Mit Kanban dein Scrum verbessern? Das geht.

Mit Kanban dein Scrum verbessern? Das geht.

Bestehende Scrum oder Scrumban Teams können von Kanban profitieren. Ein Kundenbericht außerhalb der IT zeigt, wie einzelne Aspekte von Kanban eine verfahrene Situation verbessern.

02. Oktober 2024 um 04:30 Uhr von wibas GmbH
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Neulich beim Kunden

„Wir machen Scrumban.“  Natürlich läuft es nicht optimal, sonst wäre ich als Coach nicht hier.  Was von Scrum finde ich hier vor? Die Rollen Scrum Master und Product Owner sind in dem Controller-Team besetzt. Es gibt ein Daily – aber ohne Blick auf das Kanban Board. Ich verstehe auch schnell, warum. Es ist zu voll und unübersichtlich. 71 Kärtchen „in Arbeit“. Weitere knapp 40 als aktuelles Wochenziel in der Spalte daneben. Da ist es einfacher im Daily frei und ohne Board, zu erläutern, was gerade läuft. Retrospektiven gibt es ca. halbjährlich. Die Sprintlänge müsste eine Woche sein, weil es wöchentlich eine Abstimmung über das Wochenziel gibt. Sprints fangen an – enden aber nicht. Manches, was zu Scrum gehört, finde ich gar nicht. 
Was von Kanban finde ich vor? Ein Board. Ein echtes Kanban System war hier offensichtlich nicht das Ziel – keine der Praktiken finden Anwendung.

Was tut eigentlich Scrum?

Scrum ist ein Rahmenwerk, das speziell für die Produktentwicklung entwickelt wurde. Es basiert auf der Idee, dass ein Team in kurzen Iterationen arbeitet, die als Sprints bezeichnet werden. 

Scrum fördert die Zusammenarbeit im Team und die Kommunikation mit dem Kunden. Es gibt feste Rollen wie den Scrum Master und den Product Owner mit jeweils eigenen Verantwortlichkeiten. 

Scrum bietet klare Strukturen und Regeln, was dazu beitragen kann, das Team auf Kurs zu halten und sicherzustellen, dass es sich auf die wichtigsten Aufgaben konzentriert. 

Und was tut Kanban?

Was alle über Kanban wissen: es basiert u.a. auf der Idee, dass Arbeit visuell dargestellt wird. So kann das Team schnell erkennen, was zu tun ist und was bereits erledigt wurde.  

Aber Kanban ist viel mehr als ein Board. Kanban ist eine Change-Management Methode. Kanban hat ein Verständnis von evolutionärer Veränderung, bei dem unnötiger Widerstand vermieden werden soll – zum Beispiel durch die Einführung neuer Titel für Personen und Meetings. Ein gutes Kanban System knüpft zunächst an die bestehende Situation des Teams an. Kanban fördert die kontinuierliche Verbesserung und den ständigen Fluss von Arbeit. 

Gründe für ein kaputtes Scrum

In der Praxis treffen wir oft auf Kundenteams, die einige Zeit zuvor Scrum eingeführt haben, aber mit der Situation nicht mehr zufrieden sind. Gründe kann es viele geben. 

Vielleicht haben sich die Aufgaben des Teams geändert? Der Klassiker wird in der Posit Science Case Study der Kanban University beschrieben. Hier wird von einem Team berichtet, das anfangs Produktentwicklung betrieb, was ihnen mit Scrum sehr gut gelang. Sobald das Produkt auf dem Markt war, kamen eilige Bedarfe der Nachbesserung, spezielle Kundenwünsche, Betrieb und Wartung zusätzlich hinzu – was das Entwicklungsteam parallel zur Neuentwicklung mit Scrum nun nicht mehr gut koordinieren konnte. Da diese Case Study zum Ausbildungsmaterial des Kanban Management Professional gehört, kann man sich die Lösung denken.

