Arbeitskräftemangel und Wissens-/Erfahrungstransfer

Arbeitskräftemangel und Wissens-/Erfahrungstransfer

Wenn erfahrene Mitarbeiter in den Ruhestand gehen, verlieren Unternehmen nicht nur deren Arbeitskraft, sondern auch deren umfassendes Wissen und wertvolle Erfahrung. Dieses Wissen und diese Fähigkeiten haben sich oft über Jahre hinweg zu einer unbewussten Kompetenz entwickelt und sind den Mitarbeitern sprichwörtlich in Fleisch und Blut übergegangen. Bevor wir auf mögliche Lösungen für dieses Problem eingehen, ist es wichtig, die Konsequenzen eines solchen Wissens- und Erfahrungsverlusts zu verstehen.

20. Juli 2024 um 09:00 Uhr von Götz Müller
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Selbst wenn ein Ersatz für die Arbeitskraft gefunden wird, führt dies oft zu einem Rückgang der Produktivität, da die neuen Mitarbeiter die verborgenen Tricks und Kniffe nicht sofort beherrschen. Diese Aspekte einer Tätigkeit sind in Arbeitsplatz- und Tätigkeitsbeschreibungen oft nicht dokumentiert, da sie sich über eine längere Zeit hinweg und in kleinen Schritten entwickelt haben, ohne dass sich die betreffenden Personen dessen bewusst waren.

Darüber hinaus können Qualitätsprobleme auftreten, da die Tricks und Kniffe nicht nur die Produktivität steigern, sondern auch helfen, Defizite in Abläufen und Handhabungen zu kompensieren. Dadurch werden bisher unbewusst korrigierte Qualitätsprobleme nicht mehr erkannt und können sich entlang des Wertstroms ausbreiten.

Diese Effekte führen zu einem weiteren Rückgang der Gesamtproduktivität, da die durchgerutschten Qualitätsmängel an anderer Stelle mit höherem Aufwand kompensiert werden müssen. Im Extremfall erreichen mangelhafte Produkte den Kunden, was zu Unzufriedenheit und Reklamationen führt, die wiederum negative Konsequenzen in vielfältiger Form nach sich ziehen.

Die Auswirkungen bewegen sich also von einem einzelnen Arbeitsplatz und spezifischen Tätigkeiten auf eine unternehmensweite Ebene und sind an dieser Stelle auch nicht mehr so einfach zu korrigieren, da der bisherige Wissens- und Erfahrungsträger nicht mehr zur Verfügung steht.

Es ist daher notwendig, dieses Problem frühzeitig zu erkennen und zu lösen, damit die genannten Konsequenzen gar nicht erst eintreten.

Ein naheliegender Ansatz ist die parallele Beschäftigung eines Nachfolgers, um die Übergabe der Tätigkeiten zu ermöglichen. Allerdings bleibt die Problematik der unbewussten Kompetenz bestehen.

Um auch dieses Dilemma zu lösen, können Elemente der Job Instructions aus dem Training Within Industry eine wertvolle Unterstützung bieten.

Dazu gehört nicht nur, dass die übergebende Person die Fähigkeit zur Unterweisung erhält. Mindestens genauso wichtig ist es, die Tätigkeiten mittels der Tätigkeits-Qualifikations-Matrix zu erfassen und diese in wichtige Schritte, Schlüsselaspekte und die Gründe dafür zu zerlegen.

Mit der Tätigkeits-Qualifikations-Matrix werden nicht nur die notwendigen Tätigkeiten erfasst. Sie können damit auch priorisiert und der Fortschritt in der Übergabe dokumentiert werden.

Der Einsatz der Job Instructions dient somit nicht nur der Sicherung von Wissen und Erfahrung, sondern sorgt auch für eine bessere Standardisierung der Tätigkeiten, was über den Transfer hinaus positive Effekte auf Geschäftsprozesse und deren Verbesserung hat.

Abschließend finden Sie eine Auswahl möglicher Arbeitsbereiche und Tätigkeiten, die von einem Wissens- und Erfahrungsverlust betroffen sein können:

  • Handwerk, Baugewerbe: Kenntnisse über Kalkulationen, Ausschreibungen, Baustellenmanagement, Verfolgung des Baufortschritts, Vermeidung versteckter Mängel, …
  • Karosserie- und Lackwerkstätten: Schadenskalkulation, Schadenssteuerung, Werkstattplanung, Arbeitsvorbereitung, Reparaturtechniken, …
  • Produktion, Produktionsplanung, Arbeitsvorbereitung: Maschinenbedienung, Rüstvorgänge, Produktionsprozesse, Erstellung von Produktionsplänen, Ressourcenverwaltung, Problemlösung, …
  • Produktmanagement, technisches Key-Account-Management, Kundenservice: Marktforschung, Kundenbedürfnisse, Produktstrategie, Markteinführung, technische Beratung, technische Spezifikationen, Vertragsverhandlungen, Kundenbindung, Kundenbeziehungen, Verhandlungsgeschick, Problemlösung, …
  • Beschaffung, Einkauf: Lieferantenmanagement, Lieferantenentwicklung, Beschaffungsstrategien, Beschaffungsprozesse, Preisverhandlungen, …
  • Informationstechnologie: Systemadministration, Sicherheitsprotokolle, Programmierung, Wartung, …
  • Forschung und Entwicklung: Innovationsprozesse, Technologie, Kundenbedürfnisse, …

Mehr über Training Within Industry und die Job Instructions finden Sie auf dieser Übersichtsseite.



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