Delegation: „30 Prozent der Führungskräfte versuchen sich darin“
Aufgaben zu delegieren, ist eine Kunst, die Führungskräfte beherrschen müssen. Sonst gelingt es ihnen nicht, das Team zu motivieren und ihre Ziele zu erreichen. Im schlimmsten Fall landen die Aufgaben wieder auf dem Schreibtisch der Führungskraft. Was Rückdelegation ist und wie Führungskräfte sie vermeiden können, erklären Birgit Arnold und Ulrich Hinsen.
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Die Expert:innen sind sich einig. Für das Problem der Rückdelegation ist die Führungskraft verantwortlich. „In rund 80 Prozent aller Fälle verursachen Führungskräfte dieses Phänomen“, sagt Ulrich Hinsen. Und seine Fachkollegin Birgit Arnold bestätigt: „Verantwortlich ist beim Delegieren immer derjenige, der den Auftrag zur Delegation erteilt hat.“ Sie betont, dass eine Aufgabe nur an motivierte Expert:innen vergeben werden sollte. Nur sie bringen die notwendigen Ressourcen, um die Aufgabe angemessen zu erfüllen, ist Arnold überzeugt. „Sonst ist die Gefahr akut, dass eine Aufgabe, die an einen Mitarbeiter delegiert wurde, wieder auf dem Tisch der Führungskraft landet.“ Rückdelegation ist in Unternehmen ein gewaltiges Problem. Aber der Reihe nach.
Die Erwartungen an Führungskräfte sind sowohl groß als auch widersprüchlich. Wird die Leistungsfähigkeit von Unternehmen betrachtet, stehen sie im Mittelpunkt. Dabei sollen sie entschieden führen können, unternehmerisch denken und ihren Beitrag zum Umsatz des Unternehmens leisten. Gleichzeitig sollen sie im Team moderieren und den Teammitgliedern als Coach zu Seite stehen. Die einen sehen darin keinen Widerspruch. Sie sind sogar überzeugt, dass dieser kooperative Führungsstil Voraussetzung für unternehmerischen Erfolg ist. Dann gibt es andere, die offensiv die Frage stellen, ob Führungskräfte überhaupt benötigt werden.
Delegation als Bindeglied zwischen Führungskraft und Team
In diesem Zusammenhang ist eine Studie der Unternehmensberatung AlixPartners interessant. „Mitten im Transformationsdilemma“ titelt sie und zeichnet in der Studie ein bedauernswertes Bild von Führungskräften. 71 Prozent der Befragten seien besorgt, ob die eigenen Mitarbeiter:innen über die notwendigen Fähigkeiten verfügen, das Geschäft in der Zukunft zu führen. Ein „Dilemma“ sei dies, formulieren die Studienautoren und betreiben im gewissen Maße Fingerpointing: Die Mitarbeiter als Schwachstelle, die nicht wissen, wie sie Anforderungen der Transformation umsetzen sollen. Drängt sich an dieser Stelle die Frage auf, ob die Mitarbeiter:innen die Schwachstelle sind, oder die Führungskräfte. Hieran entzweit sich die Fachwelt, sowohl die Akademische als auch die Praktische.
Gewiss ist, Bindeglied zwischen Führungskräfte und Mitarbeiter:innen ist die Delegation von Aufgaben. „Das Thema Delegation ist für die Führungsarbeit entscheidend“, betont Hinsen, „Rund 40 Prozent der Führungskräfte, mit denen ich zusammenarbeiten durfte, sind auf diesem Feld sehr konsequent. 30 Prozent der Führungskräfte versuchen sich darin. Für die verbleibenden 30 Prozent ist allein die Aufgabenverteilung relevant“, berichtet er aus seinen Erfahrungen. Aufgaben werden von oben nach unten delegiert. Von der einen in die andere Richtung, so das Bild in den meisten Köpfen. An dieser Einbahnstraße ist Zweifel angebracht.
Kommunikation kostet Zeit, ist aber essenziell
„Wir alle haben Kernkompetenzen, in denen wir richtig gut sind“, erklärt Arnold. „Weichen wir von diesen Kompetenzen ab, dauert die Ausführung von Aufgaben länger. Arbeiten, die jenseits unserer Hauptfähigkeit liegen, lassen sich gut delegieren.“ So definiert sie auf Basis ihrer eigenen Erfahrung die zentrale Anforderung an Delegation: Aufgaben, die von den eigenen Kernkompetenzen abweichen, werden an Expert:innen weitergeben, die sie schneller und effizienter erledigen können. Wie funktioniert das aber konkret?
„Größtenteils wird aus dem Stegreif delegiert“, sagt die Beraterin. „Ich weiß genau, was ich will, aber der beauftragte Experte weiß nichts von meinem Wunsch. Je genauer ich diesen formuliere, desto besser.“ Dabei empfiehlt Arnold, immer wiederkehrende Aufgaben zu dokumentieren. Wird ein:e Expert:in mit einer Aufgabe betreut, soll er Zugang zu allen notwendigen Informationen erhalten können. Auch zu beachten ist die eigentliche Expertise des Beauftragten. Diese zu überprüfen, zählt zu den Aufgaben der Führungskraft. „Delegieren gelingt, indem ich eine Aufgabe gründlich beschreibe und sie dem geeigneten Experten übergebe“, so Arnold weiter. Natürlich kostet ausführliche Kommunikation
auch Zeit. Dies soll aber bei der Annahme der Aufgabe eine geringere Rolle spielen, wenn sie im Kerngebiet des Experten liegt.
Was tun, um Rückdelegation zu vermeiden
Wenn aber der Beauftragte eine Fehlbesetzung ist, kann die sogenannte Rückdelegation passieren. Wenn hier falsch gehandelt wird, werden Aufgaben liegengelassen oder zurückgegeben. Was tun, um das zu vermeiden? Ulrich Hinsen empfiehlt: „Delegation erfolgt in Stufen. Und das abhängig vom Entwicklungsgrad des Mitarbeiters und der Tragweite der Entscheidung.“ Zudem verlangt sie von der Führungskraft Mut. „Und das besonders in Organisationen, die der Führungskraft Gesamtverantwortung zuschreiben“, ergänzt der Experte mit Nachdruck. „Wie sagte mein Kollege Reinhard Sprenger so treffend: ‚Gesamtverantwortung ist organisierte Verantwortungslosigkeit.‘“
Auch Birgit Arnold empfiehlt Führungskräften ein Vorgehen in Stufen. Die drei Steps lauten für sie Eliminieren, Delegieren und Outsourcen. „Bevor Sie delegieren, prüfen Sie, ob die Aufgabe überhaupt Sinn macht.“ Wichtig sei, die Arbeitsflächen von überflüssigen Dingen zu befreien, um Platz für die Aufgabe zu schaffen. Beim Delegieren ist wieder Kommunikation zentral. Letztendlich bedeutet Outsourcen, was nicht intern erledigt werden kann, wird an Externen verlagert. Für sie ist es unerlässlich, dass Führungskräfte die Stärken und Schwächen ihrer Mitarbeiter:innen kennen. „Dann sind Führungskräfte in der Lage, eine effektive Kommunikation zu überlegen, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen.“
*) Mit der Erstellung dieses Textes wurde von uns das futureorg institut beauftragt.
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