Verschwendung entdecken – wie wir mit 50% weniger Lagerbestand eine bessere Lieferperformance erzielten

Verschwendung entdecken – wie wir mit 50% weniger Lagerbestand eine bessere Lieferperformance erzielten

Ein Fundament von Lean ist, alles das zu beseitigen, was nicht direkt zur Wertschöpfung beiträgt (japanisch „Muda“). Eine der Verschwendungsarten ist die Überproduktion. Viele Firmen dulden hohe Bestände aus falsch verstandenem Kosten- und Sicherheitsdenken.  Auszug 4 aus meinem Buch "Produktionssystem, Fertigungssteuerung, Toyota und Kata - durch Konsequenz zur Exzellenz". Viel Spaß beim Lesen! Andre Kürzel

05. November 2023 um 16:00 Uhr von LeanThinking - Andre Kürzel


Erfolg ist die Kunst, dem Sinnvollen das Rentable vorzuziehen.
Helmar Nah

Der deutsche Begriff „Verschwendung“ hat sich an dieser Stelle durchgesetzt, obwohl er wie „waste“ im Amerikanischen etwas unglücklich nach „sorglosem Umgang mit Ressourcen“ klingt.  Es gibt weit mehr Arten der Verschwendung als die meist beschriebenen sieben: zum Beispiel ein nicht fertigungsgerechtes Produktdesign, eine sorglose Informationsübermittlung durch zu viele E-Mails an die falschen Leute oder eine unzureichende Nutzung von Fähigkeiten.

Vermeidbare Verschwendung muss unverzüglich beseitigt werden.
Wenn Sie den Gesamtprozess im Detail betrachten, den ein Produkt im Unternehmen durchläuft, werden Sie über viel Verschwendung stolpern. Die Kunst ist es, diese Verbesserungspotenziale unermüdlich anzugehen. Es kostet manchmal erstaunlich viel Kraft einfachere Wege zu gehen.
Wir lasten Maschinen ohne Not mit großen Losen aus und kaufen große Mengen ein, weil uns beigebracht wurde, dies sei wirtschaftlich. Wir finanzieren hohe Vorräte und damit eine unnötige Kapitalbindung und sind dennoch nicht durchgängig lieferfähig.

Genau an dieser Stelle sind wir oftmals betriebsblind - wir tun uns schwer, Gewohnheiten zu verändern oder haben Angst vor radikalen Schritten.

Praxisbeispiel
Bei der Firma WMF war ich seinerzeit für die Produktion von Chafing Dishes verantwortlich. Dies sind große Serviergeräte, bestehend aus einem Gestell, einem Wasserbad, einem Deckel und unterschiedlichen Griffen. 
Trotz einer vertretbaren Varianz und einem Fertigteil-Lagerbestand von mehr als 700 (!) Paletten konnten wir oftmals Liefertermine nicht erreichen. 
Der Teufelskreis bestand darin, dass der Vertrieb aus fehlendem Vertrauen zur Liefertermintreue bereits einige Monate vor der geplanten Auslieferung im Lagersystem Reservierungen tätigte. 
Die Folge war, dass ein Modell zwar auf Lager sein konnte, aber eine Auslieferung durch die Reservierung verhindert wurde. 
 
Was hätten Sie getan?
Unsere Maßnahme auf Produktionsseite bestand darin, Griffe nur noch zu schrauben und das mit einem einheitlichen Lochabstand. Vorher gab es hier eine gewachsene Struktur unterschiedlicher Griffe und Befestigungsarten.
Noch wichtiger war es, das komplette Fertigteilelager aufzulösen und dafür ein Komponentenlager einzurichten. Durch die Auflösung und Demontage des Fertigwarenlagers war die Versorgungssicherheit an Komponenten von Anfang an gegeben. Unter dem Strich reduzierten wir den Gesamtbestand an Paletten um fast 50%. 
Die Montage und die elektrische Prüfung der Geräte erfolgten ab diesem Schritt nur noch direkt im Komponentenlager. Die Einzelteile wurden per Kanban-Auftrag wieder in kleineren Losen nachproduziert.
Wir als Produktion sicherten dem Vertrieb zu, eine bestimmte Stückzahl pro Tag innerhalb von 24 Stunden (!) ausliefern zu können. Reservierungen waren im Gegenzug systemtechnisch nicht mehr möglich. Vorher hatten wir Lieferzeiten von 6-8 Wochen.
 
Zugegeben, am Anfang habe ich schlecht geschlafen – die Sorge war jedoch unbegründet, denn ab diesem Tage kamen wir nie wieder unter 90% Liefertreue und dies trotz einer Halbierung der Lagerfläche bzw. der Bestandskosten.



Kommentare

LeanThinking - Andre Kürzel
LeanThinking - Andre Kürzel, am 05. November 2023 um 17:05 Uhr
Danke für das passende Bild!
LeanBase
LeanBase, am 05. November 2023 um 17:13 Uhr
Sehr gerne!

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