Ein anderer Grund, warum Scrum nicht (mehr) passt: Vielleicht war Scrum für das Team nie wirklich die beste Lösung, wurde aber aus Gründen der Einheitlichkeit im Unternehmen oder weil man es noch nicht besser wusste, vor einiger Zeit eingeführt. Oft finden wir dann noch Menschen mit den Titeln „Scrum Master“ und „Product Owner“, die Events werden unregelmäßiger und immer weniger nach der Idee des Scrum Guides durchgeführt, Sprints geraten immer häufiger aus dem Takt, weil der Kunde, der Markt, die Situation es erfordern. Und vielleicht kennst du auch so ein Board mit unübersichtlichen Stapeln von Wünschen im Backlog, und mit viel zu viel parallel in Arbeit befindlichen Karten. Diese Situation wird dann gerne noch von außen mit dem Vorwurf flankiert, dass das Team zu wenig fertig stellt. Kommt dir das bekannt vor? 

Und wie kann Kanban jetzt meinem Scrum helfen

Unabhängig davon, ob ein Team nach Scrum arbeitet oder mit der Kanban Methodik beginnt, ist es hilfreich, sich mit dem STATIK-Ansatz zu nähern und die Situation einmal frisch zu betrachten. STATIK (Systems Thinking Approach to Implementing Kanban) ist ein Ansatz, nicht nur für die Einführung von Kanban in Organisationen. Es kann auch helfen dein Scrum zu verbessern.  

Essentiell für den Anfang ist es, die „Quellen der Unzufriedenheit“ zu ermitteln. Sie stellen den 1. Schritt in STATIK dar und sind als Motivation für draus resultierende Veränderung zu verstehen. So möchte man gezielt die wichtigste Baustelle angehen. Danach wird die nächstwichtigste Baustelle angegangen. Aha – da haben sich schon Change Prinzipien von Kanban eingeschlichen. „Starte da, wo du bist, und verändere in kleinen Schritten“.  

Neulich beim Kunden: Workshop zu den Quellen der Unzufriedenheit 

Wenig überraschend stellt sich große Unzufriedenheit mit dem Board als das wichtigste Thema heraus. In einer Simulation erlebt das Team den Unterschied von der aktuellen Situation im „verstopften System“ zur Arbeit in einem System mit Fluss, weniger paralleler Arbeit und mehr Fertigmachen. Und mit mehr Freude dabei.  

Durch die Simulation konnte das Team die direkte Wirkung erfahren, wie arbeiten in einem System mit Fluss funktioniert. Das motivierte, die eigene Situation im realen Leben direkt zu ändern. 
Das Controller-Team beschließt Limits für Mengen paralleler Arbeit, räumt das Kanban Board auf und gestaltet es mit der Zeit um. Vorhandene Regeln werden explizit gemacht, um weitere Missverständnisse zu vermeiden.

Es beginnt ein Prozess der kontinuierlichen Veränderungen. Alle zwei Wochen sprechen wir im Team kurz über das Kanban System – in einem der Meetings, das es vorher auch schon gab. Ich nenne es gelegentlich auch Flow Review, aber die Einladung im Kalender heißt noch so wie früher. Das Kanban System ist stabil und die Metriken liefern gute Anregungen für weitere Verbesserungen. 
Und ein paar Monate später frage ich wieder nach den Quellen der Unzufriedenheit. 

Die Antwort: Die größte Unzufriedenheit liegt nun außerhalb des Boards und wird nach und nach bearbeitet. Übrigens gibt es immer noch einen Scrum Master und einen Product Owner. 

Und wie kann es jetzt bei mir besser werden?

Du hast ein Scrum oder Scrumban Team und manche der geschilderten Probleme kommen dir bekannt vor? 

Schau dir mit STATIK dein vorhandenes System an. Die Erkenntnisse können dein Scrum verbessern oder auch in Frage stellen. Wenn es für dich das Wichtigste ist, dass dein Team im Fluss ist und liefert, sollte das hoffentlich nachrangig sein.



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