
Fachkräftemangel ist hausgemacht
Mit Lean Management die deutsche Wirtschaft retten
Die Angst geht um. Deutsche Unternehmen fürchten sich vor dem Fachkräftemangel
Zu wenig Ingenieure, zu wenig Ärzte, zu wenig Meister. Immer mehr Arbeitsbelastung für immer weniger Personal, heißt es, das kann gar nicht gut gehen. Neu ist die Sorge um qualifizierte Experten und deren Nachwuchs nicht. Seit etwa zehn Jahren steht der Fachkräftemangel drohend vor den deutschen Unternehmenstoren. Doch: Die Sorge ist fast immer unbegründet.
In den allermeisten Fällen ist der Fachkräftemangel hausgemacht – und es gibt zahlreiche Schraubstellen, an denen mit ein paar Werkzeugen aus dem Lean-Management-Koffer viel gedreht werden könnte. Kaum ausgesprochen, höre ich den Einwand: „Wir sind doch kein Automobilkonzern, Herr Dr. Wiegand!“
Natürlich nicht. Sagt auch niemand. Aber Lean Management hilft auch im Maschinen- oder Schiffsbau, in Versicherungen und Banken, in Serviceunternehmen und bei Dienstleistern, ja, sogar in Krankenhäusern oder Kommunen.
Der Widerstand ist nachvollziehbar. Veränderungen machen Mühe und kosten Zeit. Jedenfalls anfangs.
Wenn man es richtig anpackt, spart es Zeit und Mühe – und zwar sehr viel mehr als man investiert hat. Der ROI von Lean-Projekten ist sehr hoch!
In einem Unternehmen im Bereich Forschung und Entwicklung leisten heute 900 Mitarbeiter, was früher 1300 geleistet haben. – Im Bereich Investitionsgüter, können diese sechs Monate früher ausgeliefert werden. – Ein Dienstleitungszentrum, das 17 Millionen Euro einspart. – Ein Pharmaunternehmen, das 20 Prozent mehr Umsatz macht, ohne neue Mitarbeiter einzustellen. – Eine öffentliche Verwaltung, die die Bearbeitungszeit von drei Wochen auf zwei Tage reduziert.
Für solche Ergebnisse braucht man nicht mehr Fachkräfte, sondern mehr Lean-Verstand.
Statt mit Hilfe von immer mehr Fachkräften ineffiziente Prozesse zu bewirtschaften, ist es schlauer, die Verschwendung abzuschaffen. Wer der bestehenden Belegschaft produktive Arbeit ermöglicht, braucht keine zusätzlichen Mitarbeiter. Wer Arbeitsabläufe und Prozesse optimal gestaltet, braucht keine Headhunter. Und wer sagt, bei ihm sei schon alles perfekt und schneller ginge es eben nicht – der hat Lean Management nicht verstanden!
Oft werden Experten falsch eingesetzt, schlecht abgestimmt und aus Schnitt- werden Haltestellen.
Ob Ingenieur oder Ärztin, Polizistin oder Laborant – fast alle Fachkräfte verbringen fast 50% ihrer Arbeitszeit mit fachfremden Tätigkeiten (so eine Studie des Lean Managements Instituts). Sie schreiben interne Bericht und stellen oder beantworten Rückfragen. Sie aktualisieren To-Do-Listen, planen ihre Reisen und bereiten die Buchhaltung vor. Sie beantworten E-Mails, nehmen Telefonate an, sitzen oft stundenlang in Meetings und selektieren Informationen. Am Ende sind sie so beschäftigt, dass ihnen gar keine Zeit bleibt, ihre Arbeit zu erledigen – Frustration und Überlastung vorprogrammiert. Mitarbeiter fallen aus wegen Krankheit, Burnout oder wechseln schlicht das Unternehmen. So droht er am Ende tatsächlich, der eklatante Fachkräftemangel.
Am Anfang eines Lean-Prozesses steht die Entlastung der Mitarbeiter:
Assistenten, die den Fachkräften artfremde Tätigkeiten abnehmen oder Nachrichten annehmen, um Ingenieure nicht bei der Denkarbeit zu stören und geistige Rüstzeiten zu vermeiden. Ein E-Mail-Knigge, der dafür sorgt, dass keine unnötigen Nachrichten mehr verschickt werden. Eine Meeting-Kultur, in der es für jedes Meeting eine Agenda gibt, Aufgaben konkret formuliert und Verantwortungen klar definiert werden. Eine Rückbesinnung auf altmodische Werte wie Pünktlichkeit und Ordnung. Informations-Fluss statt Informations-Tsunami. Pull statt Push.
Der nächste Schritt befasst sich mit der konsequenten Aufdeckung und Visualisierung von Verschwendung in jeglichen Bereichen.
Administrative Prozesse können genau wie Produktionsprozesse analysiert, optimiert und gestrafft werden. Die Prinzipien sind nicht neu und müssen doch immer wieder neu entdeckt und neu implementiert werden:
Think lean! Act lean!
Dabei spielen die Mitarbeiter eine zentrale Rolle, denn diese wissen am besten, wie man Verschwendung vermeiden kann und sind – wenn noch nicht völlig frustriert – selbst motiviert und leistungsfähig genug, sie durch Effizienz zu ersetzen.
Das alles sind Instrumente, die – konsequent angewendet – der Verschwendung in den Unternehmen ein Ende setzen können – mit großer Wirkung und enormer Steigerung der Produktivkraft der Experten. Man hat die Wahl: Fachkraft – hochbegehrt, teuer und ausgepowert. Oder Fachkraft – motiviert, leistungsfähig und wertvoll.
Jeder Automobilzulieferer, jeder Dienstleister, jedes Krankenhaus kann sich von der Last des hausgemachten Fachkräftemangels selbst befreien und mit Lean Management Methoden die deutsche Wirtschaft retten. Wer ein Unternehmen ohne Verschwendung schafft, hat Fachkräfte im Überfluss.
Ähnliche Inhalte
Hier findest Du weitere Inhalte zu dem von Dir gewählten Thema. Bei diesen Vorschlägen handelt es sich um eine Auswahl an Inhalten, welche wir insgesamt für Dich auf der LeanBase zur Verfügung stellen.

