Fünf nach Zwölf ... Folge 130
... oder "Alea iacta est."
Die Uhrzeit mit der Bezeichnung „Zwölf Uhr“ hat etwas Mystisches ...
Zwölf Uhr mittags wird der Tag geteilt, es ist die schon fast heilige Zeit des Mezzogiorno, des Innehaltens und nachts ist es die Mitte der Nacht, das Erlebnis des Beginns eines neuen Tages … jedenfalls früher, als es noch keine künstliche Beleuchtung und kein Abendfernsehen gab, das einen vom Schlafe abhält.
Wenn man an den Punkt denkt, den man gemeinhin „Fünf vor Zwölf“ nennt, dann verstärkt sich das Gefühl, um Zwölf müsse oder sollte etwas Besonderes geschehen und was das ist, das sieht man dann „Fünf nach Zwölf“.
Eigentlich ist es immer „Fünf vor Zwölf“… der Punkt, an dem etwas geschieht, die Weichen für die Zukunft gestellt werden.
Soweit die Gedanken des Interviewers, den solche philosophischen Ausflüge schon ganz dusselig im Kopf machen. Dr. Nemo, der ja immerhin einer, wenn nicht sogar der mächtigste Mann der Welt ist, wird dazu von ihm interviewt.
Interviewer: „Herr Dr. Nemo, die Welt ist im Umbruch, viele Themen drängen auf eine Lösung und man spricht davon, es sei „Fünf vor Zwölf“. Wie spät ist auf Ihrer Uhr?“
Nemo: „Bei mir ist es immer Fünf nach Zwölf!“
Interviewer: „Wie meinen Sie das?“
Nemo: „Nun, ganz einfach … um Zwölf geschieht nichts Bedeutendes. Das ist nur ein ideeller Markierungspunkt, ein Marker allgemeinen Denkens, das glaubt, die Dinge geschehen auf einen Schlag … ganz nett. Die Würfel aber sind längst gefallen und wir, WMIA Incorporated, leben bereits in der Zeit nach Zwölf, wenn man sich dieses Punktes in der Zeitlinie denn bedienen will.“
Interviewer: „Oh, Sie denken systemisch, komplex?“
Nemo: „Ja, passiert mir auch manchmal. Ist ganz nützlich.“ Dann blättert er in einem Buch. An einer Stelle ist ein Lesezeichen, etwas vergilbt schon, ein wenig eselsohrig.
Nemo: „Dies ist ein Buch mit Fabeln. Mein Vater hat es mir geschenkt.“
Interviewer: „Fabeln erklären die Welt der Wirtschaft? Und das aus Ihrem Munde?“
Nemo: „Jetzt lassen Sie mal Ihre Vorurteile.“
Interviewer: „Mmmh …!“
Nemo: „Die Fabel handelt vom Hasen und vom Igel. Sie wetteten, wer als erster das Ziel erreicht. Eine eigentlich ungleiche Wette, Hase und Igel. Trotzdem gewann der Igel. Nein, nicht wirklich sauber. Er stellte seinen Bruder ins Ziel, der dann, wenn der Hase heranhechelte, rief: „Ich bin schon da!“
Interviewer: „Und was hat das mit Fünf nach Zwölf zu tun?“
Nemo: „Es ist alles bereits entschieden, das Rennen ist gelaufen, bevor es begann. Nur Hasen glauben, dass die Dinge zeitabhängig sind.“
Interviewer: „Alea iacta est … das ist ja gruselig. Sie haben bereits alles vorentschieden und die Sache mit Zwölf Uhr ist nur Sand in die Augen streuen?“
In dem Moment erhebt sich Fortunata, die die Unterhaltung in einem der braunen Ledersessel verfolgt hatte und dabei drückt sie ihre halb angerauchte Zigarette aus: „Nemo, Fünf nach Zwölf ist ein Wort für die Zukunft. Du bist also der Herrscher über die Zukunft? Du kennst sie, weil Du sie bereits gestaltet hast?“
Nemo: „Na, das sagt doch die Beraterzunft …“
Fortunata: „Die Zukunft ist wie das Entstehen von Kunst. Sie folgt keiner Formel und wenn Du meist, Du hättest alles im Griff, dann, na dann … dann irrst Du. Picasso hat einmal gesagt: „You know the formula of art? Yes? Then you are dead.“
Nemo muss zum nächsten Termin, der Interviewer ist mit Elvira zum Mittagessen verabredet, übrigens Punkt Zwölf.
Wie es mit Dr. Nemo weitergeht, erfahren wir nächsten Dienstag.
Doch halt: Es mag erstaunen, wie informiert Dr. Nemo über komplexe Zusammenhänge ist. Doch ist das wohl nicht die Frage. Die Frage ist, wofür dies Wissen eingesetzt wird …
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