
Warum Lean keine Gebrauchsanweisung hat
Dieser Beitrag entstand aus einem Blog-Post, in dem der Scrum Guide 2020 vorgestellt wurde. Dort wurde Lean Thinking als Basis von Scrum genannt, mit einem Verweis auf Training Within Industry (TWI). Gleichzeitig bedauerte der Autor, dass es keinen vergleichbaren Lean Guide gibt, der dieselbe Funktion erfüllt. Daraus ergaben sich für mich Überlegungen, warum ein Lean Guide fehlt und welche Konsequenzen dies hat. Aktueller Anlass für diese jetzt wiederholte Reflexion aus einem etwas älteren Artikel sind regelmäßige Treffen des Roundtables der Lean- und Agile-Communities, die Gemeinsamkeiten ausloten und kommunizieren möchten.
Unterschiede zwischen Scrum und Lean
Ein Vergleich mit dem Scrum Guide zeigt wesentliche Unterschiede zu Lean. Scrum wird als Framework definiert, das an individuelle Organisationen angepasst werden kann. Gleichzeitig basiert es auf methodischen Elementen, die ein spezifisches Mindset erfordern. Eine Trainings- und Zertifizierungsstruktur unterstreicht diese Methodik.
Scrum konzentriert sich auf eine klar abgegrenzte Einheit – das Scrum-Team, das typischerweise aus etwa zehn Personen besteht. Das Ziel ist die Erstellung eines Produkts. Aussagen zur Einbettung des Teams in größere Organisationen oder zur Skalierung bleiben vage. Lean hingegen macht keinerlei Annahmen zur Organisationsgröße und bietet universelle Prinzipien, die unabhängig von Teamstrukturen anwendbar sind.
Methodische und kulturelle Prägung
Die Ursprünge von Scrum liegen in der Software-Entwicklung, einer Domäne mit hohem organisatorisch-persönlichem Reifegrad. Lean hingegen stammt aus der industriellen Produktion. Trotz dieser Unterschiede spielt die Mitarbeiterentwicklung in beiden Ansätzen eine zentrale Rolle. Lean wurde als Modell auf Basis der Erfolge von Toyota entwickelt, um diese systematisch zu reproduzieren (auch wenn das – vermutlich u.a. aufgrund der größeren Individualität der Organisationen – oft eher schlecht als recht funktioniert bzw. von Erfolg geprägt ist).
Parallelen und Unterschiede
Einige Elemente von Scrum haben Entsprechungen in Lean, unterscheiden sich aber in ihrer Ausprägung:
- Definitionen und Prinzipien: Während Scrum einen klar strukturierten Zyklus bietet, fokussiert Lean auf Prinzipien wie Fluss, Wertstromdenken und kontinuierliche Verbesserung. Die Toyota Kata bietet hier ein vergleichbares Modell.
- Rollen: Scrum definiert spezifische Rollen wie Scrum Master und Product Owner. Lean dagegen setzt auf flexiblere Rollen, etwa Führungskräfte als Coaches, ohne dabei klare Äquivalente zu schaffen.
- Prozesse und Ereignisse: Scrum nutzt feste Ereignisse wie Sprints und Reviews. Im Lean-Kontext dient der PDCA-Zyklus der kontinuierlichen Verbesserung, ohne jedoch direkt zur Wertschöpfung beizutragen.
- Werkzeuge: Scrum-Artefakte wie das Product Backlog haben keine direkten Pendants in Lean. Ansätze wie A3-Reports oder Toyota-Kata-Formulare kommen diesen aber am nächsten.
Warum ein Lean Guide schwierig ist
Die Vielfalt und Mächtigkeit von Lean machen eine standardisierte Anleitung wie den Scrum Guide kaum realisierbar. Während Scrum gezielt für eine spezifische Anwendung konzipiert ist, umfasst Lean eine breite Palette an Prinzipien und Methoden. TWI-Dokumente, die oft als Grundlage für Lean gesehen werden, sind dagegen zu spezifisch, um als universeller Leitfaden zu dienen.
Trotzdem können TWI-Handbücher als Einstieg in Lean eine wichtige Rolle spielen. Sie fördern kulturelle Veränderungen und bieten einen praktischen Handlungsrahmen, insbesondere in der Einführungsphase.
Mehr über Training Within Industry können Sie in diesem Sammelartikel in Form von verlinkten Artikeln und weiteren Quellen finden finden.
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Kommentare
Wie Du richtig schreibst TWI kann durchaus ein Einstieg zur "fördern kulturelle Veränderungen..." sein.
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