Die drei Gesichter der Macht
In diesem Artikel möchte ich mich mit dem Thema Machtausübung bzw. mit der Anwendung von Steuerungsmechanismen in Unternehmen beschäftigen.
Zunächst denken die meisten Menschen beim Thema Macht an Politiker, Polizisten, Lehrer oder Vorgesetzte. In der Vorstellung von vielen Leuten ist Macht etwas das von einer Person besessen wird.
Macht kann sich aber im Gegenteil in vielschichtiger Form zeigen. Um dies besser darstellen zu können, schauen wir uns das Konzept der drei Gesichter der Macht von Steven Lukes etwas genauer an. Er unterscheidet drei Formen, wie sich Macht äußern kann.
- Macht als Entscheidung
- Macht als Nicht-Entscheidung
- Macht als Struktur- oder Bewusstseinskontrolle
Die erste Form „Macht als Entscheidung“ entspricht weitestgehend unserer oben beschriebenen Alltagsvorstellung von Macht.
Oder frei nach Max Weber „Jemand kann seinen Willen auch gegen den Widerstand von jemand anderes durchsetzen“. Es obliegt jemanden, eine Entscheidung zu treffen oder über die Verteilung von Ressourcen zu bestimmen. In Unternehmen erkennen wir dies deutlich, wenn jemand zum Beispiel bestimmte Weisungsbefugnisse hat.
Bei der zweiten Form „Macht als Nicht-Entscheidung“ geht es um die Vermeidung bestimmter Alternativen.
Wenn man zum Beispiel indisches Essen nicht mag und man am Abend mit dem Partner essen gehen möchte, formuliert man die Frage bereits dahingehend so „Willst du lieber in ein italienisches oder in ein chinesisches Restaurant gehen?“. Man präsentiert den Auswahlprozess bereits in einer Form, welche die (un)gewünschten Varianten ein- und ausschließt. Dies kennen wir zum Beispiel auch aus Meetings in Unternehmen, wenn über das Agenda Setting bestimmte Themen gar nicht erst auf die Tagesordnung kommen. John McKnight schreibt „Es gibt keine größere Macht, als bestimmen zu können, welche Fragen gestellt werden dürfen.“
Die dritte Form „Macht als Struktur- und Bewusstseinskontrolle“ ist die verstärkte Form des zweiten Gesichtes.
Dies sind Dinge, die wir antrainiert bekommen haben. Es beginnt bereits in der Grund- oder Volksschule, dass wir neben dem Stoff auch lernen, welches Verhalten zulässig ist. Selbst als Erwachsene behalten wir diese Regelungen im Kopf, wenn wir zu einer Weiterbildung gehen. So verhalten wir uns während des Vortrags ruhig und heben die Hand, wenn wir eine Frage stellen möchten. In Unternehmen finden wir diese Form der Selbststeuerung zum Beispiel bei Zielvereinbarungen. Die Mitarbeiter sind trainiert, sich selbst dahingehend zu steuern, die gesetzten Ziele innerhalb der vorgebenden Rahmen (z.B. Budget) zu erreichen. Hier gibt es zumeist keine direkten Anweisungen mehr, sondern es werden am Ende nur mehr die Ergebnisse überprüft.
Wie man sich in einem bestimmten Unternehmen verhalten sollte, erlernen wir im Sozialisationsprozess zu Beginn unseres Eintritts. Dies kann zum Beispiel beinhalten, wer sind die inoffiziellen Chefs, wie ist das Timing von Kaffeepausen oder schlicht was gilt als „normal“ in der Firma.
Beim Thema Macht ist wichtig zu verstehen, dass sie niemals absolut ist, sondern immer asymmetrisch.
Zum Beispiel kann der Vorgesetzte auf das Expertenwissen des Mitarbeiters angewiesen sein. Wo Macht entsteht, entsteht auch immer eine Gegenmacht, denn das soziale Wesen Mensch versucht sich selbst, immer Freiräume zu schaffen, was dann zu Wechselwirkungen mit dem System führt. Das Verhalten der Mitarbeiter/innen und die Regelungen im Unternehmen bedingen sich dabei gegenseitig.
Macht ist in unserem Alltag immer allgegenwärtig, sei es in der Firma oder in der Freizeit.
Sie ist dabei auf der einen Seite aber niemals absolut und auf der anderen Seite kann man sich ihr auch niemals restlos entziehen. Wichtig erscheint mir hervorzuheben, dass sie nicht nur auf Personen konzentriert ist, sondern dass sie zum Beispiel auch in Zielvereinbarungssysteme eingeschrieben ist, um Mitarbeiter/innen in den gewünschte Bahnen selbststeuernd zu führen.
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