Abteilungsleiterinnen oder Mitarbeiter in den Prozess mit einbezogen, werden sie die Strategie besser verstehen und auch stärker als ihre eigene empfinden („sense of ownership“ nennt Hautz das).
Gehört zu werden, heißt gesehen zu werden, es bedeutet Wertschätzung und Beteiligung.
Allzu häufig verkünden Unternehmen ihre Strategie noch wie eine frohe Botschaft – als Weisheit, die von oben kommt und unten an der Basis, bitte schön, umzusetzen ist. Anders gesagt: Sie behandeln die Belegschaft wie einen passiven Empfänger.
Hinzu kommt ein anderes Problem: Allzu häufig entpuppt sich das, was nur am Reißbrett entworfen wurde, später im Unternehmensalltag als wenig praxistauglich.
Führungskräfte, die ihre eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in die Entwicklung einer Strategie mit einbeziehen, erhöhen die Motivation der Menschen massiv. Und sie sorgen für eine frühe Rückkopplung von Theorie und Praxis. Beides wirkt sich positiv auf die Umsetzung der Strategie aus und erhöht deren Erfolgsaussichten.
„Open Strategy“ bedeutet somit Offenheit nach außen, aber auch nach innen.
Was neue Fragen aufwirft:
- Wie gehe ich richtig mit dem Input der Belegschaft um?
- Wie weit bin ich in der Lage, die Hoheit über den Prozess abzugeben?
- Und was heißt das für die Kontrolle und Macht der Führung?
In unserem Podcast habe ich mit Professorin Julia Hautz natürlich auch über diese Fragen gesprochen. Desgleichen über #RadicalListening, die positiven und negativen Seiten des #OverconfidenceBias“ oder die Frage, wo die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn von CEOs verläuft.
Ein hoch interessantes Gespräch mit wichtigen Anstößen für alle, die in einem Unternehmen Verantwortung tragen – zumal in einer Zeit, in der sich vieles so schnell so radikal verändert.
Prädikat: sehr hörenswert! 😊
Zu finden ist die jüngste Folge der „SMP LeaderTalks“ ab sofort auf allen Plattformen, auf YouTube oder hier.
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