42. Episode
Es gibt einen Platz, den du füllen musst, den niemand sonst füllen kann! Und es gibt etwas für dich zu tun, das niemand sonst tun kann. (Platon)
Layered Process Audits (LPA)

Ist der Kapitän blind?
Es geht ein Gespenst um im Management. Sein ungenannter Name ist Irrglaube und zwar in der verschärften Form.

Lean Leadership - Visualisierung und Transparenz
Visualisierung und Transparenz beugen Missverständnissen in der Kommunikation vor und sorgen für mehr Nachhaltigkeit im Lean Leadership. In diesem LernModul erfährst Du mehr über Visualisierung und...

Aufruf von Nadja Böhlmann zum #LeanSolidaritätsFonds
Liebe LeanCommunity, ich hoffe es geht Euch gut. Es gibt unter uns Kollegen*innen, denen es momentan vielleicht nicht so gut geht […] Deshalb möchte ich den #LeanSolidaritätsFonds unterstützen und...
Muda

Gymnastik für das Unternehmen
Beweglicher Geist, beweglicher Körper – nach diesem Prinzip lassen sich Unternehmungen aus der Effizienz-Starre befreien.

Quadratische Melonen – natürlich keine Idee aus Deutschland!
Runde Sachen haben die Eigenschaft, dass sie sich eher schwer verpacken lassen und unverpackt rollen runde Melonen nun mal gerne – beispielsweise in ihrem Kofferraum – herum und werden,...
Kommentare
Bisher hat niemand einen Kommentar hinterlassen.
Kommentar schreiben
Melde Dich an, um einen Kommentar zu hinterlassen.
Teilen